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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0182
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Calenberg-Göttingen

auch durch die apostolischen schrifte zwuschen
einem man und einer frauen so herlich bestetigt
hat, so wollen wir hinfurter in dieser stadt un-
serm amptman und dem rhate ernstlich be-
vholen haben, allenthalben vleissigh aufzusehen,
das dieser stand in gotsfurcht angefangen und
aller zucht und reverenz mit geburlicher solemnitet
volnzogen werde.
Und wiewoll viel glubnus bißher in dieser
stadt mit dem gedinge geschehen sein, welch
theil nach getrunkenem weinkauf6 das ander
nicht haben wolle, solichs solle zehen gulden
ausgeben und damit los sein, so seint wir ernst-
lichs furhabens, soliche leichtfertigkeit in so
einem cristlichen und gotlichem stande hinfurth
keinsweges zu gedulden, sondern wollen solchs
aus obrigkeit als die regirende landesfurstin auf-
gehaben haben. Und wer eine jungfrauen, magd
oder witwen mit wissen und willen beiderseits
eltern oder freuntschaft freyen lest und das ja
zu beiden seiten gegangen ist und sein geschenk
oder rautenstrauch7 nach dieser stat gewonheit
ausgibt und gewonlicherweisse weinkauf trinkt,
soll dieselbig behalten und keinswegs ein teil
vom andern gescheiden werden. Wo aber solichs
geschehe und ubertretten wurde, sol das schul-
dige theil zehen mark vorfallen sein und nicht-
destoweniger die ehe volzogen werden.
Auch wollen wir, das hinfurt kein heimlich
verloben ahne wissen und willen der eltern von
kindern gescheen soll8. Wu es aber gescheen
wurde, soll es doch kraftlos sein und nicht gehen.
Den es je pillich ist, das in solchen erlichen
christlichen felien die kinder den eltern gehor-

6 Weinkauf nannte man den Trunk oder Schmaus,
der zur Bestätigung oder zur Feier eines Kauf-
oder Tauschgeschäftes sowie auch eines Ver-
trages oder Verlöbnisses abgehalten wurde,
auch oft dann, wenn dabei etwas anderes als
Wein getrunken wurde. Seit dem 16. Jh. hat
der Ausdruck auch manchmal die verengte
Bedeutung von „Verlöbnis“; vgl. Grimm, Deut-
sches Wörterbuch XIV, 1, 6 (1925), 944. 947.
7 Die Raute galt als Abwehrmittel gegen Scha-
denzauber. Da man annahm, daß besonders

sam sein lauth dem vierden gebot: Du solt vater
und mutter ehren.
Deßgleichen soll hinfort braut und breutigam
nicht in den heusern, sondern in der kirchen
(also das vorhin die ufkundigungh geschehen sey
und ein gemein gebet darzu begert) zusamen-
gegeben werden.
Unpillich8a, unchristlich und unerbarlich bei-
lager gedenken wir von keinem underthanen, er
sey gleich geistlichs oder weltlichs standes, zu
leiden, und soll derhalben ein jeder, so ein vor-
dechtig person bey sich hat, dieselb entweder
zur ehe nemen, wo es sein kan, oder aber zur
stadt ausgeweist werden.
Desgleichen, wo sich eheleute, wie sich ge-
borth, nicht recht halten wurden, sol uns von
unserm amptman und dem rathe angezeigt wer-
den und bei ihren eiden nicht vorschweigen. So
wollen wir alsdan kegen das schuldige theil
ahne alle gnade uns dermassen halten, das jeder-
man sehen soll, das wir am eebruch und ander
unzucht ungnedigs gefallen tragen.
Vom gebrenten wein.
Weil auch der gebranth wein auf die Sontage
und festage nicht ein geringe ursach ist, das
beide, Gots wort und alle gotsdienste, schendlich
verseumet und verachtet werden, so gepieten
wir unserm amptman und burgermeister und
rathe, daran zu sein, allen wirten ernstlich an-
zusagen, das sie auf gemelte tage fur der predig
und gehaltenem gotsdiensten gar keinen ge-
branten wein verkeufen oder auch geste setzen
Brautleute der Gefahr des Schadenzaubers
ausgesetzt seien, war es eine verbreitete
Sitte, daß man während des Brautstandes
oder bei der Hochzeit Raute bei sich trug.
Vgl. E. H. Meyer, Deutsche Volkskunde. 1898,
180. 205 f.; H. Bächtold-Stäubli, Handwörter-
buch d. dtsch. Aberglaubens VII. 1935/36,544 f.
Zur rechtl. Bedeutung: R. Sohm, Das Recht
der Eheschließimg. 1875, 34 f.
8 Vgl. oben S. 805 u. Anm. 10 u. 11.
8a Zum Folgenden vgl. oben S. 806.

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