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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0137
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Stadt Hildesheim

so fyn können de düvelsleren legen4. Wente yn
dem boke De poenitentia, cap. 175, wert Augu-
stinus allegeret, darumme ydt jo Augustinus nicht
geschreven hefft, sunder ein ander lange na Augu-
stino. Also synt de papisten grovianes, hebben lust
to minschenleren unde -geboden wedder Goddes
gebodt, söken ydt, wor se können etc. Unde went
Augustinus rede6 gesecht hedde, so ys des hilligen,
groten lerers Augustini meninge nüwerlde gewest,
dat he uns sünderlike gebode unde conscientien-
stricke mit synem schrivende wolde maken, dar uns
Gott fry van hefft gelaten unde uns nicht geboden,
alse Augustinus yn synen böken vaken7 bekennet
unde flitich schrivet8. Darto so hefft ock Augustinus
edder ein ander, went ock ein engel vam hemmel
were, nene macht, uns wat nyes to makende, dat
uns Godt dorch syne hilligen apostel unde pro-
pheten, dat ys, yn der hilligen schrift, nicht bevolen
hefft, Gala. 2 [= 1, 8]. Wente Paulus secht Ephe. 2,
[20], dat de Christen gebuwet synt up dat funda-
mente der aposteln unde propheten, dar Christus
de högeste eggestein ys etc. Augustinus unde andere
prediger unde doctores synt allene schöler unde
leren van den propheten unde aposteln, wat se vord-
an schöllen leren unde schriven bet ynt ende der
werlt, dar wert nicht anders ut.
Bicht9.
Yfft uns nu wol de ohrenbicht nicht geboden ys,
so ys se uns doch nicht vorboden, alse etlike swer-
men unde maken de lüde ro unde loss, unde wy
denen darmede unsem negesten yn syner högesten
nodt der sünden edder synt öhm tröstlick mit der
absolution, welck uns truwen van Godde geboden
ys, dat wy solckes jegen unsem negesten nicht

4 = lügen; vgl. Schiller und Lübben II, 650.
5 AaO. 17 (MSL 40, 1128): ,,Quod quoniam vix licet,
de eius salute Augustinus potuit dubitare...".
6 = schon (wennschon Augustin...); vgl. Schiller
und Lübben III, 439f.
7 = oft; vgl. oben S. 837, Anm. 10.
8 Z. B. Contra litteras Petiliani III, 6 (MSL 43, 351);

schöllen vorsümen, so könne wy nu der ohrenbicht
seer nüthck, gödtlick unde christlick gebruken.
Tom ersten, dat de lüde bliven by der erkentenisse
öhrer sünde. Wenn se nicht darby bleven, so wörden
se lose unde whde ane alle goddesfrüchte, alse de
psalm secht: By dick ys gnade, dat men dick
früchte [Ps 130, 4].
Tom andern: Ydt ys doch nenerleyewiss van-
nöden, dat me alle dat bichte, wat me bedenken
kan, alse wy tovören mit der papenbicht synt ge-
martert, unde ydt kan ock nicht geschen. Dat ys
darut klar, wente ys uns de ohrenbicht nicht ge-
boden, so ys uns dit ock nicht geboden, dat wy alle
sünde dar schöllen hertellen.
Tom drüdden, so ys ydt gelickwol gudt, dat du
dar bekennest dat gröveste, dat dick dach unde
nacht drücket yn dyner conscientien, unde lest dick
dar mit Goddes worde underrichten, trösten unde
absolveren. So werstu dorch Goddes wort, sentenz
unde gnadenördel des düvels loss, de dick plagede
yn der conscientie dach unde nacht. Is dick solcke
bichte nicht gudt ? Noch lere wy darneven, dat ock
solcke bicht uns van Godde nicht geboden ys, se ys
dick överst nütte unde gudt.
Tom veerden: Wenn du wult tom sacramente gan,
erkennet dick de prester, dat du so vorstendich bist
unde heffst nene sünde, de du bichten wult, so
schaltu doch bichten unde bekennen dynen geloven
unde ynt gemene dick vor einen sünder bekennen,
dat de prester wete, yfft he dick ock tom sacramente
laten schal.
Tom vöfften ys dat dat alderbeste, dat wy halen
yn der bicht de absolution, dat ys, dat wy dar mit
Goddes worde, mit dem leven evangelio loss ge-
sproken werden van allen sünden. In der gemenen
predige des evangelii könne wy to tiden de absolu-

De gratia Christi I, 41 ff. (MSL 44, 381). Vgl. auch
Corvinus, KO für Calenberg-Göttingen 1542 (Seh-
ling VI, 2, 754f.).
9 Fast wörtliche Übereinstimmung mit Wolfenbüttel
1543 (Sehling VI, 1, 65). Zu Bugenhagens seel-
sorgerlichem Anliegen vgl. bes. Braunschweig 1528
(Sehling VI, 1, 414).

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