Die Anstellung des Organisten lag in der Hand des Rates. Zeitweise machte Edzard II. auch hier
seinen Einfluß und seine Hoheitsansprüche geltend. So mußte der Rat Paul Hanssen Knop auf gräf-
lichen Befehl zu Michaelis 1584 kündigen und den lutherisch gesinnten Gornelius Conradi einstellen 77e.
Die Konkordaten von 1599 erkannten das Recht der Bestellung des Küsters - auch die Organisten er-
scheinen oft unter dem Titel eines Küsters - dann dem Pastor und der Gemeinde zu 77f. In Emden er-
folgte die Besetzung des Organistenamtes jetzt offenbar durch den Rat im Einvernehmen mit dem Kon-
sistorium 77g.
Wir teilen die Dienstverpflichtung Knops von 1577 nach demselben zeitgenössischen Aktenstück aus
dem Stadtarchiv Emden 77h mit, das auch Piersig und Kappelhoff benutzten. Näheren Aufschluß über
die Orgel- und Organistenverhältnisse geben die Anmerkungen zum Text: Nr. 13 (IIIb β).
Eine verhältnismäßig späte Darstellung hat das Emder Ordnungswesen in der von den Emder
Predigern verfaßten Emder KO von 1594 erfahren. Die KO unterscheidet sich von den üblichen KOO da-
durch, daß sie keinen agendarischen oder postulierenden Charakter, sondern den Charakter einer Be-
schreibung althergebrachter Bräuche hat, ganz entsprechend der von Alting 1579 dem Grafen Edzard
entgegengehaltenen Behauptung, daß er nichts Neues anrichte oder angerichtet, sondern alles so gelassen
habe, wie es war 78. Die KO von 1594 gibt in größerem Rahmen über die Emder Gemeindeverhältnisse
Aufschluß; weitere Einzelheiten können daher in den Anmerkungen zu dieser KO angebracht werden.
Für die reformierte Gemeinde bedeutete die KO eine neue Besinnung auf ihre Eigentümlichkeit, Ab-
grenzung gegenüber den Lutheranern und gegenüber der lutherischen KO von 1593, Rechtfertigung gegen-
über dem Landesherrn. Im Hinblick auf das Kirchenrecht stellt sie den Begriff „Kirchenordnung“
nicht als Gesetz, sondern als Ergebnis lebendiger Ordnungsvorgänge auf kirchengemeindlicher Basis
heraus 78a.
Für die Ordnung der Pfarrstellenbesetzung und der Einführung eines neuen Pastors innerhalb der
KO von 1594 gibt es eine Parallele in der Missive; auf diese nimmt die KO Bezug. Beziehungen zu
den Ordnungen a Lascos bzw. Microns lassen sich auch für die KO von 1594 nachweisen; doch stehen
sie in einem etwas ungewissen Licht. Eng verwandt ist die Emder KO mit der unter Mitwirkung von
Menso Alting 1594 aufgestellten KO der Stadt Groningen sowie mit der KO für Groningen und die Om-
melande von 1595 78b.
Nellner 364, 108; vgl. auch unten S. 476, Anm. 5). Über die Einordnung von Orgelspiel und Gesang in die gottes-
dienstliche Folge ist dabei nichts gesagt. Vgl. auch J. Weerda I, 72f.
77e Erneuter Kündigungsbefehl Edzards vom 19. Juli 1584 im Stadt-A. Emden, 1. Registratur 422, S. 5ff. Vgl. auch
F. Piersig, 63; A. Kappelhoff, 73. Belege für Conradis lutherische Gesinnung bei Kappelhoff, 84ff. Eine
Zeitlang war Conradi Vorsteher der luth. Gemeinde auf der Neuen Münze.
77f Unten S. 425.
