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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0156
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Wolfenbüttel

nentwillen gestellet werde, Johann. 16 [23], Bey
der lehre soll fleissig getrieben werden die ver-
manung, das Gottes wille und befehl ist, das
wir beten sollen stets und ohne ablassen, Luc.
18 [1—8]; 1. Thessal. 5 [17], darzu uns unsere
noth treiben und die liebliche verheissungen
Gottes neben den schönen exempeln Christi
und aller heiligen in der schrift uns reizen
sollen. Und soll ein jeder Christ sich und die
seinen gewehnen, das er morgends, wenn er
aufstehet, abends, wenn er schlaffen gehet, wenn
er zum tisch oder vom tisch gehet, wenn er et-
was anhebet etc., sein gebet thue und fürnem-
lich, wenn die gemeine Gotts zum wort und
sacramenten versamlet ist, das ein Christ da
sein gebet thu, nicht allein insonderheit, son-
dern auch im gemeinem gebet für gemeine und
sonderbare noth bitten helfe.

Von weihen des salzs, wasser, feur,
kreuter und anderer creaturen.

Weil solch weihen bißhero in disen kirchen
getrieben, müssen die leute davon berichtet
werden. Denn ja fromme Christen gerne wolten
solche creaturen Gottes seliglich brauchen, also
das Gott seinen segen dazu geben möchte und
sie solche gaben Gottes nicht wie unchristen,
sondern wie kinder Gottes auß seiner gnedigen,
milden hand entfangen möchten; und darumb
halten etliche leute viel von dem papistischen
weihen, etliche aber brauchen der creaturen
ohne alle gedanken, gebet und danksagung wie
die seue. Aber Paulus weiset sehr fein in einem
kurzen spruch, wie die creaturen Gottes zu
solchem seligen brauch geheiliget werden, 1.
Tim. 4 [3 — 5]: Gott hat die creaturen geschaf-
fen, zu gebrauchen mit danksagung den gleu-
bigen; denn alle creatur Gottes ist gutt und
nichts verwerflich, das mit danksagung ent-
fangen wird; denn es wird geheiliget durch das
wort Gottes und gebet. — In diesem spruch ist
die ganze lehre gar schön begriffen. Wir wöllen
kürzlich die fürnemsten stück anzeigen, und ist
das erste, das wir auß Gottes wort erkennen
und wissen sollen, das Gott, nachdem er die
creaturen geschaffen, dieselben dem menschen

zu gebrauchen vergönnet und gegeben hat, Gene-
sis 1 [29 f.]; denn sonst hetten wir zu dem ge-
brauch der creaturen, die nicht unser, sondern
Gottes sind, kein recht noch macht. Und das
ist das wort Gottes, davon der spruch Pauli
redet, dadurch die creaturen zu unserm brauch
geheiliget werden, und in demselbigen worte soll
sonderlich das betrachtet werden, do von wegen
der sünde der mensch solch privilegium ver-
wirket hatte, das Gott auß gnaden umb des
Herrn Christi willen dasselbige uns wiederumb
restituiret hat, Gene. 9 [3]. Zum andern saget
dieser spruch Pauli, das die creaturen also
durchs wort und gebet geheiliget werden, nicht
der meinung, als weren sie sonst verfluchet,
böse oder vom teufel besessen; denn er spricht
außdrucklich: Alle creatur Gottes ist gut und
nichts verwerflich —, sondern darzu wird sie
also, wie gesagt, durchs w ort geheiliget, das wir
derselbigen, die Gottes und nicht unser sind,
mit gutem gewissen, auß guten gnedigen willen
des himlischen Vaters, seliglich brauchen kön-
nen; dann wenn man sonst eines frembden
guts mit des herren ungnad und unwillen ge-
braucht, so bekömpts nicht woll. Zum dritten,
weil den ungleubigen und unreinen alles unrein
ist, Tit. 1 [15], so setzt Paulus das gebet darzu,
nemlich wenn wir die creaturen Gottes brauchen
wöllen, das wir in unserm gebete des jetztgemel-
ten privilegii uns erinneren sollen und bekennen,
das wir sonst von uns selbs ke'in recht oder
macht daran hetten, und in rechtem glauben bit-
ten, das der himlischer Vater umb Christus wil-
len uns solchen brauch seiner creaturen segenen
wölle, das er uns seliglich möge sein, das wir
solche seine gaben nicht wie unchristen mit
seiner ungnad und unwillen ihm rauben, sondern
wie seine kinderchen auß seiner milden hand
mit seinem gnedigem guten willen und mit
seinem göttlichem segen entfangen und brau-
chen mögen. Zum vierten, spricht Paulus, soll
darauf volgen die danksagung für solch sein
privilegium und für seinen segen. Letzlich setzet
Paulus auch das dabey, das sonderlich woll soll
gemerket werden, das durch solch heiligen
durchs w ort, gebet und danksagung den creatu-

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