Engerhafer Liturgie 1583
Erstlich sollen wir uns unsere sünde lassen von
herzen leid seyn und derselben stets widerstand tun,
für welche der Sohn Gottes so teuer bezahlet hat und
der gerechtigkeit Gottes nach dem gesetz hat gnug
tun müssen.
Zum andern sollen wir uns erfreuen in Gott, un-
serm heylande, welcher uns durch sein leiden so
teuer erkaufet [1. K 6, 20] und erlöset hat, welcher
am kreuze für seine feinde bittet [Luk 23,34], dem
bußfertigen das ewige paradies schenket [Luk 23,43],
und der uns sich selbst in seinem abendmahl ganz
und gar mit seinen gütern mitteilet.
Zum dritten sollen wir uns befleissigen, Gott dem
Hern zu gefallen und demselbigen zu dienen die tage
unsers lebens in heiligkeit und gerechtigkeit, die ihm
gefällig ist [vgl. Luk 1, 74 f.], der uns so herrlich nach
seinem ebenbilde erschaffen, so teuer mit seinem
tode erkaufet, ja, der uns mit seinem leibe und blute
speiset und tränket zum ewigen leben 23.
Canatur 2do O lamm Gottes unschuldig etc. et
dicat sacerdos:
Kniet nieder, geliebte im Herrn, erhebet eure her-
zen zu Gott und lasset uns andächtig beten 24.
O allmächtiger, ewiger, gerechter und barmher-
ziger Gott, ein Vater unsers Herrn Jesu Christi und
unser Vater durch ihn, wir arme, sündliche menschen
bekennen und klagen dir unsere missetat, unwissen-
sche Messe 1526;WA 19, 99; Sehling I, 15; dazu
Leiturgia I, 60f. [R. Stählin]), entsprochen.
23 Die drei Hauptgedanken dieser Vermahnung - Reue
über die Sünde, Freude über die Erlösung, Heili-
gung des Lehens - und das alles zum Gedächtnis
und zur Verkündigung des Todes Christi - lassen sich
auch aus der Vermahnung der KO von 1535 heraus-
schälen, oben S. 378 f. Zur mittelalterlichen Tradition
der Einschaltung einer Vermahnung in den Kommu-
nionskreis s. oben S. 378, Anm. 55.
24 Das folgende trinitarische Gebet läßt sich in seinen
drei Teilen jeweils den drei Gliedern der vorange-
gangenen Vermahnung zuordnen. Dem Charakter
nach entspricht es der Offenen Schuld bzw. allge-
meinen Beichte, mit der auch die allgemeine Abso-
lution nach dem Vaterunser konspiriert. Die Gebets-
form der allgemeinen Beichte oder Offenen Schuld
kannte man in Ostfriesland nach der KO von 1529
aus dem sonntäglichen Predigtgottesdienst; vgl.
oben S. 362 (auch Norder Gottesdienstordnung, oben
S. 432, und Microns Ordinancien, oben S. 601 f.; bei
Micron ein, freilich nicht ganz so deutlicher, trini-
tarischer Aufbau); ein Confiteor zu Beginn des Got-
heit, versäumniß, böse lüsten und alle ungerechtig-
keit, und ist uns von herzen leid, daß wir deine hei-
lige gebote so oft und vielmal übertreten haben, und
wissen, wenn du die sünde zurechnen und dein recht
über uns ergehen lassen woltest, so seyn wir unter
dem fluch des gesetzes und dem ewigen tode verfallen
[vgl. Ps 130, 3]. Unsere hoffnung aber und trost
ist, daß du, o gütiger Gott, 〈unß〉 mit einem eide be-
zeuget flast [Ez 33, 11]: So wahr ich lebe, wil ich
nicht den todt des sünders, sondern daß er sich be-
kehre und lebe. Und wir, Herr unser Gott, bekennen
uns zu dir, unserm Vater im himmel, und verleugnen
das ruchlose wesen der welt und bitten, du wollest
uns in gnaden aufnehmen und alle unsere sünde ver-
geben um deines eingebornen, geliebten Sohns
willen, der um unserer sünde gestorben und um un-
serer gerechtigkeit willen wider auferwecket ist
[Rm 4, 25].
