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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0033
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Was die Diözesanordnung betrifit, so wurde den Archidiakonen 1290 eine dreimalige Visitation
zur Pflicht gemacht6. Die Archidiakonen hatten als Gehilfen des Bischofs Zucht und kirchliches Leben
in den einzelnen Diözesanbezirken zu überwachen7. Von besonderer Bedeutung waren die Visitationen
der einzelnen Kirchen, Gemeinden und Klöster und die Übung des Sendgerichtes durch die Archidia-
konen. Beim Sendgericht wurden Unordnungen, Ärgernisse, die in den einzelnen Gemeinden des Archi-
diakonatsbannes offenbar waren, untersucht, gerügt, gesühnt8. Vertrauensmänner aus den Gemeinden
des Archidiakonatsbannes hatten als sog. „Sentwroger“, derartige Dinge anzuzeigen, die wider die hei-
lige Christenheit waren9. Sie mußten vor dem Sendherren den Eid schwören, daß sie alles das wrogen
wollten, was als Verstoß gegen die Kirche zu betrachten sei, nach Maßgabe dessen, was ihnen in der
Kirche gesagt wurde10. - Der Bischof selbst ließ seine geistliche Jurisdiktion seit 1292 mit Unter-
brechungen durch einen in der Regel rechtsgelehrten Offizial wahrnehmen11 .

3. Die Bischöfe und die Reformation

Im Stift Hildesheim regierten im 16. Jh. die Bischöfe: Herzog Johann von Sachsen-Lauenburg
1503-1527; Balthasar Merklin 1527-1531 ; Valentin von Teteleben 1537-1551 ; 1551-1556 Herzog
Friedrich von Schleswig-Holstein, Bruder König Christians III. von Dänemark und der schleswig-
holsteinischen Herzöge Johann und Adolf, seit 1551 Nachfolger Tilemann von Hussens als Bischof von
Schleswig1. Ihm gelang es, die Ämter Steuerwald und Peine für das Stift zurückzuerhalten. Friedrich
hatte seinen Bruder Herzog Adolf von Schleswig-Holstein, gottorpische Linie (1544-1586), testamen-
tarisch zum Rechtsnachfolger eingesetzt. Dieser erhielt im Zusammenhang mit einem komplizierten
Pfandschaftsrecht auch den peinischen Stiftsbesitz. Zum Nachfolger Friedrichs wurde dann nicht der
protestantische Herzog Adolf von Schleswig-Holstein, sondern der katholische Dechant des Stifts Bur-

nunc episcopo nullum prestare debeamus auxilium contra ducem nec ipsum dominum episcopum in nostram intro-
mittere civitatem in ipsius ducis et suorum prejudicium et gravamen“, 1256 Jan. 6.) ; ebenso das der Stadtbefesti-
gung (vgl. Lauenstein, aaO. I, 42ff.; H.A.Lüntzel, aaO. II, 259; Wachsmuth, 74ff.; Bauer, 32;A.Ber-
tram I, 276 ; Urkundenbuch I, Nr. 206 ). Zu den Privilegien sind ferner zu zählen das ius primae instantiae ( privi-
legium de non evocando; vgl. Lauenstein, aaO. I, 61ff.; Urkundenbuch III, Nr. 856; Gebauer I, 106f.), das
Münzrecht (Lauenstein, aaO. I, 83ff.; Urkundenbuch I, Nr. 545. 622. 726; nach Gebauer I, 115 und Urkun-
denbuch IV, Nr. 2 erwirbt die Stadt am 8. Jan. 1428 für ein Darlehen von 700 rh. Gulden das Münzregal als Pfand
vom Bischof „Aver doch so hebbe wy uns unde unsen nakomelingen de macht unde wyllekore beholden, also dat wy
on allerjarlikes twisschen Sunte Michahelis dage unde Sunte Martens dage de lose dusser benomden munte kundigen
mogen“) und die Zollfreiheit (Lauenstein, aaO. I, 86ff.; Urkundenbuch VII, Nr. 806; Bertram I, 425)
sowie die Befreiung von Landsteuern ( Lauenstein I, 98 ff.; vgl. dazu den freiwilligen Beitrag zur Erhaltung
des öffentlichen Friedens von Seiten der Stadt Hildesheim, Urkundenbuch IV, Nr. 296 ).

6 Zu den Aufgaben der Archidiakonen im allgemeinen vgl. H. A. Lüntzel, Die ältere Diöcese Hildesheim, 176ff.
179. 409ff.; A. Bertram I, 314. 482.

7 Zur Archidiakonatsverfassung vgl. Sehling VII, 1, 6 mit Anm. 24.

8 Vgl. E. Friedberg, Lehrbuch des katholischen und evangelischen Kirchenrechtes3. 1889, 250f. 279; Ae. L. Rich-
ter, Lehrbuch des katholischen und evangelischen Kirchenrechts5. 1858, 448ff. 476ff. ; über das Verfahren im Send-
gericht ebd. 478.

9 Urkundenbuch II, Nr. 666: „Anno LXXXVII mit hern Ecgharde dem domproveste ward oversproken, dat men
dat nu also vortmer holde : de eydsweren to Sunte Lamberte unde to den lutteken senden, wad se weten unde witlik
unde openbar sy, dat weder de hilgen cristenheyt sy, dat se dat wrogen willen, dat on God so helpe unde de hilgen“.

10 Urkundenbuch II, Nr. 455, Formel des Eides bei dem Sendgericht : „Wes on dar in der kerken werde gesecht, dat
weder de hilgen kerken sg, des men dar bekennig wille wesen, dat se dat willen wrogen, dat on God so helpe unde de
hilgen“. 11 Vgl. G. Schrader, 91ff.

1 Vgl. E. Feddersen, Kirchengeschichte Schleswig-Holsteins II, 114f. 117f.; ders. Paul v. Eitzen, 6; J. A. Cy-
praeus, Annales Episcoporum Slesvicensium. 1634, 429: „Fridericus quartus episcopus fuit Hildesiensis et
Slesuicensis, coadjutor Bremensis (1529-1556)“. Zudem war Friedrich Kanoniker in Köln ; vgl. A. Bertram II,
179ff.

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