Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0608
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Lüneburg

gadesehr und eyn erbar christlick levent möthen
gerichtet werden. Mynschenwort syn fleyschlich
und vorgenklick. Dyt allene ys gewyß, warhaf-
tich und in ewicheyt bestendych, alse geschre-
ven steyt (Johan. 17,17): Dyn wort ys de war-
heyt, und van anfang syn dyne wort bestendich
(Psal. 118 5ia = 119,160), und nochmals (Math. 24,35):
Hemmel und erde werden vorgän, myne wort overst
werden nycht vorgan. Uth dussem gadesworde
hebbe wy ersten gehört, dorch dat hören den
löven (Rom. 10,17), dorch den loven eyn rowesam
geweten entfanghen (Rom. 5,1), dar dat geweten
rowsam ys, entsprynghet eyn levendych born
aller frömicheyt, redlicheyt und godtselicheyt,
by welckes fulle thor erbarheyt und ewigem
leven nichtes mach gebreken. Und twyvelt noch
we, off J. F. G. sorghe unde acht hebben schulle,
dat solck wort allen underdanen truweliken
gepredygt werde?

Alse den ock der overicheyt ghebort, nycht na
feylsamer vornuft unde eygnem koppe, sunder
na Gades wyllen und ghesetthe tho weyden unde
regeren, wert sze ghewyset tho dussem ersten
gesette, dem levendygen gadesworde, uth welckem
allent, wat jüw gudt, recht und war ys, synen
ortsprunk hefft, hyr vateth eyn christlyke överi-
cheyth rede, radt, christlyke bescheydenheyt
unde sterke, ehret de redelyken und framen, is
schrecklick den bösen (Rom. 13,3 f.), fordert kün-
ste, schryft und erfaryng, yn summa hynder-
settet eygen nuth gemeinem besten, alse de
wyßheit (welck nycht anders wen Gades wort
ys) sulvest betuget. Dorch my (spryckt se Pro.
8,15 f.) regeren de köninge und de radeshern set-
ten dath recht. Dorch my handlen de forsten
richtich und herscoppen alle richter up erden.
Hebben köning, forsten und radtszheren solken
fordel uth Gades worde, werden se datsulve
nummer uth den handen legghen mothen, sunder
ock darby benachten 6 bynnen und buten, yn

5a Die Psalmen sind hier nach der Vulgata
gezählt.

6 Eigentlich = über Nacht bleiben, übertragen
= beständig bleiben, vgl. Schiller u. Lübben

I, S. 230.

frede unde kryge darna handelen. Alexander, 7
eyn heydenisck könink, hefft den Homerum thom
hövetküssen gehath und dorch stedtlick lesen
de blede vorschleten. Wo vel mehr wyl christ-
lyker overicheit geboren, van den schryften,so
Godt yngegeven, nummer tho vyren, sunder dar-
van alle tydt sulvest reden unde dorch andere
datsülve vorkündygen lathen.

Nicht wenigher frucht unde heyles hefft ock
de gemeinheit an Gades worde, worto men jo
straff edder trostes bedarvet. Wente de hillige
Pauel (2. Ti. 3,16 f.) secht, dat alle schrift, van
Gade ingesproken, is nutte to der lehr, to der
straff, to der betering, to der tüchting in der
gereticheyt, dat eyn mynsche Gades sy ane
wandel, to allem guden werk geschycket. Wat
ys dyth anders, wen dat uth der schrift eyn
iderman hebbe und wete tho dhon, wath recht
ys, und tho myden dat wedderspell,körthlick,
dat alle wort und werke myth der högsten er-
barheyt to allen und eyns ideren besten gerich-
tet werden (Math. 22, 37— 40; Roma. 13, 8 ff.).
Welcks und nichtes anders leret und wyseth
Gades gesette. Wor dyth nicht gepredyget wert,
mach neen gudt erdacht, schwygen gestyfteth
noch gemeret werden, wente so Gades wort eyn
licht und lucern ys, darby men Gades wyllen und
wech erkennet (Psalm. 18 = 19,9; l.Petri 1,23 ff.),
werden alldar alle gadesweghe, all trost und
heyl vorloren syn, dar sulckem lichte tho schy-
nen wert geweret.

Dewyle den J. F. G. und eyn ydtlick övericheit
van dem almechtigen vorordent syn, eyn ge-
meynheyt myt gesette und der byllicheyt tho
regeren, und dusse beyde stucke nerghen wysser,
klarer und grimdlyker vorvatet syn wen yn
Gades worde, hefft iderman lichtlick afftonemen,
wath J. F. G. erstmall wyl geboren, nömlick
daran tho syn, dat Gades umbefleckede truwe,
levendychmakende gesette (Psalm. 18 = 19, 8) vor,

7 Vgl. Plutarch, Alexander VIII; Bibl. Teubn.
76 d, Vitae parallelae III, Ed. 2 1881, S. 286.

588
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften