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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0528
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Lüneburg

doch berörde unschicklicheit unde laster ge-
noch unde aver genoch orsake, mit ernstlickem
ynseende uppet erste desulvigen neddertholeg-
gen, dörf tholesten nemant gedenken, dat mit
sodanen vyren de Godde wol sy, Godt hefft de
feste der Jöden, darvan he doch bevel gegeven,
umme mysbrukynge wyllen nicht gedüldet, sun-
der ganz vorworpen. Wyllet (sprickt he Esa. 1,
13 f.) mick hyrnamals nicht vorgeves offeren,
juwe nyemaente 16, Sabbathe unde ander feste
werde ick nicht vordragen, juwe samlinge sint
unbillick, juwe kalende unde herlicken vyrehefft
myn sele gehatet, sint myck vordretlick gewor-
den etc. Gelykes ynholdes ock Esaie und ock
Hieremie desulvygen van Godde werden gans
uthgeslagen (Jsaie 66, 3; Hiere. 6, 20; unde 7,
21 ff.). So nu Godt de gerechte by den Jöden
syner geboden feste grüwel unde schüwet hefft,
wo vele mer wert he der ydelen, unnutten,
schedlicken unser festen, darvan he edder syne
apostele unde folgende christlicke kercke nich-
tes geboden, ja ganz vorboden, gar nenen ge-
fallen, sunder groten gruwel dragen. Darumme
vorlene Godt gnade, dat solcke lesteringe God-
des, lyves unde der sele schaden, mit trüwen
unde ernste bewogen, van stund wech gedan
werde, unde wyllen hyrmede den söveden 17 ar-
tikel beslaten hebben.

16 = Neumonde.

17 Druckfehler für „negenden“.

18 Zu dieser Stelle findet sich eine ausführliche
Erörterung bei H. Pfannenschmid, Germani-
sche Erntefeste im heidn. u. christl. Cultus
usw. 1878, S. 65 ff„ 381 ff. „Drachte“ = Um-
züge, Prozessionen, die in der Regel in der
Kreuzwoche (vgl. S. 154, Anm. 62), aber auch
zu anderer Zeit zur Erflehung des Ernte-
segens stattfanden. Zur Hagelfeier über-
haupt vgl. S. 63, Anm. 15. — An dieser
Stelle kann „hagelvyre“, anders als in der
Ueberschrift, auch „Hagelfeuer“ bedeuten; das
Abbrennen von Feuern in der Meinung,
den Hagel damit abzuwenden, war eine ver-
breitete Sitte. — Nicht sicher ist, ob das
„Käseessen“ zur Hagelfeier in Beziehung steht.
„Käsewoche“ war eine volkstümliche Bezeich-
nung für die Fastnachtswoche; möglicher-
weise fand das Fest des Käseessens am letz-
ten Sonnabend vor den Fasten statt. Der

De teynde artikel.

Van der hagelvyre.

Andere feste schollen alle affgedaen wesen,
sunderlicken de, der sick der gemene bursman
bruket, alse hylligen drachte, hagelvyre, kese
etent 18 edder wo solcke mögen genömet wer-
den, darynne nicht gerynge teken des ungelo-
vens gespörth werden.

Dusse artikel volget uth dem vörsten, wente
so genne vyrdage van wegen eres ungnmdes
unde mennichfoldiger ergernisse nicht bestaen
mögen, werden dusse vele weniger und gar nich-
tes bestaen, dewyle se mit mennichfoldigem by-
loven, ummerydendes, krütze houwendes unde
anderen worden unde teken yn bömen unde
schedewegen 19 gegen Goddes erste gebot un-
christlicken vorhandelt werden.

De elfte artikel.

Van dem gemenen bede.

So överst gegenwordige notorft fruchte, wed-
ders edder anderer upliggenden saken halven
ein gemeine bett tho Godde up einen sunderlik-
ken dach erforderde, denne sodane gebett ynt
gemene ym goddeshuse gesche mit vörgaender
vormanynge gödtlickes wordes, alse denne dat-
sulve de gelegenheit wert eschen 20.

Käse galt — was offenbar auf heidnische
Vorstellungen zurückgeht — als Entsühnungs-
mittel. — Vgl. auch R. Andree, Braunschwei-
ger Volkskunde 2. 1901, S. 359.

19 Vielfach nahm man auch auf Pferden rei-
tend an der Flurprozession teil. Mitgeführt
wurden außer Kreuzen auch Heiligenbilder, die
man möglicherweise wie in vorchristlicher
Zeit in Bäumen aufhing. Sicher ist, daß sie
zur Abwehr des Hagels an Feldwegen auf-
gestellt wurden. So weit sie sichtbar waren,
sollten die bösen Geister angeblich keinen
Schaden anrichten können. — Scheidewege
gälten als die Orte, an denen von Teufel u.
Hexen Winde, Regen u. Hagel erzeugt wur-
den. — Vgl. H. Pfannenschmid, a. a. O. S.

51 f.; H. Bächtold-Stäubli, Handwörterbücher z. #
dtsch. Volkskunde, Abt. 1, Aberglaube. Bd. III,
1930/31, S. 1317; Bd. V, 1932/33, S. 529.

20 = heischen, fordern.

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