Wir bitten dich, Herr Jesu Christe, du leutseliger
heyland, Gott und mensch, mache uns teilhaftig
deines heiligen leibes und blutes, (wie du gelobet
hast) [Mt 26, 28; Luk 22, 19 f.], daß es uns zugute
dahingegeben und zur vergebung unserer sünden
vergossen sey und wir das leben und die seligkeit da-
von haben mögen. Bewahre uns auch, du (guter) 〈ge-
treuer〉 hirte [vgl. Joh 10], wie die schaafe deiner
weide [Ps 74, 1], daß wir von deiner hand nicht wi-
der abirren durch falsche lehre noch deinen namen
tesdienstes nach der Interimsordnung, aaO. (gemäß
dem alten Priesterconfiteor). Doch gab es auch
in den mittelalterlichen Kommunionsordnungen die
Einschaltung der Offenen Schuld bzw. eines Confi-
teor (dieses Confiteor ging aus der Krankenkommu-
nion in die Messe über, zuerst wohl in die Ordenslitur-
gien, dann auch in die Liturgien der Pfarrkirchen;
darüber J. A. Jungmann, aaO. II, 449f.). Eine all-
gemeine Beichte im Zusammenhang mit dem Ahend-
mahl finden wir innerhalb des evangelischen Ostfries-
land im reformierten Emden, freilich in einem beson-
deren Gottesdienst. Den drei Fragen an die Ge-
meinde dort entsprechen in unserer Agende, die ja
auch sonst Fragen an die Gemeindeglieder vermeidet,
inhaltlich die drei Teile des Gebetes. Ein gewisser
Anklang an die liturgische Folge in Emden erwächst
für unsere Agende daraus, daß in Emden im Abend-
mahlsgottesdienst nochmals eine allgemeine Abso-
lution gesprochen wird, außerdem ein Gebet um
würdigen Sakramentsempfang (vgl. oben S. 471),
ähnlich wie 1557 in Norden (vgl. oben S. 629, Anm.
11). - Allgemein zu den Rüstgebeten: Leiturgia II,
523 ff. (B. Klaus).
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Erstlich sollen wir uns unsere sünde lassen von
herzen leid seyn und derselben stets widerstand tun,
für welche der Sohn Gottes so teuer bezahlet hat und
der gerechtigkeit Gottes nach dem gesetz hat gnug
tun müssen.
Zum andern sollen wir uns erfreuen in Gott, un-
serm heylande, welcher uns durch sein leiden so
teuer erkaufet [1. K 6, 20] und erlöset hat, welcher
am kreuze für seine feinde bittet [Luk 23,34], dem
bußfertigen das ewige paradies schenket [Luk 23,43],
und der uns sich selbst in seinem abendmahl ganz
und gar mit seinen gütern mitteilet.
Zum dritten sollen wir uns befleissigen, Gott dem
Hern zu gefallen und demselbigen zu dienen die tage
unsers lebens in heiligkeit und gerechtigkeit, die ihm
gefällig ist [vgl. Luk 1, 74 f.], der uns so herrlich nach
seinem ebenbilde erschaffen, so teuer mit seinem
tode erkaufet, ja, der uns mit seinem leibe und blute
speiset und tränket zum ewigen leben 23.
Canatur 2do O lamm Gottes unschuldig etc. et
dicat sacerdos:
Kniet nieder, geliebte im Herrn, erhebet eure her-
zen zu Gott und lasset uns andächtig beten 24.
O allmächtiger, ewiger, gerechter und barmher-
ziger Gott, ein Vater unsers Herrn Jesu Christi und
unser Vater durch ihn, wir arme, sündliche menschen
bekennen und klagen dir unsere missetat, unwissen-
sche Messe 1526;WA 19, 99; Sehling I, 15; dazu
Leiturgia I, 60f. [R. Stählin]), entsprochen.
23 Die drei Hauptgedanken dieser Vermahnung - Reue
über die Sünde, Freude über die Erlösung, Heili-
gung des Lehens - und das alles zum Gedächtnis
und zur Verkündigung des Todes Christi - lassen sich
auch aus der Vermahnung der KO von 1535 heraus-
schälen, oben S. 378 f. Zur mittelalterlichen Tradition
der Einschaltung einer Vermahnung in den Kommu-
nionskreis s. oben S. 378, Anm. 55.
