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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0138
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Wolfenbüttel

Augustinus De dogmat., cap. 32 32: Deus agit in
nobis ut velimus et agamus, nec ociosa in nobis
esse patitur, quae exercenda, non negligenda
dedit, ut et nos cooperatores simus gratiae Dei.
— Ist derhalben falsch und unrecht, das etliche
fürgeben, weil es Gottes gaben seind, so wöllen
sie sich keines dinges annemen noch befleissigen,
wider keine böse lust streiten etc. Denn das
wir arme menschen der wirkung des heiligen
Geistes wiederstreben und seine gaben wieder-
umb verlieren und verwarlosen können, ist leider
allzu wahr, wie viel schreckliche exempel in
der schrift zeugen. Das wir aber nicht wieder-
streben, sondern folgen, ist auch ein gabe des
heiligen Geistes, der immer dabey sein muß,
nicht allein, wens angefangen soll werden, son-
dern auch, wens gefordert, gemehret, erhalten,
geübet soll werden, wie davon Augustinus auß
Gottes wort schön schreibt De correp., ca. 12 33.

Auf diese weise kan die lehre den einfeltigen
aufs allerbequemlichst zur erbauung fürgetra-
gen, von allen papistischen saurteig gereiniget
und für aller verfelschung rein verwahret
werden.

Von den sacramenten in gemein.

Sacramenta heissen eusserliche sichtliche zei-
chen oder ritus, die außdrucklichen befehl Got-
tes im neuen testament haben und sind in die
verheissung der gnaden Gottes gefasset und
damit verbunden, also das durch solche sacra-
ment der liebe Gott seine gnadengüter fürtra-
gen, anbieten, reichen, zueignen, bestettigen und
versiegeln will einem jeden, der die sacrament

32 Fälschlich mit dem Namen Augustins be-

zeichnete Schrift des Gennadius von Massilia

(um 492): De ecclesiasticis dogmatibus liber,

cap. XXXII; MSL 58,988. — Die Schrift ist in

verschiedener Fassung überliefert, vgl. dar-

über C. H. Turner, Journ. of theol. stud. Vol.

7 u. 8 (1906 u. 1907), S. 78 — 99 u. S. 103 — 114.
In der von Turner, a. a. O. gegebenen Edition
findet sich das Zitat nicht.

33 De corrept. et grat., cap. XII,33 — 38; MSL
44,936 — 940.

34 Vgl. über das Verhältnis dieses Satzes zur
Lehre von der „manducatio indignorum et

in rechtem glauben nutzet und brauchet 34:. Und
darauß kan man nu leicht und gründlich urthei-
len, das, eigentlich zu reden, nicht sieben sacra-
ment sein, wie die papisten zelen 35. Der ehe-
stand ist woll ein heiliger stand und ein miste-
rium, geheimnuß oder bedeutung des Herrn
Christi und der kirchen, seiner braut, Ephes. 5
[32], aber weil dabey kein sonderlicher eusser-
licher ritus auß Gottes befehl verordnet ist,
er auch nicht hat verheissung der gnaden Gottes
und vergebung der sünden, also das dieselbigen
güter durch diß mittel solten appliciert werden,
so ist es, eigentlich zu reden, nicht ein sacra-
ment, wie die taufe und des Herren abendmal
ist. Deßgleichen helt sichs auch mit der ordina-
tion ministrorum ecclesiae. In confirmatione 36
und in der letzten olung 37 feylen beyde stück,
so zur arth und eigenschaft eines sacraments
gehören; denn wir haben keinen außdrucklichen
befehl im neuen testament von solchen salben
und schmieren mit oly und cresam, auch
haben wir keine verheissung, das Gott durch
solch salben und schmieren wölle den heiligen
Geist und vergebung der sünden geben. Und ist
gar ein grosser frevel, ohne göttlichen befehl
und verheissung an ritus, von menschen erdacht,
den heiligen Geist, Gottes gnade und vergebung
der sünden binden, wie auch die execrationes
olei et chrismatis voller schrecklicher greuel
sein. Derhalben können und sollen die viererley
nicht für solche sacrament gehalten werden, wie
die taufe und das abendmal des Herrn ist.
Wenn aber diese stücke auß der zall der sacra-
ment außgesetzt werden, sollen die leute fein

impiorum“ Gensichen, a. a. O. S. 104 f., vgl. (mit
Gensichen) aber auch unten S. 133. Vgl. hierzu
ferner Hachfeld, a. a. O. S. 61.

35 Die ältesten Zeugnisse f. d. Siebenzahl stam-
men aus dem 12. Jhdt. vgl. Petrus Lomb. Sent.
IV, d. II, 1. Bestätigt wurde sie auf den Kon-
zilen v. Lyon (II) u. v. Florenz, Denzinger
465 u. 695; zum Dogma erhoben: Trident.,
Sess. VII, can. 1, Denzinger 844. — Vgl. dazu
F. Diekamp, Kath. Dogmatik III 7 . 8, S. 59 ff.

36 Vgl. den Ritus: Pont. Rom. I, S. 1 — 5.

37 Vgl. Rit. Rom. I, Tit. V, Cap. I u. II, S. 123—131.

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