77g Akten über die Anstellung der Organisten aus dem 17. und 18. Jh. durch Bürgermeister und Rat befinden sich im
Stadt-A. Emden: 1. Registratur 422. In einer Eingabe der Witwe des Organisten Johann von Loquard, Styna
Adrianß, mit der Bitte, der Rat wolle das Amt ihres verstorbenen Mannes einem ihrer Söhne übertragen, ist auf das
Patronatsrecht von Bürgermeister und Rat der Stadt Bezug genommen (aaO. 69). Vgl. A. Kappelhoff, 52. In einem
Schreiben an den Grafen bittet Styna, der Graf wolle sich doch bei Bürgermeister und Rat sowie beim Konsisto-
rium für sie verwenden, daß ihr Sohn das Organistenamt weiter versehen dürfe; denn der Rat und das Konsistorium
würden heftig und ohne Unterlaß wegen des Organistenamtes von verschiedenen Personen bedrängt (ebd. 67). Vgl.
zu den beiden Gesuchen auch F. Piersig, 71f. mit Anm. 59.
77h 1. Registratur 422, S. 1—2.
78 Vgl. H. Garrelts, Ligarius, 98, nach einem handschriftlichen Bericht über das Gespräch zu Berum. Menso ver-
sicherte dem Grafen, der ihm die sog. Lüneburgische KO mit den Unterschriften und Siegeln der Grafen Enno und
Johann zeigte, „von solchen dingen hebb ick nicht geweten“ und „Ick hebb oick keine veranderung hier im lande an-
gerichtet, sondern wie ick idt gefunden, so hebb ick idt gelaten“. Der Graf antwortete darauf: „Ja, davon will ich
euch wohl guete bericht geben, das hat der Lasco erstlich hir im lande angerichtet...“. Vgl. auch J. F. Bertram, Be-
weiß, 14; Garrelts, 79; J ,Weerda, Experiment, 175. - Ähnlich äußerte sich Menso 1583 gegenüber Graf Edzard,
er habe, abgesehen von der Ordnung der Diakonie, nichts eingeführt; vgl. U. Emmius, Vita, 54; H. Klugkist
Hesse, 120. 78a Vgl. oben S. 342, Anm. 61. 78b Vgl. oben S. 336, Anm. 98
346
seinen Einfluß und seine Hoheitsansprüche geltend. So mußte der Rat Paul Hanssen Knop auf gräf-
lichen Befehl zu Michaelis 1584 kündigen und den lutherisch gesinnten Gornelius Conradi einstellen 77e.
Die Konkordaten von 1599 erkannten das Recht der Bestellung des Küsters - auch die Organisten er-
scheinen oft unter dem Titel eines Küsters - dann dem Pastor und der Gemeinde zu 77f. In Emden er-
folgte die Besetzung des Organistenamtes jetzt offenbar durch den Rat im Einvernehmen mit dem Kon-
sistorium 77g.
Wir teilen die Dienstverpflichtung Knops von 1577 nach demselben zeitgenössischen Aktenstück aus
dem Stadtarchiv Emden 77h mit, das auch Piersig und Kappelhoff benutzten. Näheren Aufschluß über
die Orgel- und Organistenverhältnisse geben die Anmerkungen zum Text: Nr. 13 (IIIb β).
Eine verhältnismäßig späte Darstellung hat das Emder Ordnungswesen in der von den Emder
Predigern verfaßten Emder KO von 1594 erfahren. Die KO unterscheidet sich von den üblichen KOO da-
durch, daß sie keinen agendarischen oder postulierenden Charakter, sondern den Charakter einer Be-
schreibung althergebrachter Bräuche hat, ganz entsprechend der von Alting 1579 dem Grafen Edzard
entgegengehaltenen Behauptung, daß er nichts Neues anrichte oder angerichtet, sondern alles so gelassen
habe, wie es war 78. Die KO von 1594 gibt in größerem Rahmen über die Emder Gemeindeverhältnisse
Aufschluß; weitere Einzelheiten können daher in den Anmerkungen zu dieser KO angebracht werden.
