Kirchenordnung 1573/74
gegeben, im exorcismo 38 ein unreiner geist nicht
gescholten werde. So jemandß sich hiran vergreifen
wurde, soll unß oder unsern beambten angegeben
und in schwere straffe genommen werden.
Sectio secunda.
Mit den kindern, in nöten getauft, soll man idt
also halten, daß die gevattern, so gebeten, daßelbe
zu der taufe tragen und von dem kirchendiener der
glaube gesprochen etc., dasVatter unser etc. gebetet
und daß evangelium Marci [10, 13-16], wo gewöhnt-
lich 39, soll gelesen werden. Dornach frage er, wie
daß kind soll genömpt 40 werden, setze ihme den
namen ahn und spreche: N., de allmechtige Gott,
Vatter unserß Jesu Christi, der dich anderwertß ge-
boren hat 41. Jedoch sollen die pastoren zufoderst
vor solchen anfang fleisig die gevattern underfragen,
ob auch das kind nottauft 42.
Sectio tertia.
Unsere pastoren sollen auch nit den kinderbett-
schen ohne hochwichtige anliggende not auß ihrer
behausunge, ehr de sechß wochen geendiget, sich zu
begeben erlauben, nit umb deß gesetzes Mosis
[Lev 12] willen, welches wir deßfallß keineßweges
annehmen, sondern allerley unrat, der armen wei-
ber lebend und gesundheit betre[ffend], furzukom-
men. Wo auch hieruber die kinderbettschen von den
öhren 43 unchristlich genottrengt wurden, soll unß
vermeldet werden, und wollen alßden gegen die
uberfahrer dermaßen uns einlaßen, daß sie unser un-
gnade können erfahren, und verwerfen hiemit die
introduction oder inwiedent 44 der weiber, alß im
bapsttumb gebreuchlich 45.
38 Zur Beibehaltung des Exorzismus in etlichen luth.
Kirchen vgl. oben S. 172 mit Anm. 52. Grundsätz-
liches zur Haltung der luth. Kirchen in der Exor-
zismusfrage s. oben S. 282 mit Anm. 67 und oben
S. 673 f. mit Anm. 4.
39 Vgl. Luthers Taufbüchlein 1526; Bek. Schr., 539 f.
40 = genannt; vgl. Schiller und Lübben III, 195 f.
41 Luthers Taufsegen; vgl. Bek. Schr., 541. Vor „Jesu
Christi“ sollte in unserer Druckvorlage wohl eigent-
lich „Herrn“ stehen.
42 Vgl. die Formulare für die Notgetauften in der Lüne-
burger und Wolfenbüttler KO, Sehling VI, 1, 559.
161 f.; darauf beruhend das Formular der Hoya-
schen KO von 1581, Sehling VI, 2, 1160. Vgl. auch
oben S. 174 f., dazu S. 172 f. mit Anm. 53.
Sectio quarta.
Wir erfahren auch, daß etzliche gotzvergeßene
weiber kinder, so neulich geborn und dorin das le-
bend nit kan gespuret werden, taufen sollen. Sotan
gottloß und unbedechtlich furnehmen wollen wir
ernstlich verbotten haben; dan die taufe ist kein
sacrament der todten, sunder der lebendigen 46.
Sectio quinta.
So jemand ein schwanger frauen mit fursatze
oder gewalt erschrecken, beledigen und uberfallen
wurde, eß were dan sein eheweib oder eine andere
frau, dorauß der frucht ursache deß todeß erfolgede,
derselbe soll von unß nach erkundigter warheit und
der sachen gelegenheit ahn leib und gut ohne alle
gnade gestraffet werden. Doch wollen vder hiemit
den gebuhrlichen gehorsamb der seinen nemantz
genohmen haben noch verhindern. Wir befehlen
aber, daß ein jeder eheman, wie die schrift lehret
[1. Petr 3, 7], mit vernunft seinem weibe beiwohne.
Der sechste articull.
Vom abendmahl und waß vor personen
darzu zuzulaßen.
Sectio prima.
Idt sollen keine personen zum abendmahl Christi
gelaßen werden, die sein den zuvorn [von] öhrem
pastor vom rechten vorstande, nutze und troste deß
heiligen abendmallß underrichtet und ein jeder in-
sonderheit alleine und nit in genere, wie etzliche
mal geschicht 47, auch ohne beichgeldeß[!] 48 ver-
43 = von den Ihren; vgl. dazu oben S. 261, Anm. 68.
44 = Einweihen; vgl. Grimm, Deutsches Wörterbuch
3 (1862), 339.
45 Vgl. oben S. 175 mit Anm. 56a.
46 Ähnlich die Lüneburger und die Wolfenbüttler KO;
vgl. Sehling VI, 1, 558. 161. Vgl. auch oben S. 173.
47 Ähnlich die Lüneburger und die Wolfenbüttler KO;
vgl. Sehling VI, 1, 560. 166 f. Vgl. auch oben S. 177
mit Anm. 60.
48 Gegen das Beichtgeld wendet sich Luther in einer
Predigt vom 14. Sonntag nach Trinitatis 1523 über
das Evangelium Luk 17, 11 ff. (WA 12, 662 ff.; vgl.
ebd. 664, Z. 17 ff.): Hoc evangelium est factum
ein geltevangelium. Küchen, keler hat Christus
mussen fullen etc... Iudeis must alles reyn sein,
731
gegeben, im exorcismo 38 ein unreiner geist nicht
gescholten werde. So jemandß sich hiran vergreifen
wurde, soll unß oder unsern beambten angegeben
und in schwere straffe genommen werden.
