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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0705
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Engerhafer Liturgie 1583

men über alle menschen; denn sie seyn alle sünder,
und der tod herrschet auch von Adam her in denen,
die nicht gesündiget haben, mit gleicher ubertretung
als Adam 〈Rom. 5 [12. 14]〉 . Darum ist es eine sehr
grosse wohltat und mit allem dank zu preisen, daß
Gott dieß heilige und heylsame sacrament, die 〈h〉
taufe, gegeben hat, ein bad der wiedergeburt und er-
neuerung des h. Geistes [Tit 3, 5], dadurch wir ge-

J.Weerda, Entstehung, 24. 30. 33; Einleitung, oben
S. 331 mit Anm. 59, und S. 352, Anm. 19), die darauf
hindeutet, daß diese Zeremonien in etwa der Inter-
imsordnung bzw. z.T. den Bestimmungen, die die
KO von 1535 für Kirchen mit vielen Schülern ent-
hält, entsprachen. Gleichzeitig weist Fusipedius dar-
auf hin, daß derartige Zeremonien in benachbarten
Ortschaften, wie Hage, Nesse, Marienhafe, Siegel-
sum, Engerhafe, Aurich usw., nicht üblich waren. Die
Lutheraner nennen 1593 u. a. Pastoren von Au-
rich, Hage, Nesse, Engerhafe, Osteel, Marienhafe
unter denen, die standhaft blieben, als die 1554 ein-
strömenden niederländischen Flüchtlinge etliche
Lutheraner üherredeten, die KO von 1535 fallen zu
lassen, und nachdem der Emder Katechismus von
1554aufgestellt war (Gegenbericht, BIV [Garrelts,
110 ff.]). In den aufgeführten Ortschaften standen
keine Lateinschüler zur Verfügung. Völlige Klarheit
ist aus den Berichten jedoch kaum zu gewinnen. Vgl.
dazu auch unten Anm. 21; A. Sprengler, Luthe-
rische liturgische Formen in Ostfriesland am Ende
des 16. Jh.s (die Gottesdienstordnung nach der Enger-
hafer Liturgie von 1583 und der Marienhafer KO von
1593) und Voraussetzungen ihrer Entstehung. 1961, u.
in: JbnKG 59 (1961). - Auffallend ist die hochdeut-
sche Sprache unserer Liturgie sowie auch der Ma-
rienhafer KO (Text Nr. 22). Vgl. dazu L. Hahn,
Schriftsprache, 63 ff. (über die Kanzelsprache in den
luth. Gemeinden). Danach scheint man bei den
Lutheranern eher zum Hochdeutschen übergegangen
zu sein als bei den Reformierten, da die Lutheraner
in Wittenberg Anschluß suchten und fanden. Zuerst
sollen sich die Auricher Prediger des Hochdeutschen
bedient haben; vielfach erfolgte der Bruch mit dem
Niederdeutschen jedoch erst in der ersten Hälfte
bzw. um die Mitte des 17. Jh.s: in Reepsholt 1620/45,
in Viktorbur 1620/49, in Blaukirchen 1648/77, in
Berdum 1651 (vgl. P. F. Reershemius, 349. 165.
159. 416). Vgl. auch Goeman in: JbE 17 (1910),
153ff.

2 Zu Johannes Ligarius s. Einleitung, oben S. 332 mit
Anm. 68, und S. 353 f.

3 Eine Vermahnung am Anfang der Taufhandlung hat
auch die lutherische ostfriesische KO von 1535, oben
S. 373 f.; aber auch Microns Ordinancien stellen eine
Vermahnung an den Anfang, oben S. 610 ff.; für Em-
den ist ein entsprechender Brauch durch die KO von
1594 bezeugt, oben S. 490 f. Weiteres über Taufan-
sprachen vor der Taufhandlung in reformatorischen

reiniget und geheiliget werden [vgl. Eph 5, 26], Je-
sum Christum anziehen [vgl. Gal 3, 27] und machen
den bund eines guten gewissens mit Gott durch die
auferstehung unseres seligmachers [vgl. 1. Petr 3,
21]. Also aber machen wir den bund eines guten ge-
wissens mit Gott; nemlich wir entsagen dem teufel
mit allen seinen willen und werken. Wir entsagen
der bösen welt und sünden 4. Und wir glauben an

Agenden s. bei Höfling, Taufe II, 64ff. 89ff.; G.
Rietschel-P. Graff, Lehrbuch der Liturgik II 2.
1952, 568f. 573. -UnsereVermahnung betont die Ver-
lorenheit des Ungetauften im Sinne der sog. Lünebur-
ger KO und wendet sich damit indirekt gegen die
Versiegelungslehre der reformierten Taufordnungen,
denen zufolge die Zugehörigkeit des von christlichen
Eltern stammenden Kindes zur Gemeinde durch die
Taufe nicht begründet, sondern versiegelt wird; vgl.
oben S. 490 mit Anm. 40 u. 43; S. 610, Anm. 19. Zur
luth. und ref. Tauflehre s. F. Loofs, Leitfaden zum
Studium der Dogmengeschichte 4.1906, bes. 753 ff. 835.
890. 932; W. Andersen - W. Kreck, EKL III, 1299
ff. (Lit.).Unter den handschriftlichen„Opera Ligarii“
im Ephoralarchiv Norden (vgl. dazu H. Garrelts,
Ligarius, 96. 167f.; H. Ernst, 6ff. u. in: Archiv f. Re-
formationsgeschichte 16[1919],200)befindet sich eine
undatierte Lehrschrift über die Taufe (nach Ernst
nach 1590 anzusetzen) „Dialogus de Baptismo. Jo-
hannis Ligarii“ (Opera Nr. 12, Bl. 122ff.), in der Liga-
rius einen Neuter, einen Lutheranus und einen Zwing-
lianus (als Zwinglianer bezeichneten die ostfriesi-
schen Lutheraner auch sonst gern die Reformierten)
miteinander disputieren läßt. In Parallele zu unserer
Vermahmmg läßt Ligarius den Lutheraner dort (Bl.
122) äußern: ... Sic etiam Christus Dominus, cum de
renascentia prius in genere dixisset (nisi quis denuo
nascatur, non potest regnum Dei videre. Novam fieri
creaturam oportet, si iuxta evangelium sapere et sal-
vari multis[!vultis?]) cum que Nicodemus (quia physi-
cus utique modus impossibilis est et ratio nihil am-
plius capit) novum renascendi modum incredulus
quaesivisset. Dominus expresse iam baptismatis alle-
gat ritum, geminata toties asseveratione ostendens
quod baptismus vere sit, regularis ille renascendi mo-
dus quem Deus sanxit, nempe salutaris officina Dei,
qua Deus vitiosam genesin nostram ipse lavat, emen-
dat, sanctificat, si rite pieque utamur etc. — Dem ent-
spricht es, daß Ligarius (gegen die Reformierten) die
Mitteilung des hl. Geistes als direkt an die Tauf-
handlung gebunden lehrt; vgl. unten Anm. 8.

4 Anstelle der Fragen an das Kind, ob es dem Teufel,
seinen Werken und seinem Wesen entsage, und der
stellvertretenden Abrenuntiation durch die Paten,
die die KO von 1535, oben S. 375, vorsah, ist diese
allgemeine Abrenuntiation getreten, die die Anwe-
senden auf ihre eigene Taufe weist, während die Exor-
zismen ganz fortgefallen sind. Zur Verwerfung des
Exorzismus durch a Lasco s. Einleitung, oben

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43 Sehling, Niedersachsen II/1
 
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