Für die reformierte Gemeinde bedeutete die KO eine neue Besinnung auf ihre Eigentümlichkeit, Ab-
grenzung gegenüber den Lutheranern und gegenüber der lutherischen KO von 1593, Rechtfertigung gegen-
über dem Landesherrn. Im Hinblick auf das Kirchenrecht stellt sie den Begriff „Kirchenordnung“
nicht als Gesetz, sondern als Ergebnis lebendiger Ordnungsvorgänge auf kirchengemeindlicher Basis
heraus 78a.
Für die Ordnung der Pfarrstellenbesetzung und der Einführung eines neuen Pastors innerhalb der
KO von 1594 gibt es eine Parallele in der Missive; auf diese nimmt die KO Bezug. Beziehungen zu
den Ordnungen a Lascos bzw. Microns lassen sich auch für die KO von 1594 nachweisen; doch stehen
sie in einem etwas ungewissen Licht. Eng verwandt ist die Emder KO mit der unter Mitwirkung von
Menso Alting 1594 aufgestellten KO der Stadt Groningen sowie mit der KO für Groningen und die Om-
melande von 1595 78b.
Nellner 364, 108; vgl. auch unten S. 476, Anm. 5). Über die Einordnung von Orgelspiel und Gesang in die gottes-
dienstliche Folge ist dabei nichts gesagt. Vgl. auch J. Weerda I, 72f.
77e Erneuter Kündigungsbefehl Edzards vom 19. Juli 1584 im Stadt-A. Emden, 1. Registratur 422, S. 5ff. Vgl. auch
F. Piersig, 63; A. Kappelhoff, 73. Belege für Conradis lutherische Gesinnung bei Kappelhoff, 84ff. Eine
Zeitlang war Conradi Vorsteher der luth. Gemeinde auf der Neuen Münze.
77f Unten S. 425.
77g Akten über die Anstellung der Organisten aus dem 17. und 18. Jh. durch Bürgermeister und Rat befinden sich im
Stadt-A. Emden: 1. Registratur 422. In einer Eingabe der Witwe des Organisten Johann von Loquard, Styna
Adrianß, mit der Bitte, der Rat wolle das Amt ihres verstorbenen Mannes einem ihrer Söhne übertragen, ist auf das
Patronatsrecht von Bürgermeister und Rat der Stadt Bezug genommen (aaO. 69). Vgl. A. Kappelhoff, 52. In einem
Schreiben an den Grafen bittet Styna, der Graf wolle sich doch bei Bürgermeister und Rat sowie beim Konsisto-
rium für sie verwenden, daß ihr Sohn das Organistenamt weiter versehen dürfe; denn der Rat und das Konsistorium
würden heftig und ohne Unterlaß wegen des Organistenamtes von verschiedenen Personen bedrängt (ebd. 67). Vgl.
zu den beiden Gesuchen auch F. Piersig, 71f. mit Anm. 59.
77h 1. Registratur 422, S. 1—2.
78 Vgl. H. Garrelts, Ligarius, 98, nach einem handschriftlichen Bericht über das Gespräch zu Berum. Menso ver-
sicherte dem Grafen, der ihm die sog. Lüneburgische KO mit den Unterschriften und Siegeln der Grafen Enno und
Johann zeigte, „von solchen dingen hebb ick nicht geweten“ und „Ick hebb oick keine veranderung hier im lande an-
gerichtet, sondern wie ick idt gefunden, so hebb ick idt gelaten“. Der Graf antwortete darauf: „Ja, davon will ich
euch wohl guete bericht geben, das hat der Lasco erstlich hir im lande angerichtet...“. Vgl. auch J. F. Bertram, Be-
weiß, 14; Garrelts, 79; J ,Weerda, Experiment, 175. - Ähnlich äußerte sich Menso 1583 gegenüber Graf Edzard,
er habe, abgesehen von der Ordnung der Diakonie, nichts eingeführt; vgl. U. Emmius, Vita, 54; H. Klugkist
Hesse, 120. 78a Vgl. oben S. 342, Anm. 61. 78b Vgl. oben S. 336, Anm. 98
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