Sectio secunda.
Mit den kindern, in nöten getauft, soll man idt
also halten, daß die gevattern, so gebeten, daßelbe
zu der taufe tragen und von dem kirchendiener der
glaube gesprochen etc., dasVatter unser etc. gebetet
und daß evangelium Marci [10, 13-16], wo gewöhnt-
lich 39, soll gelesen werden. Dornach frage er, wie
daß kind soll genömpt 40 werden, setze ihme den
namen ahn und spreche: N., de allmechtige Gott,
Vatter unserß Jesu Christi, der dich anderwertß ge-
boren hat 41. Jedoch sollen die pastoren zufoderst
vor solchen anfang fleisig die gevattern underfragen,
ob auch das kind nottauft 42.
Sectio tertia.
Unsere pastoren sollen auch nit den kinderbett-
schen ohne hochwichtige anliggende not auß ihrer
behausunge, ehr de sechß wochen geendiget, sich zu
begeben erlauben, nit umb deß gesetzes Mosis
[Lev 12] willen, welches wir deßfallß keineßweges
annehmen, sondern allerley unrat, der armen wei-
ber lebend und gesundheit betre[ffend], furzukom-
men. Wo auch hieruber die kinderbettschen von den
öhren 43 unchristlich genottrengt wurden, soll unß
vermeldet werden, und wollen alßden gegen die
uberfahrer dermaßen uns einlaßen, daß sie unser un-
gnade können erfahren, und verwerfen hiemit die
introduction oder inwiedent 44 der weiber, alß im
bapsttumb gebreuchlich 45.
38 Zur Beibehaltung des Exorzismus in etlichen luth.
Kirchen vgl. oben S. 172 mit Anm. 52. Grundsätz-
liches zur Haltung der luth. Kirchen in der Exor-
zismusfrage s. oben S. 282 mit Anm. 67 und oben
S. 673 f. mit Anm. 4.
39 Vgl. Luthers Taufbüchlein 1526; Bek. Schr., 539 f.
40 = genannt; vgl. Schiller und Lübben III, 195 f.
41 Luthers Taufsegen; vgl. Bek. Schr., 541. Vor „Jesu
Christi“ sollte in unserer Druckvorlage wohl eigent-
lich „Herrn“ stehen.
42 Vgl. die Formulare für die Notgetauften in der Lüne-
burger und Wolfenbüttler KO, Sehling VI, 1, 559.
161 f.; darauf beruhend das Formular der Hoya-
schen KO von 1581, Sehling VI, 2, 1160. Vgl. auch
oben S. 174 f., dazu S. 172 f. mit Anm. 53.
Sectio quarta.
Wir erfahren auch, daß etzliche gotzvergeßene
weiber kinder, so neulich geborn und dorin das le-
bend nit kan gespuret werden, taufen sollen. Sotan
gottloß und unbedechtlich furnehmen wollen wir
ernstlich verbotten haben; dan die taufe ist kein
sacrament der todten, sunder der lebendigen 46.
Sectio quinta.
So jemand ein schwanger frauen mit fursatze
oder gewalt erschrecken, beledigen und uberfallen
wurde, eß were dan sein eheweib oder eine andere
frau, dorauß der frucht ursache deß todeß erfolgede,
derselbe soll von unß nach erkundigter warheit und
der sachen gelegenheit ahn leib und gut ohne alle
gnade gestraffet werden. Doch wollen vder hiemit
den gebuhrlichen gehorsamb der seinen nemantz
genohmen haben noch verhindern. Wir befehlen
aber, daß ein jeder eheman, wie die schrift lehret
[1. Petr 3, 7], mit vernunft seinem weibe beiwohne.
Der sechste articull.
Vom abendmahl und waß vor personen
darzu zuzulaßen.
Sectio prima.
Idt sollen keine personen zum abendmahl Christi
gelaßen werden, die sein den zuvorn [von] öhrem
pastor vom rechten vorstande, nutze und troste deß
heiligen abendmallß underrichtet und ein jeder in-
sonderheit alleine und nit in genere, wie etzliche
mal geschicht 47, auch ohne beichgeldeß[!] 48 ver-
43 = von den Ihren; vgl. dazu oben S. 261, Anm. 68.
44 = Einweihen; vgl. Grimm, Deutsches Wörterbuch
3 (1862), 339.
45 Vgl. oben S. 175 mit Anm. 56a.
46 Ähnlich die Lüneburger und die Wolfenbüttler KO;
vgl. Sehling VI, 1, 558. 161. Vgl. auch oben S. 173.
47 Ähnlich die Lüneburger und die Wolfenbüttler KO;
vgl. Sehling VI, 1, 560. 166 f. Vgl. auch oben S. 177
mit Anm. 60.
48 Gegen das Beichtgeld wendet sich Luther in einer
Predigt vom 14. Sonntag nach Trinitatis 1523 über
das Evangelium Luk 17, 11 ff. (WA 12, 662 ff.; vgl.
ebd. 664, Z. 17 ff.): Hoc evangelium est factum
ein geltevangelium. Küchen, keler hat Christus
mussen fullen etc... Iudeis must alles reyn sein,
731