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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0085
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machen, weder in traditioneller noch in schwärmerischer Richtung. Beide Richtungen wissen nicht, was
christliche Freiheit ist. Gleichheit der Zeremonien ist nur erstrebenswert, um Ärgernisse zu verhüten.
Bugenhagen entspricht der lutherischen Interpretation der Freiheit eines Christenmenschen und stellt
die Freiheit auf Grund der Gebundenheit an das Wort Gottes und die freiwillige Bindung auf Grund der
Liebe zum Nächsten heraus14.

Das Lichteranstecken beim Abendmahl wird von Bugenhagen damit begründet, daß der Herr das
Abendmahl in der Nacht gefeiert habe15. Das ist freilich im Rahmen der Bugenhagenschen KOO eine
nicht gerade einleuchtende Begründung, da sonst kein Versuch unternommen wird, das Abendmahl
nach dem ersten Herrenmahl zu gestalten. Ansätze dazu, die Luther in seinen Frühschriften bot16, sind
nur in reformierten Gemeinden zur Entfaltung gekommen, und da eben nicht in einem so weiträumigen
Verständnis von christlicher Freiheit17,wie Bugenhagen es mit Luther teilte. Bugenhagens Messe ist
die zerstörte katholische Messe. Als Vorbild hat Luthers Deutsche gedient, ohne daß Bugenhagen
sein Modell sklavisch davon abhängig machte. So sieht er u.a. für Hildesheim das Stufengebet zu Be-
ginn der Messe vor19. Grundsätzlich hält Bugenhagen auch hier an der Vollmesse fest. Tatsächlich wird
aber nur eine Vollmesse gefeiert, wenn Kommunikanten vorhanden sind. Mit der Feier des Abendmahls
geht man also den Kommunikanten nach, d.h. bedürftigen Gliedern. Das lutherische Moment, das
Abendmahl bedeute Trost, gleichzeitig eine starke Individualisierung der Abendmahlsfeier, eine Aus-
richtung auf den einzelnen, sind hier bestimmend20. Indem die Abendmahlsfeier nicht Feier der Gesamt-
gemeinde ist, wird die Lösung des Sakramentteiles vom Wortteil der Messe bereits angebahnt. Die ab-
wegige Lösung, die Bugenhagen dafür in seiner Braunschweiger KO angeboten hatte21, war schon in
der Hamburger KO von 1529 aufgegeben worden22. Zum Abendmahl ist eine Zulassung erforderlich,
die Bugenhagen gemäß Luthers Formula missae von 152323 an die Einzelbeichte bindet. Die von Mar-
tin Bucer befürwortete Konfirmation24 hat in Bugenhagens KOO keinen Eingang gefunden. Die Einzel-
beichte unterstreicht im Zusammenhang mit der Art der Abendmahlsfeier noch deren individuelles
Gepräge. Beherrschend ist die Verkündigung von der persönlichen Zueignung der Heilstat Christi.
Dabei wird der Gemeindegedanke vernachlässigt.

Die Zuchtordnung ist nicht bis in alle Einzelheiten festgelegt. Die KO sieht aber den kleinen Bann
in Form der Abweisung vom Sakrament oder von der christlichen Gemeinde, in der die Sakramente
gehandelt werden, vor. Vorher soll eine ein- oder zweimalige Ermahnung erfolgen. Dabei ist nicht deut-
lich, durch wen diese geschehen soll. Später sehen wir die Prediger eifrig um die Kirchenzucht bemüht25.

14 Unten S. 851f. Vgl. Luther, Von der Freiheit eines Christenmenschen 1520; WA 7, 21.

15 Unten S. 852.

16 Vgl. De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium 1520; WA 6, 523. Auch Deutsche Messe 1526; WA 19, 72ff.;
Sehling I, 14.

17 Vgl. die Berufung auf die Einsetzung und Anweisung des Herrn z.B. in Microns Ordinancien 1554 (1565); Seh-
ling VII, 1, 615: „... so haben wir fleißig dahingearbeitet in der handlung des nachtmals, daß wir allermeist zu
der apostolischen reinigkeit und dem ezempel Christi kommen ...“.

18 WA 19,72 ff.; Sehling I,

19 Unten S. 852 mit Anm. 9. Vgl. dazu J.H.Bergsma, Die Reform der Meßliturgie durch Johannes Bugen-
hagen (1485-1558). 1966, 153f. Erst 1537 mit der dänischen KO taucht das Stufengebet in Bugenhagens KOO
auf; vgl. E.Feddersen, 15.

20 Vgl. A. Sprengler-Ruppenthal, Zur reformatorischen Kirchenrechtsbildung in Ostfriesland, in: Zeitschrift f.
ev. Kirchenrecht 10 (1964), 320f.

21 In Braunschweig läßt B. im Fall, daß keine Kommunikanten vorhanden sind, nach der Predigt die Präfation singen,
dann Sanctus, Vaterunser, Christe du Lamm usw.; Sehling VI, I, 442.

22 Der Priester soll nicht wieder vor den Altar gehen, sondern das Volk soll mit den Schülern etliche Psalmen singen ;
Sehling I, 529.

23 WA 12, Sehling I, 7f.

24 Vgl. Sehling VIII, 21. 102.; VII,1, 562; W. Rott, RGG3: III, 1761: H. Jahr, EKL I, 894.

25 Unten S. 865 und 821.

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