Am 30. Juni 1548 übersandte die Reichskanzlei das kaiserliche Interim an die Stadt Hildesheim,
die dessen Eingang am 22. August kurz bestätigte, mit dem Bemerken, daß man das „Buch“ noch nicht
der ganzen Bürgerschaft habe vorlesen können um großer Fährlichkeit willen. Um diese Zeit wurde
Hildesheim gerade von einer Pestepidemie heimgesucht.
In der Folgezeit entwickelte sich ein reger Gedankenaustausch zwischen den Städten der alten säch-
sischen Konkordie. Sie hielten durchweg das Interim für unannehmbar.
Die Hildesheimer Prediger, denen der Rat das kaiserliche Interim vorgelegt hatte, erklärten am
27. August: „unde konnen unde schollen datt Interim by verlust unser selen salicheit nycht annemen
noch den unchrystlichen artykeln, so wedder Gotts wort sin unde streven, idtwes nageven edder nalaten,
wente [= denn] man Gott mehr gehorsam syn mot alse mensschen ... Ersame, gunstige hern, nachdem
van uns begert, unse bedenkent to stellen, so konnen wy nicht anders raden, sonder eyn ider sy vor sick
schuldig, alse eyn Chryst, by der reynen lehre to blyven, unde wyl im dem falle nyemande gebören, de dar
denket salich to werden, datt Interim antonemende“. Dabei beriefen sich die Prediger auch auf die KO,
der sie sich verpflichtet wußten7. - Heftig eiferten die Prediger von den Kanzeln gegen das Interim, so
daß auch der Kaiser aufmerksam wurde und am 11. Oktober 1548 eine Anfrage an den Rat richtete,
ob es den Abmachungen entspräche, daß das Interim, das von den Reichsständen angenommen sei,
„zum schmelichsten und hessigisten‘‘ ins Volk getragen werde8. Die Stadtregierung antwortete, daß
man die zur Zeit geltende Kirchenordnung nicht auf einmal, sondern nur mit der Zeit und nach und
nach abändern könne9. Am 23. März 1551 verlangte der Kaiser indessen Bescheid, wie man das In-
terim angerichtet, „auch ob und was... daran fur verhinderung furgefallen und begegnet, und wo daran
noch mangel were“10.Obbzw. wie der Rat darauf antwortete, ist nicht bekannt.
Schon 1548 hatte der Kaiser die Abordnung eines Ausschusses angekündigt, der die Wiedergut-
machungsansprüche der katholischen Geistlichkeit prüfen sollte. Der Bischof verlangte, zu Ostern müßte
mindestens die Hälfte der städtischen Klöster in den alten Stand gebracht sein. Kaiserliche Befehle
7 Stadt-A. Hildesheim, Akte 132/55 (‚„„Bekentnysse der predicanten to Hildensem up datt overgerekede bock, Interim
genant. Anno 1548“). Die Prediger erinnern den Rat ziemlich ausführlich an die Einführung der Reformation
vor sechs Jahren: ‚...Erbare, ersame, vorsichtige und wolwysen gebedende hern, juwer erb. w. yst wol bewust,
datt ydt umme dusse tydt even 6 jahr sin, datt eyn erbar radt sampt der gemeynen lofflychen stadt Hildensem de
affgodisschen unde papistisschen gruwelen unde mysbruken hebben neddergelecht unde darna de erwerdigen unde
hochgelerden hern Doctorem Johannem Pomer, Magistrum Antonium Coruinum und hern Hinrick Wynckel
vocert unde bekomen, welche de reyne lehre des salichmakenden evangelii unde den rechten christlichen bruck der
hilligen sacramenten allhie wedder ut vorlehnunge gottlicher gnaden angerichtet, nachdem dusse lofflyke Stadt, wo
alle andere stede, myt affgoderye unde anderen Sunden beladen gewest. - Desulven ernanten erwerdigen hern heb-
ben ut bevel eyns erb. radts unde allen der, so vor Hildensem raden, in Gotts wort gegrundet eyne christliche kercken-
ordenung gestellt, welcke der ganzen stadt Hildensem vorgelesen yst, unde eyndrechtichliken, na vormoge eres ge-
lofftes, so se in dem gottlichen vorbunde der dope gedaen, by der reynen lehre des hilligen evangelii und dem rechten
chrystlichen gebruck der hilligen sacramenten, ock Augspurgisschen Confession unde Apologia unde der itzgemelten
christlichen kerckenordenunge to blyven. Unde sin do ut allen stenden des regiments und der gemeynen stadt etliche
redliche unde frome burger erwehlet, de vorordenten in der religion genomet, de beneffen eynem erbaren rade, nach-
dem de sunst myt mannygen unde schwaren gescheften beladen, ein flitich upsehent scholden hebben, datt dussem
allen so nachgekomen wurde. — Nachdem aber de vorgenante hern, als D. Johan Pomer etc., ein ider nach siner
eigen stede mit der tidt wedder hefft moten teen, hefft eyn erb. radt sampt den personen, so van eynem erb. rade
darto vorordent, uns alle, so ytzund allhir im predigampte sin, eynen nach dem anderen darto gefordert unde ge-
esschet, datt salichmakende hillige evangelium Jhesu Christi reyne to predigen unde de sacramenten nach Christi
Jhesu insettinge to reken etc., welchs wy ock mit aller truwe unde flyte wente her, myt vorlehninge gottliker gnaden,
gedaen...“.
8 Ebd. Akte 135/33.
9 Stadt-A. Hildesheim, Akte 135/35; H. A. Lüntzel, aaO. 122.
10 Stadt-A. Hildesheim, Akte 135/35.
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die dessen Eingang am 22. August kurz bestätigte, mit dem Bemerken, daß man das „Buch“ noch nicht
der ganzen Bürgerschaft habe vorlesen können um großer Fährlichkeit willen. Um diese Zeit wurde
Hildesheim gerade von einer Pestepidemie heimgesucht.
In der Folgezeit entwickelte sich ein reger Gedankenaustausch zwischen den Städten der alten säch-
sischen Konkordie. Sie hielten durchweg das Interim für unannehmbar.
Die Hildesheimer Prediger, denen der Rat das kaiserliche Interim vorgelegt hatte, erklärten am
27. August: „unde konnen unde schollen datt Interim by verlust unser selen salicheit nycht annemen
noch den unchrystlichen artykeln, so wedder Gotts wort sin unde streven, idtwes nageven edder nalaten,
wente [= denn] man Gott mehr gehorsam syn mot alse mensschen ... Ersame, gunstige hern, nachdem
van uns begert, unse bedenkent to stellen, so konnen wy nicht anders raden, sonder eyn ider sy vor sick
schuldig, alse eyn Chryst, by der reynen lehre to blyven, unde wyl im dem falle nyemande gebören, de dar
denket salich to werden, datt Interim antonemende“. Dabei beriefen sich die Prediger auch auf die KO,
der sie sich verpflichtet wußten7. - Heftig eiferten die Prediger von den Kanzeln gegen das Interim, so
daß auch der Kaiser aufmerksam wurde und am 11. Oktober 1548 eine Anfrage an den Rat richtete,
ob es den Abmachungen entspräche, daß das Interim, das von den Reichsständen angenommen sei,
„zum schmelichsten und hessigisten‘‘ ins Volk getragen werde8. Die Stadtregierung antwortete, daß
man die zur Zeit geltende Kirchenordnung nicht auf einmal, sondern nur mit der Zeit und nach und
nach abändern könne9. Am 23. März 1551 verlangte der Kaiser indessen Bescheid, wie man das In-
terim angerichtet, „auch ob und was... daran fur verhinderung furgefallen und begegnet, und wo daran
noch mangel were“10.Obbzw. wie der Rat darauf antwortete, ist nicht bekannt.
Schon 1548 hatte der Kaiser die Abordnung eines Ausschusses angekündigt, der die Wiedergut-
machungsansprüche der katholischen Geistlichkeit prüfen sollte. Der Bischof verlangte, zu Ostern müßte
mindestens die Hälfte der städtischen Klöster in den alten Stand gebracht sein. Kaiserliche Befehle
7 Stadt-A. Hildesheim, Akte 132/55 (‚„„Bekentnysse der predicanten to Hildensem up datt overgerekede bock, Interim
genant. Anno 1548“). Die Prediger erinnern den Rat ziemlich ausführlich an die Einführung der Reformation
vor sechs Jahren: ‚...Erbare, ersame, vorsichtige und wolwysen gebedende hern, juwer erb. w. yst wol bewust,
datt ydt umme dusse tydt even 6 jahr sin, datt eyn erbar radt sampt der gemeynen lofflychen stadt Hildensem de
affgodisschen unde papistisschen gruwelen unde mysbruken hebben neddergelecht unde darna de erwerdigen unde
hochgelerden hern Doctorem Johannem Pomer, Magistrum Antonium Coruinum und hern Hinrick Wynckel
vocert unde bekomen, welche de reyne lehre des salichmakenden evangelii unde den rechten christlichen bruck der
hilligen sacramenten allhie wedder ut vorlehnunge gottlicher gnaden angerichtet, nachdem dusse lofflyke Stadt, wo
alle andere stede, myt affgoderye unde anderen Sunden beladen gewest. - Desulven ernanten erwerdigen hern heb-
ben ut bevel eyns erb. radts unde allen der, so vor Hildensem raden, in Gotts wort gegrundet eyne christliche kercken-
ordenung gestellt, welcke der ganzen stadt Hildensem vorgelesen yst, unde eyndrechtichliken, na vormoge eres ge-
lofftes, so se in dem gottlichen vorbunde der dope gedaen, by der reynen lehre des hilligen evangelii und dem rechten
chrystlichen gebruck der hilligen sacramenten, ock Augspurgisschen Confession unde Apologia unde der itzgemelten
christlichen kerckenordenunge to blyven. Unde sin do ut allen stenden des regiments und der gemeynen stadt etliche
redliche unde frome burger erwehlet, de vorordenten in der religion genomet, de beneffen eynem erbaren rade, nach-
dem de sunst myt mannygen unde schwaren gescheften beladen, ein flitich upsehent scholden hebben, datt dussem
allen so nachgekomen wurde. — Nachdem aber de vorgenante hern, als D. Johan Pomer etc., ein ider nach siner
eigen stede mit der tidt wedder hefft moten teen, hefft eyn erb. radt sampt den personen, so van eynem erb. rade
darto vorordent, uns alle, so ytzund allhir im predigampte sin, eynen nach dem anderen darto gefordert unde ge-
esschet, datt salichmakende hillige evangelium Jhesu Christi reyne to predigen unde de sacramenten nach Christi
Jhesu insettinge to reken etc., welchs wy ock mit aller truwe unde flyte wente her, myt vorlehninge gottliker gnaden,
gedaen...“.
8 Ebd. Akte 135/33.
9 Stadt-A. Hildesheim, Akte 135/35; H. A. Lüntzel, aaO. 122.
10 Stadt-A. Hildesheim, Akte 135/35.
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