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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0586
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Lüneburg

Als sollen auch die menner ihre weiber lieben
als ihre eigene leibe. Wer sein weib liebet, der
liebet sich selbs, denn niemand hat jemal sein
eigen fleisch gehasset, sondern er neret es und
pfieget sein, gleich wie auch der Herr die ge-
meine.

Die weiber sein unterthan ihren mennern als
dem Herrn, denn der man ist des weibes heupt,
gleich wie auch Christus das heupt ist der ge-
meine. und er ist seines leibs heiland, aber wie
nu die gemeine ist Christo unterthan, also auch
die weiber ihren mennern in allen dingen.

Zum dritten ist auch zu merken, das beide
umb der sünde willen des menschen, dem manne
und auch der frauen, in solchem stande das
kreuz von Gott auferlegt sey, denn also schrei-
bet Moises Genesis 3 [16-19]:

Gott sprach zu der frauen: Ich wil dir viel
kummer schaffen, wenn du schwanger wirst,
du solt deine kinder mit kummer geberen, und
du solt dich drücken vor deinem man, und er sol
dein Herr sein.

Und zum manne sprach er: Dieweil du hast
gehorcht der stimme deines weibes und gessen
von dem baum, davon ich dir gebot und sprach,
du solt nicht davon essen: verflucht sey der
acker umb deinetwillen, mit kummer solt du
dich darauf neeren dein leben lang, dorn und
disteln sol er dir tragen und solt das kraut
auf dem velde essen, im schweis deines ange-
sichtes soltu dein brot essen. bis das du wider
zu erden werdest, davon du genomen bist, denn
du bist staub und solt zu staub werden.

Zum vierden ist weiter zu wissen, das wiewol
Gott das kreuz auf den menschen seiner sünde
halben geleget hat, das dennoch dieser stand
Gott angeneme und gesegnet sey, denn also
stehets geschrieben Gene. 1 [27 f. 31]:

Gott schuff den menschen sich selbst zum
bilde, zum bilde Gottes schuff er ihn, und er
schuff sie ein menlin und freulein.

Und Gott segnet sie und sprach zu ihn: Seid
fruchtbar und mehret euch und füllet die erden

und bringet sie unter euch und herschet uber
fisch im mehr und uber vogel unter dem himel
und uber alles thier, das auf erden kreucht,
und Gott sahe an alles, was er gemacht hatte,
und sihe da, es war alles sehr gut.

Darumb spricht auch Salomon [Pr 18,22]: Wer
ein ehefrau findet, der findet was guts und
schepfet ein segen von dem Plerrn.

Auf diese verlesene vier stiick kan ein pastor
zum beschlus also sagen:

Dis sein die fürnemesten stück, so die heilige
göttliche schrift vom ehestande vermeldet,
welche alle eheleute oftermals bedenken sollen,
damit sie wissen, was von diesem stande zu
halten, wie sich ein jeder darein richten und wes
sie sich im kreuze und widerstande darzu zu
trösten haben. Dieweil aber davon oftermals
gelert, so sey auf diese zeit hievon gnug.

Darnach sol ein pastor den breutigam und die
braut namhaftig nachmals aufbieten auf fol-
gende und dergleichen weise: 61

Es sein allhie gegenwertig N. und N„ welche
sich in den ehelichen stand nach göttlichem
willen zu begeben bedacht sein, auch derwegen
nach gebrauch dieser kirchen offentlich von der
kanzel abgekiindiget worden. Wil sie auch noch-
mals zum uberflus aufgeboten haben, ob jemand
were, der einrede hette und gute ursachen wüste
fürzubringen, damit diese angefangene ehe nicht
möchte vor sich gehen, das der beyzeiten spr'eche
oder schweige hernachmals: Taceat paulisper,
postea pergat.

Demnach sonst lange keiner gefunden, auch
noch zur zeit nicht verhanden, der einige ein-
rede hat, dadurch diese ehe zwischen itzt ge-
nanten personen möchte verhindert werden, so
sol auch hernach keiner zugelassen werden,
besondern was allhie vollenzogen wird, sol sich
kein mensch unterstehen zu verandern.

Darnach sol die vertrauung geschehen mit fol-
genden oder dergleichen worten:

Hans, ihr stehet allhie und begeret, gegen-
wertige Margarethen zu nemen zu euer ehe-

61 Vgl. oben S. 168.

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