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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0461
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Kirchenordnung von 1585.

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etwas gezeumet, und die menschen zu gottes er-
kentniss, furcht und ehren, und zu einem erbar-
lichen leben und wandel unterrichtet und gezogen
werden mügen.
Und zeiget das werk an ihm selbst, dass,
welche in schulen ein zeitlang wol erzogen worden,
und darnach hausveter und bürger werden, ja
wenn sie gleich andern leuten dienen, viel sitt-
samer, eingezogener und bescheidener sein, denn
andere, welchen es hieran gemangelt hat.
Und die not dringet zugleich, dass schulen
angerichtet und erhalten, und die jugend von
den eltern und vormünden, sampt den freunden,
fleissig darin zu lernen, bestellet werden müsse.
Denn woher wirt man sonsten düchtige, gelehrte
leute haben können im predigampt, in schulen,
in weltlichen regimenten und andern ehrlichen
emptern? Vom pfluge und seuen wirt man sie
hiezu nicht nemen können, und wirt auch gott
nicht jemande, ohn vorgehende institution, den
vorstand, gaben und geschickligkeit, solche empter
wol und nützlich zufüren und vorwalten, plötz-
lich geben, wie er am heiligen pfingsttage mit
den aposteln gehandelt, sondern gottes wille ist,
dass man nach den besten gaben streben sol,
1. Corinth 12, und wil er also hernach das ge-
deien dazu geben. Solches streben aber nach den
besten gaben, so zu christlicher empter vorwal-
tung in kirchen, schulen, regimenten und der haus-
haltung nöthig sein, geschicht bei der jugend in
den schnlen, die daher auch officinae spiritus sancti
genennet werden, weil durch getreuer gelerter
praeceptorn anleitung und unterricht, und der
lernenden jugend gehorsam, embsiges gebet und
fleiss, als durch das rechte ordentliche mittel, der
heilige geist kreftig sein und herzen zu christlichen
emptern dieses lebendes, bereiten und düchtig
machen wil, welche gott darnach zu seiner zeit
wol finden, und wozu er einen jedern vorordenet,
berufen und segenen wirt.
Dass derhalben hierin bei unsern unterthanen
nichts vorseumet werde, so ordenen und befehlen
wir ernstlich und treulich:
Erstlich, dass in unsern stetlein sollen für
die knaben nach jedes orts gelegenheit gute latei-
nische schulen vorordenet und gehalten werden,
auch so viele praeceptores angenomen und be-
soldet, dass der jugend genuchsame und nottürftige
institution widerfahren könne.
Sollen demnach mit rat und wissen des
superintendenten zur Lowenburg, sampt jedes orts
pastoren, der rat sich jederzeit nach feinen ge-
larten, züchtigen, gottfürchtigen, fleissigen schul-
gesellen bewerben, und nach bester müglichkeit
unterhalten, und ehe sie angenommen werden, sol
man sie in der lehre vorhören und examiniren,
dass man wisse, was man sich in glaubenssachen

zu ihnen zu vortrösten habe, dass nicht mit
falschen opinionen und irrthumen sie beschmitzet
sein mügen, die jugend und andere damit zu vor-
füren. Darnach sol man sie für der jugend eine
probelection thun lassen, daraus man zu spürend
habe, ob auch sie der jugend nützlich sein mügen,
richtig und deutlich die zu unterweisen.
Wenn denn nu solches geschehen, und alles
richtig worden, sollen sie sich mit herzen und
hand dieser unser kirchenordnunge allerseits sich
gleichmessig zu halten, unterschreiben und auch
vorpflichten, ihrem pastori gehorsam, und in den
schulen bei der jugend fleissig, und in ihrem
ganzen leben und wandel christlich und unvor-
weislich zu sein.
Zum andern sollen sie sich, als eins von
den allerfürnembsten stücken ihres amptes mit
fleisse lassen angelegen sein, dass sie die knaben
getreulich im catechismo Lutheri deudisch und
latinisch, nach der kinder vormüge und gelegen-
heit, unterrichten, und erstlich die blossen wort
desselbigen, darnach die auslegung allgemach fein
richtig und treulichen, sampt dem morgen und
abendgebete, benedicite und gratias auswendig
lassen lernen, und in der schulen dahin halten,
dass in fragen und antworten sie diese stücke oft
aufzusagen gewehnet werden, aus welcher recita-
tion die andere auch können durch das anhören
dahin ohn arbeit und mühe gebracht werden,
dasselbige auch zu lernen.
Darnach sollen ihnen auch etliche feine lehr
und trostsprüche aus dem alten und neuen testa-
mente aufs bret geschrieben werden, dieselbige
auch und darnach feine psalmen aus dem psalter
Davids auswendig zu lernen, und daheimen für
der eltern gesinde auch für den dischen zu beten.
Zum dritten wollen wir, dass sie fleissig in
dem Donato und grammatica unterrichtet werden,
und ihnen dabei solche lateinische bücher und
lectiones fürgelesen werden, welche nach gut-
achten des superintendenten und pastoren nütz-
lich und dienstlich sein können, dass auch mit
latein zu schreiben und reden, neben der musica
auch gesang zu lernen, sie angeführet werden,
dass die eltern mügen an solcher befoderunge und
profectu ihrer kinder lust und freude haben.
Und sollen derwegen die eltern ihre kinder
auch fleissig zur schulen halten, dass gottes wille
und segen durch ihre vorseumniss an den kindern
nicht verhindert werde.
Zum vierten, damit beide praeceptores und
die knaben zu ihrem studio deste mehr ermuntert,
und alles umb so viel mehr richtiger und fleissiger
zugehen müge, sol der pastor jedes ortes neben den
vorstehern der schulen und kirchgeschwornen treu-
lich und oft die schule besuchen, und auf die
arbeit ein embsiges einsehen haben, und der
 
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