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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0069
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gemeinde ; dann schloß sie sich mit der alten Stadt Hildesheim zusammen10. Innerhalb der Stadt (Alt-
Stadt ) hatten nicht nur der Dom, sondern auch die Immunitäten der anderen alten Stifter ihr Sonder -
gericht, das der städtischen Gerichtsbarkeit entzogen war, mit eigenem Vogt, am ausgedehntesten
St. Michaelis. Die Geschlossenheit des Stadtgerichtsbezirkes war auch an anderen Stellen durch kleine
eingesprengte Vogteien unterbrochen.

Für den Hildesheimer Bürger waren es vor allem drei Gerichtshöfe, mit denen er zu tun hatte: das
grundherrliche Vogtding, das Ratsgericht, das sich zunehmend über das Vogtgericht erhob ; das bischöf-
liche Obergericht. Dazu kam die geistliche Gerichtsbarkeit11.

Die Rechtsprechung des Ratsgerichts lag hauptsächlich beim sitzenden Rat12, der zweimal wöchent-
lich, am Montag und am Freitag, Gericht hielt, gewöhnlich im Rathaus, nur manchmal, vermutlich
dann, wenn auch der Vogt amtierte, in der Laube davor. Für verschiedene Fragen bürgerte sich all-
mählich eine Zuziehung des Nachrates wie sogar der 24 ein13.

Die Hauptpfarrkirche, St. Andreas, begann die Bürgerschaft um 1300 weiter auszubauen. Der
Bau schritt nur langsam voran. 1503 wurde zum Turm an der Westfront der Grundstein gelegt. Die
Arbeiten wurden infolge der Stiftsfehde und der Reformation eingestellt. Um die Wende des 15. und
16. Jahrhunderts erlebten die altstädtischen Gotteshäuser zu St.Jacobi und St. Georg bauliche Erweite-
rungen. Daneben gab es, abgesehen vom Dom und den schon genannten sieben Stiftern (oben S. 757)
mit ihren Kirchen, als hier zu erwähnende Gotteshäuser: St. Nicolai im Brühle, St. Lamberti in der
Altstadt und in der Neustadt, sowie die Gotteshäuser der Stifter, Klöster bzw. Vereinigungen: des
Stiftes im Schüsselkorb, der Karthäuser, der Brüder des gemeinsamen Lebens, der Dominikaner
(St. Pauli), der Franziskaner (St. Martini). Die gelegentlich genannte Antoniuskapelle gehörte zum
Dom 14.

10 Urkundenbuch VIII, Nr. 964; J. Brandis' des Jüngeren Diarium, 199ff. Vgl. J.H.Gebauer, Ausgewählte
Aufsätze, 17ff.; ders. Geschichte der Neustadt, 27 ff. Unten S. 797.

11 Zur geistlichen Gerichtsbarkeit vgl. G. Schrader, 144. Ausführlich zum Gerichtswesen J. Lindenberg, 53ff.

12 Urkundenbuch IV, Nr. 598 §§ 10, 15; VIII, Nr. 784.

13 Vgl. J. Gebauer I, 209.

14 Näheres über die Gotteshäuser ist in den Anmerkungen zu den Texten mitgeteilt; vgl. unten S. 841. 843 ff. 847.
889ff. Nur zur Hauptpfarrkirche St. Andreas an dieser Stelle folgendes: Die Andreaskirche hat schon vor 1038
bestanden, da sie zu diesem Jahr in der Vita Godehardi erwähnt wird (MGSS XI, 213). Die erste urkundliche Er-
wähnung 1195 regelt das Parochialverhältnis und befreit von der Vogtei ( Urkundenbuch I, Nr. 47). 1200 errichtet
Bischof Hartbert 12 Kanonikate auf Bitten des Priesters der Andreaskirche Joh. Gallicus ( Urkundenbuch I, Nr.
50). 1205 wurde das Kollegiatstift durch Papst Innozenz III. bestätigt, 1209 und 1210 von Kaiser Otto IV. in
seinen Schutz genommen (Urkundenbuch I, Nr. 57. 60.; III, N. 6). Ende des 13. Jh.s entschloß man sich zum
Umbau der Kirche. 1297 gewährte Bischof Siegfried II. Ablaß „omnibus ..., qui ad edificium chori et ecclesie
Sancti Andree in Hildensem sive ad ornatum ipsius chori aut ministrorum eiusdem, videlicet tentoriorum, tapeto-
rum, casularum, dalmaticarum, subtilium, albarum sive quorumcumque aliorum ornatuum manum porrexerint
adiutricem . ..“ oder die Kirche besuchten ( Urkundenbuch III, N. 49). Ähnlich lauten die Urkunden des Erz-
bischofs von Magdeburg und des Bischofs von Halberstadt (Urkundenbuch I, Nr. 518) und die verschiedener
Bischöfe (Urkundenbuch III, N. 52) desselben Jahres. 1389-1400 istder Entwurf einer Bittschrift des Rates zu
datieren, in der Bonifaz IX. um Erlaubnis zur Ausstellung des Leibes Christi auf einem Altar der Andreaskirche
während des Umbaus und um Erteilung von Ablaß ersucht wird: (Urkundenbuch II, Nr. 1212): ‚,... chorum
eiusdem ecclesie multum sollempniter lapidibus quadratis in honorem Dei et Sancti Andree apostoli erexerunt et
fundarunt...“. „‚m0ccelxxxix jar wart: dusse kour angheleyt alvor war" heißt die Inschrift eines Chorpfeilers, eine
andere am gleichen Pfeiler : „Na ghodes vort m0cccc vnde x0v0 jar wart dit murwerk reyde“. Die Urkunden der fol-

: genden Jahre bezeugen weitere Baumaßnahmen an der Kirche, z.B. 1441 gibt es einen Streit zwischen den Ältesten
der Andreaskirche und einem Steinhauer ( Urkundenbuch IV, Nr. 404). Die Kämmereirechnung von 1462 be-
richtet von der Wiederweihung und deren Kosten (Urkundenbuch VII, S. 650). Am alten Turm wurde Ende des
15. Jh.s noch gebaut ( Kämmereirechnung Urkundenbuch VII, S. 664 u.ö.), jedoch lag der Entschluß, einen neuen
Turm, der Vergrößerung der Kirche entsprechend, zu errichten, schon vor. Spenden in vielen Testamenten sind
für den Bau bestimmt (z.B. 1495, 1497, 1505: Urkundenbuch VIII, Nr. 316. 338. 473, u.ö.). Für einige der im
14. und 15. Jh. zahlreichen und immer wieder erwähnten Kapellen und Altäre werden neue Bestimmungen ge-
troffen. „,... so me itzund eynen nigen torne unde de benompten kerken Sancti Andree lenger unde grotter buwet“,

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