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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0179
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Stadt Hildesheim

Gleichd aber wie eß nu zu der zeit Juliani und
hernach vorder dem bapstumb gangen ist, also lest
eß sich fast jetzt zu diesen unsern bösen und letzten
zeiten auch ansehen, dan, nachdem der allmechtige,
gutige Gott zu seiner zeit sein gnediges, gutiges,
väterliches herz zu uns blinden menschen wenden
wollte, hat er allgemach die schulen ein weinig
wieder geoffnet, etliche feine, gelerte leute gegeben,
durch welche etlichermaßen die sprachen und ande-
re kunste in den schulen herfurgebracht worden,
unter welchen er auch den teuren, heiligen man D.
Lutherum seliger gedachtnuß erwecket hat, durch
welchen, alß seinen außerwehlten rustzeug, er deut-
schen lande seine heilige, göttliche, ewigee warheit
an tag gegeben, gephanzet und vortgesetzet hat,
also, das man nu in aller welt davon zu singen und
sagen weiß, und hat der liebe Gott auch dabey seinen
lieben, gehorsamen Christen etliche furnehme schu-
len erbauet, geoffnet und erhalten, feine, gottselige,
gelerte leute, so der kunste und sprachen recht
kundig, in großer anzahl gegeben und durch diesel-
bigen viel andere auß der jugend zu derselbigen
erkentniß auch erziehen und bringen laßen, dar-
durch die kirchen Gottes merklichen fortgesetzet
und außgebreitet worden, und also Gottes name
durch außbreitunge seines allein seligmachenden
worts weit und breit geheiliget,f und sein gottlicher
wille mit grundlicher ohenbarung des reichs der
leydigen schlangen und ihres vicarij und stadthal-
ters, des antichrists zu Rom6, und unaußsprechh-
d 146/24: Weiln
e 146/24: ,,ewige" fehlt.
f 146/24: + sein reich vermehret und ausgebreitet,
g 146/24: ,,einnemen" fehlt.
h 146/24: ersihet
köler gleubt. Wie man auch von dem großen Thoma
Aquino sagt, das er an seinem ende fur dem teufel
nicht hat bleiben konnen, bis das er sprach: Ich
gleube, was in diesem buch stehet, und hatte die
bibel in armen. Aber Gott verleihe uns solchs glau-
bens nicht viel, denn wo diese nicht anders haben
denn also gegleubt, so hat sich beide, doctor und
köler, in abgrund der hellen hineingegleubt." Jedoch
scheint unsere Ordnung nicht einen blinden, über-
zeugender Gründe entbehrenden Glauben zu meinen,
sondern einen positiven Sinn in dem Sprichwort ge-
sehen zu haben. Vgl. A. Ritschl, Fides inplicita,
Eine Untersuchung über Köhlerglauben, Wissen und
Glauben, Glauben und Kirche, hrsg. v. O. Ritschl,

chen abbruchs ihres hellischen reichs geschehen und
außgerichtet ist.
Aber wie der Herr Christus sagt, tut eß dem
starken gewapneten bitterlichen wehe, das er sein
pallast, das er so lange zeit mit guter ruhe innege-
habt, und seinen harnisch und raub, darauf er sich
verlaßen, verheren und entperen soll, durchwandert
derwegen durre stete und suchet raum, lest eß an
keiner muhe, sorge oder arbeit erwinden7, damit
er sein hauß wieder einbekommen und es siebenmal
gewaltiger alß zuvor einnemeng, darinne sitzenund
wohnen muge L[uk 11, 21-26].
Und dieweil die menschen, den Gott seine unauß-
sprechliche gnade so höchlich erzeiget, ihme darfur
undankbar, ungehorsamb und zu des satans reich
mehr dan zu seinem geneigt und gewillet sein, alß
das auch Gott selbst solche boßheit in die lenge
nicht ungestrafft laßen kan oder will, und aber
solche sunde endlich, wenn andere straffen, der
wir bißher nicht wenig auf dem halse gehabt, nicht
helfen wollen, mit dem hunger und entziehung
seines worts zu straffen pfleget, eß sieheth auch der
listige, böse geist darumb seinen forteh und greifts
am rechten orte an, das entweder die schulen zer-
störet oder allein den ketzern und rottengeistern
und schwermern geoffnet und sie zum höchsten ge-
schutzet, verteidiget, geehret und gefordert werden,
also, das eß sich leßet ansehen, alß wolte Gott ver-
hengen, das der teufel seines gefallens nicht allein
einen Apostatam, sondern deren viel zu straff unser
Bonn 1890, 1; K.F. W. Wander, Deutsches Sprich-
wörter-Lexikon II. 1870, 1461.
6 Luther hat die Gleichsetzung zwischen Antichrist
und Papst nur sehr allmählich vollzogen. Zunächst
hat er wohl die Kurie als corpus und Wirkungsbe-
reich des Antichristen bezeichnet, den Papst aber
ausgenommen (Resolutio Lutheriana super proposi-
tione sua decima tertia de potestate papae (per
autorem locupletata) 1519, WAII, 205); in be-
stimmter Wendung erscheint der Papst bei ihm als
Antichrist in einem Brief vom 24.2.1520 (WA Br II,
48 ff.), sodann öffentlich in der Schrift ,,An den
christlichen Adel..." 1520 (WA VI, 381 ff.); vgl.
E. Kohlmeyer, Zu Luthers Anschauungen vom
Antichrist und von weltlicher Obrigkeit; Archiv für
Reformationsgeschichte 24 (1927), 142ff., bes. 145f.;
Ernst Wolf, Peregrinatio2. 1962, 139. 141ff.
7 = fehlen; vgl. Grimm, DeutschesWörterbuch III,
1064ff., bes. 1066.

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