Stadt Hildesheim
mulcta29 beleget werden. Ob sich aber einer an solche
geringe straff nicht kehren und ofte seumig seinl
wurde, soll ein ander ernst kegen ihme furgenommen
und gebraucht werden. Im gleichen fall soll eß auch
also deß Sontageß und Mittwochens mit dem kirch-
gange zu S. Andreae und mit den deductionibus
funerum, sonderlich deß Sontageß, da alle collegen
in puncto primae fur der schule kegenwertig sollen
sein, deßgleichen die knaben eben auf selbige zeit
bei straff bescheiden werden, damit dem gotteß-
dienste alhie zu S. Andreae keine hinderung und
abbruch geschehe, wie man bißher oft erfahren,
ohne einige außrede und entschuldigung und bey
vermeidung grosseren straffe gehalten werde.
Eß ist auch bißher im brauch gewesen, das alle-
zeit 14 tage fur Michaeliß und 14 tage fur Ostern
die mutationes in der schulen angangen, wen man
zuvor examina gehalten und den fleiß der docentium
sowol alß der discentium eingenommen und erkun-
diget durch die herrn deß30 ehrwurdigen ministerii31,
etzliche comissarien deß rats und die provisoren der
kirchen und schulen32zu S. Andreas, dabei mans,
weil eß in steden gebrauch, ferner will bewenden
lassen, doch das nach gemelter zeit die lectiones aufs
forderlichste alß immer muglich wieder angestellet
und vurgenommen underm33 knaben bestes fur
allen ding gesucht und befurdert werde.
Und dieweil fur anfangeß der lectionum die kna-
ben, so sich gebessert haben, in andere und hohere
classes transferiret werden und sonsten nicht, da eß
bißweil gangen zu grosem und merklichen verderb
derselben schuljugent nach gunst und nicht nach
kunst, so wolln diese unordenungo hinfurt genzlich
aufgehoben und abgeschaffet sein, und sollen viel-
mehr die ingenia discipulorum und studiorum pro-
fectus von den praeceptoribus in gute acht genom-
men und darnach diß werk reguliret und angestellet
werden. Im fal sich auch etzliche nicht verbessern
oder durch nachlessigkeit Johannes in eodem blei-
ben34 und schlimmer worden, sollen sie wieder zu-
ruck abwertz gesetzet werden.
Zum dritten: Von der disciplin inß gemein und insonderheit.
Es ist ein alt sprichwort allenthalben gemein und
heist also: Qui proficit in literis et deficit in moribus,
plus deficit quam proficit1. Freilich ist und bleibet
diß sprichwort wahr, und ist eine grose schande,
wen einer2 gelahrt ist und hat doch grobe, beuwri-
sche mores, sitten und geberden an sich, das er sich
bei andern guten, ehrlichen leuten nicht zu halten
weiß. Eß ist aber noch tausend mal erger, wen einer
bei seiner grosen kunst nicht gotselich und ein guter
Christe ist, derwegen wir fur hognötig achten, das
wir nicht allein dahin trachten, das die jugent mit
feinen, gelarten praeceptoribus und guten, nutzli-
l 146/24: ,,sein" fehlt.
m 146/24: und der
n 146/24: soll
o 146/24: verordnung
= multa = Strafe, meist Geldstrafe; vgl. K. E.
Georges, Ausführliches Lateinisch-Deutsches
Handwörterbuch, 11. Aufl. 1962, Bd. II, 1037.
Druckvorlage: deß deß.
31 Zum Ministerium vgl. Einleitung oben, S. 820f.
chen lectionibus versehen und versorget werden,
sondern auch, das sie zu aller gotteßfurcht, zucht
und ehrbarkeit gehalten und darin auferzogen
werden. Und wiewoll wier nicht alleß, was der ju-
gent allenthalben und in alle ihrem tun und lassen
sonderlich zu halten sei, hie erzehlen und furschrei-
ben konnen, welcheß wier den praeceptoribus in ihr
ampt befohlen haben wollen, so wollen wir doch
erstlich in genere von diesem stucke etwas melden,
den auch in specie.
In genere alhie etwas dafon zu melden, sagt
Salomon Pro. 22, 15: Torheit steckt dem knaben
32 Druckvorlage: schusten.
33 So die Druckvorlage; gemeint: und der.
34 Vgl. K.F. W.Wander, Deutsches Sprichwörter-
Lexikon II. 1870,1021.5: Er bleibet immer Johannes
in eodem und bessert sich nicht, oder, und singet
das Weltliedlein.
1 Vgl. J.G.Seybold, aaO. 495; vgl. auch K.F.W.
Wander, Deutsches Sprichwörter-Lexikon IV.
1876, 578f. 46.
3 Druckvorlage: wen einer wen einer.
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mulcta29 beleget werden. Ob sich aber einer an solche
geringe straff nicht kehren und ofte seumig seinl
wurde, soll ein ander ernst kegen ihme furgenommen
und gebraucht werden. Im gleichen fall soll eß auch
also deß Sontageß und Mittwochens mit dem kirch-
gange zu S. Andreae und mit den deductionibus
funerum, sonderlich deß Sontageß, da alle collegen
in puncto primae fur der schule kegenwertig sollen
sein, deßgleichen die knaben eben auf selbige zeit
bei straff bescheiden werden, damit dem gotteß-
dienste alhie zu S. Andreae keine hinderung und
abbruch geschehe, wie man bißher oft erfahren,
ohne einige außrede und entschuldigung und bey
vermeidung grosseren straffe gehalten werde.
Eß ist auch bißher im brauch gewesen, das alle-
zeit 14 tage fur Michaeliß und 14 tage fur Ostern
die mutationes in der schulen angangen, wen man
zuvor examina gehalten und den fleiß der docentium
sowol alß der discentium eingenommen und erkun-
diget durch die herrn deß30 ehrwurdigen ministerii31,
etzliche comissarien deß rats und die provisoren der
kirchen und schulen32zu S. Andreas, dabei mans,
weil eß in steden gebrauch, ferner will bewenden
lassen, doch das nach gemelter zeit die lectiones aufs
forderlichste alß immer muglich wieder angestellet
und vurgenommen underm33 knaben bestes fur
allen ding gesucht und befurdert werde.
Und dieweil fur anfangeß der lectionum die kna-
ben, so sich gebessert haben, in andere und hohere
classes transferiret werden und sonsten nicht, da eß
bißweil gangen zu grosem und merklichen verderb
derselben schuljugent nach gunst und nicht nach
kunst, so wolln diese unordenungo hinfurt genzlich
aufgehoben und abgeschaffet sein, und sollen viel-
mehr die ingenia discipulorum und studiorum pro-
fectus von den praeceptoribus in gute acht genom-
men und darnach diß werk reguliret und angestellet
werden. Im fal sich auch etzliche nicht verbessern
oder durch nachlessigkeit Johannes in eodem blei-
ben34 und schlimmer worden, sollen sie wieder zu-
ruck abwertz gesetzet werden.
Zum dritten: Von der disciplin inß gemein und insonderheit.
Es ist ein alt sprichwort allenthalben gemein und
heist also: Qui proficit in literis et deficit in moribus,
plus deficit quam proficit1. Freilich ist und bleibet
diß sprichwort wahr, und ist eine grose schande,
wen einer2 gelahrt ist und hat doch grobe, beuwri-
sche mores, sitten und geberden an sich, das er sich
bei andern guten, ehrlichen leuten nicht zu halten
weiß. Eß ist aber noch tausend mal erger, wen einer
bei seiner grosen kunst nicht gotselich und ein guter
Christe ist, derwegen wir fur hognötig achten, das
wir nicht allein dahin trachten, das die jugent mit
feinen, gelarten praeceptoribus und guten, nutzli-
l 146/24: ,,sein" fehlt.
m 146/24: und der
n 146/24: soll
o 146/24: verordnung
= multa = Strafe, meist Geldstrafe; vgl. K. E.
Georges, Ausführliches Lateinisch-Deutsches
Handwörterbuch, 11. Aufl. 1962, Bd. II, 1037.
Druckvorlage: deß deß.
31 Zum Ministerium vgl. Einleitung oben, S. 820f.
chen lectionibus versehen und versorget werden,
sondern auch, das sie zu aller gotteßfurcht, zucht
und ehrbarkeit gehalten und darin auferzogen
werden. Und wiewoll wier nicht alleß, was der ju-
gent allenthalben und in alle ihrem tun und lassen
sonderlich zu halten sei, hie erzehlen und furschrei-
ben konnen, welcheß wier den praeceptoribus in ihr
ampt befohlen haben wollen, so wollen wir doch
erstlich in genere von diesem stucke etwas melden,
den auch in specie.
In genere alhie etwas dafon zu melden, sagt
Salomon Pro. 22, 15: Torheit steckt dem knaben
32 Druckvorlage: schusten.
33 So die Druckvorlage; gemeint: und der.
34 Vgl. K.F. W.Wander, Deutsches Sprichwörter-
Lexikon II. 1870,1021.5: Er bleibet immer Johannes
in eodem und bessert sich nicht, oder, und singet
das Weltliedlein.
1 Vgl. J.G.Seybold, aaO. 495; vgl. auch K.F.W.
Wander, Deutsches Sprichwörter-Lexikon IV.
1876, 578f. 46.
3 Druckvorlage: wen einer wen einer.
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