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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0200
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Calenberg-Göttingen

Bei welchene punkten dann und so derohalben
mangel befunden werden sollte, unsere räthe, wo
muglich, es dahin richten und verabscheiden, das
es mit pauung der pfarheuser allerdings, wie in
diesem unserm furstenthumb verordnet, gehal-
ten werde, nemlich daß die beambten, in deren
verwaltung dieselben seyen, neben und mit den
ambtshauptleuthen, den superintendenten, wann
die verordnet werden, oder aber und inmittels
zovern andere persohnen und jedes orts kirchen-
vättern, was zu bessern oder von neuem zu
pauen nöttig, besichtigen, und was die nach ge-
legenheit anordnen, daß solches zum dritten theil
uf der gemeine hausleuthe, zum tritten teil der
pfarr- oder kirchenaufkunfte und zum dritten uf
des pastoris verlag gebessert und gepauet werde,
doch also, was der pastor vorlegt, ihm, wann
er die pfarr verlassen würde, oder nach seinen
absterben seinen erben von dem successore wie-
der bezahlet, jedoch daß jahrlichs, solang er
des hauses und ambts geprauchet, zween gulden
losgemahnet und seinen erben gekürzt werden
sollen.
Es sollen unsre visitatores sich auch bei den
pfarrhern, kaplan und andern erkundigen, wie es
umb die, [die] bevehl haben, und andere beambten,
auch andere unsere diener fur eine gelegenheit
habe, ob die reiner lehr sein, ob sie christlich
leben oder verechter Gottes und der heiligen
sacramenten sein, ob sie den leuthen beschwerung
zuschieben, in unzucht leben oder sonsten mit
öffentlichen lastern behaft, dem predigambt die
hand pieten, fluchen, segnerei, warsagerei, chri-
stallenkuckerei17a, unzucht etc. straffen, die leuthe
zur kirchen oder davon abhalten. Doch soll hierin
alles, was offentlich und ruchtbar, heimliche ver-
leumdung aber nicht gemeinet sein.

17a Das Kristallsehen spielte im Mittelalter eine
große Rolle. Man glaubte, Hexen und Zau-
berer könnten in einer Kristallkugel Ver-
gangenes und Zukünftiges erblicken. Die Ku-
gel bestand wohl meistens aus Bergkristall,
manchmal auch aus Beryll oder Jaspis. Je-
doch auch glänzende Kohlen, Glaskugeln oder
kugelige, mit Wasser gefüllte Gläser wurden
verwendet. Möglichst sollte die Kugel oder
ihr Material (unter einem anderen Vorwand)

Volgends sollen obgemelte unsere räthe und
verordneten visitatores die pfarhern vermuege
unsere kirchenordnung fol. 18918 ex fundamentis
doctrinae coelestis kürzlich, jedoch ex diversis
locis und deutlich, soviel examiniren, daß man
daraus von seiner lehr und geschicklichheit judi-
ciren könne, es auch ebener gestalt mit dem
kaplan halten, imgleichen dem schulmeister umb
seinen tauf- und zunahmen, wohero er pürtig,
welcher religion, auch umb den zustand der
schulen und seiner unterhaltung, um die lec-
tiones, numerum et profectum discipulorum und
wo er selbst hiebevor studiret habe, wie er zu
diesem schuldinst kommen, auch, wie sich der
pfarherr und kaplan, oppermann in lehre und
leben verhalten. Wie dann auch furter den opfer-
mann ad partem befragen, wie er zu seinem
dinste kommen, was er davon jehrlichs habe,
ob er den catechismum, auch das singen konne
und beiderlei in der kirchen fleißig treibe, des-
gleichen, wie sich sein pfarherr, kaplan und der
schulmeister in ihren ambte, lehr und leben ver-
halten und was sie für einen wandel führen,
ob sie zankisch, weinsüchtig, bierseufer, spieler,
hoffertig, geizig und ihre weiber und kinder zur
zucht, demuth und gotteswort halten und was
hier oben allbereit in specie, auch sonsten in
unserer kirchenordnung fol. 224 et fol. 23019
gesagt ist und unsre verordnete räthe für nottig
erachten werden. Inmaßen sie dann auch dar-
nach den ambtmann und die, so jedes orts die
gerichte haben, sowohl die vorsteher und eltisten
auf solches alles, darauf der schulmeister und
oppermann gefragt und itzo gemeldet worden,
ordentlich hören, ihro, wie auch der pastoren
und anderer antwort, bericht und aussage flei-
ßig protocolliren lassen und nach diesem dem
geweiht sein. Weihrauch und Myrrhen wur-
den in die Nähe gelegt. Die Kugei war gleich-
sam als Spiegel gedacht, mußte klar und
blank sein und wurde deshalb mit Oel ein-
gerieben. Gewöhnlich bedienten sich die Mei-
ster des Kristallsehens eines Mediums. Vgl.
H. Bächtold-Stäubli, Handwörterbuch d.dtsch.
Aberglaubens V. 1932/33, 576 ff.
18 Sehling VI, 1, 184 ff.
19 Sehling VI, 1, 196 u. 198.

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