24 Das folgende trinitarische Gebet läßt sich in seinen
drei Teilen jeweils den drei Gliedern der vorange-
gangenen Vermahnung zuordnen. Dem Charakter
nach entspricht es der Offenen Schuld bzw. allge-
meinen Beichte, mit der auch die allgemeine Abso-
lution nach dem Vaterunser konspiriert. Die Gebets-
form der allgemeinen Beichte oder Offenen Schuld
kannte man in Ostfriesland nach der KO von 1529
aus dem sonntäglichen Predigtgottesdienst; vgl.
oben S. 362 (auch Norder Gottesdienstordnung, oben
S. 432, und Microns Ordinancien, oben S. 601 f.; bei
Micron ein, freilich nicht ganz so deutlicher, trini-
tarischer Aufbau); ein Confiteor zu Beginn des Got-
heit, versäumniß, böse lüsten und alle ungerechtig-
keit, und ist uns von herzen leid, daß wir deine hei-
lige gebote so oft und vielmal übertreten haben, und
wissen, wenn du die sünde zurechnen und dein recht
über uns ergehen lassen woltest, so seyn wir unter
dem fluch des gesetzes und dem ewigen tode verfallen
[vgl. Ps 130, 3]. Unsere hoffnung aber und trost
ist, daß du, o gütiger Gott, 〈unß〉 mit einem eide be-
zeuget flast [Ez 33, 11]: So wahr ich lebe, wil ich
nicht den todt des sünders, sondern daß er sich be-
kehre und lebe. Und wir, Herr unser Gott, bekennen
uns zu dir, unserm Vater im himmel, und verleugnen
das ruchlose wesen der welt und bitten, du wollest
uns in gnaden aufnehmen und alle unsere sünde ver-
geben um deines eingebornen, geliebten Sohns
willen, der um unserer sünde gestorben und um un-
serer gerechtigkeit willen wider auferwecket ist
[Rm 4, 25].
Wir bitten dich, Herr Jesu Christe, du leutseliger
heyland, Gott und mensch, mache uns teilhaftig
deines heiligen leibes und blutes, (wie du gelobet
hast) [Mt 26, 28; Luk 22, 19 f.], daß es uns zugute
dahingegeben und zur vergebung unserer sünden
vergossen sey und wir das leben und die seligkeit da-
von haben mögen. Bewahre uns auch, du (guter) 〈ge-
treuer〉 hirte [vgl. Joh 10], wie die schaafe deiner
weide [Ps 74, 1], daß wir von deiner hand nicht wi-
der abirren durch falsche lehre noch deinen namen
tesdienstes nach der Interimsordnung, aaO. (gemäß
dem alten Priesterconfiteor). Doch gab es auch
in den mittelalterlichen Kommunionsordnungen die
Einschaltung der Offenen Schuld bzw. eines Confi-
teor (dieses Confiteor ging aus der Krankenkommu-
nion in die Messe über, zuerst wohl in die Ordenslitur-
gien, dann auch in die Liturgien der Pfarrkirchen;
darüber J. A. Jungmann, aaO. II, 449f.). Eine all-
gemeine Beichte im Zusammenhang mit dem Ahend-
mahl finden wir innerhalb des evangelischen Ostfries-
land im reformierten Emden, freilich in einem beson-
deren Gottesdienst. Den drei Fragen an die Ge-
meinde dort entsprechen in unserer Agende, die ja
auch sonst Fragen an die Gemeindeglieder vermeidet,
inhaltlich die drei Teile des Gebetes. Ein gewisser
Anklang an die liturgische Folge in Emden erwächst
für unsere Agende daraus, daß in Emden im Abend-
mahlsgottesdienst nochmals eine allgemeine Abso-
lution gesprochen wird, außerdem ein Gebet um
würdigen Sakramentsempfang (vgl. oben S. 471),
ähnlich wie 1557 in Norden (vgl. oben S. 629, Anm.
11). - Allgemein zu den Rüstgebeten: Leiturgia II,
523 ff. (B. Klaus).
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