Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0251
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kirchenordnung 1569

ordnung olt zerteilen, jetzt diesen, dann ein
andern casum, tempus, modum etc. fragen und
sie etwann beide nominativos, singularem et
pluralem, beide genitivos, dativos, accusativos,
vocativos et ablativos, item alle praesentia,
praeterita et futura durch alle modos lassen
nacheinander sagen, damit die knaben hurtig
werden zu respondieren.

Und sol allwegen in acht tagen ein jeder pars
orationis zum wenigsten einmal in repetitionibus
under die hand genommen werden. Doch sol
man sie nicht ubereilen und erstlich die defi-
nitiones partium orationis und accidentium nur
lesen lassen, dardurch es ihnen durch tegliche
ubung also einbildet, das ohn alle mühe sie es
außwendig lernen. Dann alles auf einmal und
ohne ordnung lehren, ist der knaben verderben
und lernen kein teil recht.

Zuletzt nachdem der praeceptor zu diesen
zweyen stunden mit der etymologia fertig ist,
sol er ungeferlich auf ein vierteil stund allen
knaben in quarta classe ein stück im lateini-
schen catechismo exponieren und soviel er an
der zeit hat, dasselbig lassen nachexponieren,
wie von dem Catone auch gesagt ist.

Es sollen aber diese knaben, so sich in octo
partibus orationis uben, in ein eigene decuriam
in quarta classe gesetzt werden.

Hora duodecima et prima in quarta classe:

Zu zwölfen nach dem exercitio musicae, wie
hernach gemeldet wird, sol man erstlich die
scripta wiederumb besehen und corrigieren, wo
auch von nöten, den knaben fürschreiben, be-
sonder so diese classis ein eigenen praeceptorem
hat, welcher sich befleissen sol, das er gute
und deutliche buchstaben mache, nach rechter
orthographey, in beysein aller knaben, damit
sie zusehen, wie die buchstaben sollen gezogen
werden.

Nachmals sol ihnen der praeceptor die Pro-
verbia Salomonis fürgeben und die etymologiam
vleissig damit demonstrieren, allerdings wie des
morgens hora sexta mit dem Catone auch ge-
schehen.

Mit dem nachexponieren und des andern tags
repetieren, item von neuem ein lection ex Sa-
lomone fiirlesen, sol auch gehalten werden,
wie es in den dreyen stunden vor mittag an-
gezeigt ist.

Hora tertia usque ad quartam in quarta
classe:

In dieser stund sol der praeceptor die dialogos
Sebaldi Heyden fiirgeben, exponieren, repetiern,
allerdings wie zuvor in lectione Catonis und
Salomonis auch geschehn.

Doch sol der praeceptor die knaben secundae
classis in einer jeden lection des tags in den
phrasibus fragen und uben, wie sie das oder
jennes wöllen latine reden. Dann hie sol das
lateinreden anfahen, welches leichtlich von-
statt geht, wann man die jugent darzu anhelt,
das sie allv/egen im declinieren und conjugieren
das deudsch darzu thun, sich in casibus nomi-
num et coniugationibus verborum, wie oben
gesagt, vleissig uben.

Tertia classis.

Wie es morgens hora sexta in tertia classe
soll gehalten werden.

Die ersten stund vor mittag soll der precep-
tor in Fabulis Camerarii 39 oder Dialogos sacros
Castalilionis 40, soviel die knaben fassen mögen,
mit vleiß fürlesen und alsdann die knaben
ördentlich lassen nachexponieren.

Neben dem exercitio etymologiae und syntaxis,
das der praeceptor vleissig in dieser classe
treiben muss, sol er auch die schöne phrases
ex Camerario oder Castalione dictieren, welche

39 Eine lat. Bearbeitung der Aesopischen Fa-
beln von Joachim Camerarius, „Fabellae Aeso-
picae quaedam notiores, et in scholis usita-
tae, a Ioach. Camerario. Lips. 1550”, die Me-
lanchthon mit einer Vorrede versah. Vgl. die
Vorrede CR VII,561 ff.

40 Sebastian Castellio, Dialogi sacri. Genf 1543.
In diesem Buch wird zum Zweck des Jugend-
unterrichts die bibl. Geschichte erzählt. Vgl.
RE 33, S. 751.

231
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften