Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0462
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
446

Das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln.

jugend beste immer wissen und befodern. Sol
auch der superintendens und pastor järlich zwei-
mal, als montags nach Oculi in der fasten, und
montags nach Aegidii im herbst zwo personen des
rats neben den kirchgeschworen zu sich nemen
und die schulen visitiren, also dass die prae-
ceptores mit den knaben fein ordentlichen nach ein-
andern repetiren die lectiones, so sie ihnen von
einer visitation bis zu der andern fürgetragen
haben, und daraus examiniren lassen, was die
vocabula, darnach die phrases auctorum, auch
declinationes und conjugationes, und syntaxin an-
gehet, und was sie für exercitia stili oder argu-
menta geschrieben haben, besichtigen, dass man
also sehen und spüren müge, mit was getreuen
fleisse die praeceptores, nach der kinder gelegen-
heit, mit der institution sich bequemen, und was
auch die kinder vortbringen , dass der unkosten,
arbeit und zeit, nicht zu unnütze vorspildet
werde.
Und wo etwa mengel und gebrechen ge-
spüret werden, dieselbige den praeceptoribus und
schülern, nach gehabter der visitatoren unter-
redung, mit allem treuen und ernste zu bessern,
anzeigen, wo auch etwa in der schulen feile
weren, auch im chore oder sonsten, das lebend
oder ampt belangend, befunden worden, auch was
zu unterhalt der schulen gebeu, oder der prae-
ceptoren beschwerung oder klage angehend, kan
zu der zeit alles gemeldet, angehöret, bewogen
und berathschlaget, auch entlichen abgerichtet
und erlediget werden.
Und diese mühe muss und kan man sich
nicht vordriessen lassen, denn die schulen sein,
wie Basilius sagt, zucht und lehrheuser, darin die
jugend zu aller waren gotteserkentniss, tugend
und erbarigkeit unterwiesen und gezogen wirt, der-
wegen so weinig man der sonne aus dem firma-
mente des himmels entraten kan, mag auch der
mangel an schulen gedüldet, und was zu ihrer
befoderung, handhabung und nutz gehörig, umb-
gangen werden.
Was die austeilunge der lectionum auch
classium belanget, wollen wir davon nicht viel
fürschreiben, sondern solches den praeceptoribus
und pastoren jedes ortes, nach der jugend gelegen-
heit und nütze anzuordenen, auferlegt und be-
fohlen haben. Aber es sol und muss eine feine
schuldisciplin, zucht und zwang der jugend ge-
halten werden, dass die knaben nicht frech, un-
gehorsam, wüst und wilde, sondern eingezogen,
stille und züchtig sei, und zu allem willig und
gehorsam, was ihnen zu thunde gebüret. Denn
wo es am gehorsam feilen solte, würde aller
fleiss an sie vorgebens gewendet werden. Es sol
aber nicht eine tyrannie, stockmeistereie oder
wütriges wesen, mit ihnen zu stetigen reufen,

schlagen oder beschedigunge der gesundheit hiemit
gestiftet sein (denn solche Orbilii und schnarker
schaffen weinig frommen bei der jugend), sondern
wir vorstehen hiemit eine veterliche züchtigung
und nicht eine diebhenkers rute oder grausamg-
keit, dass man die jugend ihrer vorbrechung und
schuld halben, itzt mit guten, auch harten worten,
itzt mit einer vater ruten und stocke, nach der
vorbrechung und orts gelegenheit, auch gebür-
licher harhusche züchtige, und zum besten halte.
Und wenn solche bescheidenheit und messigkeit
in der disciplina gebrauchet wirt, wollen wir
nicht gestatten, dass jemand hierüber mit ungedult,
zorn, ungestümb und beschwerlichen worten noch
geberden, die schulgesellen zur ungebür und
unfuge uberlaufen, noch sich an sie vorgreifen
solle. Wo aber solches zur ungültigkeit geschehen
würde, sol nottürftiges einsehen nicht vor-
bleiben.
Desgleichen ist auch unser treu herzlicher
befehl und wille, dass in den stedtlein für die
junge megdlein schulen gehalten werden, darin
sie schreiben, lesen, beten, den catechismum, feine
sprüche aus der heiligen schrift, sampt etlichen
lieblichen psalmen aus dem psalter, und geist-
liche lieder aus dem psalmbuche D. Martini
Lutheri, gottseliger gedechtnusse, recht singen, und
dazu auch nehen, sticken, wirken und dergleichen
lernen sollen, damit sie zu feinen wolerzogenen
und wolgeratenen hausmuttern durch gottes gnaden
zu ihrer zeit gedeien, und in der jugend die
beste jahr, nicht mit müssiggang und gassenlauf
in bübereien zubringen mügen. Sondern nach
dem alten sprichworte: was ein guter baum werden
sol, muss bei zeiten gewenet und gekrümmet
werden. Und wo hiezu nicht des pastoren oder
cüsters ehefraue düchtig were, oder sich damit
I nicht könten beschweren lassen, soll nach feinen,
ehrligen, unberüchtigten, christlichen matronen
getrachtet, und dieselbige bestellet und angenommen
werden, welche hierin den jungen megdlein zu
frommen, dis werke vorrichten und nütze sein
können. Und kan solchen lehrmeisterinnen uber
den lohn der lehrkinder wol mit etlichen bürger-
! lichen freiheiten gedienet werden. Denn solches
sein sie billig wirdig, wenn sie des ihren fleissig
I und getreulich bei den kindern abwarten.
Auf den dörfern sollen gleiches falles die kneb-
lein und megdlein bei dem cüster oder pastorn
und ihren frauen zur lehre gehalten werden, doch
also, dass die megdlein alleine, und also auch des-
gleichen die knaben besonders gelassen werden,
und in schreiben, lesen, nehend, catechismo beten
lernen und dergleichen, von jugend auf gehalten
werden. Und sol allen pastoren hiemit ernstlich
auferlegt sein, die leute offentlich und persone
weiss, hiezu mit ernste zu ermanen, dass sie
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften