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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0111
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Stadt Hildesheim

Sacrament.

Apostelgeschichte edder Actis apostolorum, alse ock
unse leve Here Jhesus Christus sülvest van Jo-
hannes Baptista gedofft ys yn dem Jordane. Dar
hebbe wy jo eine herlicke unde gödtlicke döpe, uns
tröstlick tor ewigen salicheit. De kan nen minsche
anders edder beter maken.
Der papen offermisse, dar se offeren vor de leven-
digen unde doden, öhre seelmissen, öhre vegefürs-
missen mit öhren scholasticis, canon7 willen wy
nicht mer hebben, wente se synt ein grüwel vor
Godde unde nen bevel unses Heren Jhesu Christi
van synem aventmale. Wy willen ock nicht mer
achten des antichrists vorbot, darmede he uns nu
ersten yn düssen lesten tiden vorboden hefft, den

7 Der Meßkanon, der Teil der Messe zwischen Prä-
fation und Vaterunser, wobei die Präfation mit
Sanctus und Benedictus vor der Schwelle des heilig-
sten Bezirks der Messe steht, während das Vater-
unser bereits den Kommunionsteil einleitet. Der
Kanon besteht aus folgenden Gebeten: Te igitur
(mit der Bitte um Segnung der Opfergaben, die vor
allem für die heilige kath. Kirche dargebracht
werden), Memento Domine (Bitte für die Lebenden,
für die das Opfer dargebracht wird), Communi-
cantes et memoriam venerantes (Bitte um Schutz
und Beistand in Anbetracht der Verdienste nament-
lich aufgeführter Heiliger), Hanc igitur (Bitte um
Annahme der Opfergaben, um Frieden, Bewahrung
vor der ewigen Verdammnis), Quam oblationem
(Wandlungsbitte), Qui pridie (Einsetzungsworte, die
durch den relativen Anschlußsatz Gebetscharakter
erhalten), Unde et memores (nimmt den Herren-
befehl, das Abendmahl zu seinem Gedächtnis zu
feiern, auf, leitet von da aus wieder über zum Opfer
der Gemeinde), Supra quae (Bitte um wohlgefällige
Annahme des Opfers), Supplices te rogamus (Bitte,
daß Gottes Engel das Opfer zum himmlischen Altar
emportragen möge, um himmlischen Segen und Gnade
für die Kommunikanten), Memento etiam (Bitte,
für die Toten), Nobis quoque (Bitte um Gemein-
schaft mit den Heiligen), Per quem (Schlußformel,
die die Kanongebete als durch Christus dargebracht
erweist, mit Doxologie). Im Meßkanon ist ein ur-
sprünglich in sich geschlossenes eucharistisches
Hochgebet in viele Einzelstücke zerhackt. Mehrere
Stücke des Kanons lassen sich bis ins 4. Jh. zurück-
verfolgen. Vgl. Ambrosius, De sacramentis IV, 5f.
(CSEL 73, 55ff.), dazu J. A. Jungmann, Missarum
Sollemnia I. 1948, 66ff.; Leiturgia I, 40f. Seit der
Zeit Gregors des Großen blieb der Kanon im wesent-
lichen unverändert. Aber seit dem 9. Jh. löste er sich
als besonderes Stück aus der Gesamtmesse heraus
und wurde, beherrscht vom Geheimnis der Wand-
lung, vom zelebrierenden Priester leise gebetet,

kelck to drinkende, welckeren uns Christus ynge-
settet, bevolen unde gegeven hefft8 . Welckeren ock
(dat wunder ys) des pawestes recht nicht allene den
leyen gifft, sunder ock gebütt9. Sunder wy willen
nicht anders dat hillige sacramente bruken, denn
alse Christus yngesettet unde bevolen hefft unde
alse de leven apostele darvan geleret unde de hillige
kercke, de leve brudt Christi, dat ys, de rechten
Christen, de ydt van den apostelen geleret unde ent-
fangen hebben, darvan geholden hebben. Paulus,
alse ein van den apostelen, schrifft van dem bevele
Christi des sacramentes halven klar, 1. Corinth. 11
[23]: Ick hebbet van dem Heren entfangen, dat ick
juw gegeven unde geleret hebbe etc. Ane twivel
während das Volk sich, lediglich zuschauend, an
Gebärden, besonders Kreuzzeichen, orientierte. Vgl.
Jungmann, aaO. I, 105f. II, 174ff.; J. R. Geisel-
mann, Die Abendmahlslehre an der Wende der
christl. Spätantike zum Frühmittelalter. 1933, (ebd.
180ff. zum Einfluß der Schriften Isidors von Sevilla
auf das Verständnis dieses Teiles der Messe).
8 Die communio sub una war seit dem 12. Jh. in der
röm. kath. Kirche Brauch; verboten wurde der
Kelch den Laien erst auf dem Konzil zu Konstanz
1415; vgl. Denzinger30, Nr. 626. Frühere Ansätze
zur communio sub una: Vermengung einer geringen
Menge konsekrierten Weines mit gewöhnlichem
Wein und Austeilung an das Volk aus scyphi bereits
im 7. Jh. (Ordo Romanus I, 20; MSL 78, 947 A);
Heiligung des Weines für das Volk dadurch, daß
eine Partikel der geweihten Hostie in den Spende-
kelch gegeben wurde (Ordo von St. Amand, 800);
Darreichung nur des konsekrierten Brotes, das vor-
her jedoch in den konsekrierten Wein getaucht
worden war (3. Synode zu Braga 675, cap. 2;
Mansi XI, 155; C. J.v.Hefele, Conciliengeschichte
III2. 1877, 118. Synode zu Clermont 1095, can. 28;
Mansi XX, 818; Hefele, aaO. V2. 1886, 224). Dazu
Joh. v. Avranches, De officiis ecclesiasticis;
MSL 147, 37; hinsichtlich der Krankenkommunion
Regino v. Prüm, De synodalibus causis I, 70;
MSL 132, 206; Burchard v. Worms, Decretum V,
9; MSL 140, 754; Ivo v. Chartres, Decretum II,
19; MSL 161, 165. Das theologische Fundament er-
hielt die communio sub una durch die Lehre, daß in
jeder Gestalt des Sakramentes der ganze Christus
sei; vgl. Pseudo-Anselm v. Canterbury (ver-
mutlich Anselm v. Laon), De corpore et sanguine
Domini; MSL 159, 255B, dazu J. R. Geiselmann,
aaO 82f. Weiteres bei J. A. Jungmann, aaO. II.
1948, 464ff.
9 Decretum Gratiani III, De consecratione, dist. II,
c. 7; Friedberg l, 1315ff.

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