Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0191
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Stadt Hildesheim

verreizen oder uber den kopfz zihen, derwegen wir
solches alleßacassiren oder im fal dawieder delin-
quiret, entweder mit abkurzungb deß solarii oder
ander straffe ein ernstlich einsehn hahen wollen.
In specie aber und sonderlich seind nachfolgen die
regulen in acht zu nehmen, nach welchen sich unsere
schuldiener gegen der jugent endlich halten und
daran nichts mangeln laßen sollen.
I. Von der kirchenzucht.
1. Weil denn die furcht des Herrn dercweißheit
anfang [Ps 111, 10], so befehlen wir hiemit ernst-
lich allen unßern schuldienern, das sie alle knaben,
es möchte der gar kleinen hierinnen verschonet
werden, mit ernst und straffe dahin halten, daß sie
zu rechter zeit, und sobald das leuten geschicht vor-
mittags und nachmittags, des Sonntags zu S. An-
dreae in der schulen und in andern pfarrn, dahin sie
gehören, in der kirchen sein, und soll in einer jeden
kirch von einem besondern cüstode ein catalogüs
gemacht und gehalten werden, darinne alle knaben
und paedagogi, so in selbige pfarrkirch gehörig, mit
namen verzeichnet, die tarde venientes und absen-
tes fleissig notiret und nach gepur gestrafft werden
sollen, denn wir daß unordenthche kommen und
laufen ferner nicht gestatten wollen.
2. In der kirch sollen die knaben, die es können,
mitsingen, die kleinen aber still schweigen, sollen
unter der predigt, auch unter der litaney12 still und
zuchtig sitzen oder stehen und fleissig mitbeten, der
predigt mit christlicher andacht zühören, da denn
die superiores, alß primani und secundani, die
disposition der predigt oder den statum concionis
und praecipua eius capita aufschreiben und vor-
zeichnen, die andere sonsten etzliche feine, furnehmed
spruch daraus anmerken sollen, das, wenn sie da-
rauß examiniret, ein jeder richtige antwort konne
geben, und soll auch solches durch die praeceptores
erfoddert und der unfleiss nach gepur gestraft wer-

z 146/24: korf
a 146/24: + hiemit
b 146/24: + oder entzihung
c 146/24: aller
d 146/24: ,,furnehme" fehlt.

den. Zu welchem ende denn nicht allein die schul-
diener, so vorhanden, ein heissiges aufsehen haben
sollen, sondern es sollen die confabulantes, oder die
unter der predigt schlaffen, durch einen eigen
custodem, der unter der predigt herumbgehen und
darauf gute, genaue acht geben soll, angezeichnet
und ernstlicher alß sonst gestrafft werden. Ja, der
rector selbst solle bald dieße, bald ein andere kirch
Sontags frue und mittags visitiren, damit alle un-
ordnung abgeschaft und die kirchendisciplin in kei-
nen abgang geraten möge, dannenhero13 den kna-
ben auß- und einzulaufen mitnichten soll gestattet
werden.
3. Den kirchgang zu S. Andreas sonderlich be-
treffent, soll es damit wie bißhero geschehen, des
werkel- und Sontags zu bestimter zeit angestellet
werden. Sonderlich sollen die knaben deß Sontags
zur meßpredigt, wie mans nennet, und zur vesper-
zeit in der schull sich versamlen, da in der ersten
predigt der cantor wie gebreuchlich, zur vesperpre-
digt aber aucheandere schullcollegen neben der
ordnung hergehen sollen und die knaben in die
kirch geleiten, und soll mit dem außgang gleicher-
massen gehalten werden, wie es denn auch des
Sonnabends zur vesperpredigt zu S. Andr. eben-
meßig gehalten werden soll, und dasselbe soll ohn
allen tümult zu jeder zeit im eingang und außgang
fein zuchtig geschehn, damit aller unratfvermitten
bleibe.
4. In der kirchen sollen sommer- und winterszeit
alle knaben zusammen behalten werden. Da aber
jo einer nothalben hinaußgehen muße, so soll er
dazu von einem der praeceptoren veniam bitten und
fein zuchtig dahingehen, winterszeit aber sollen die
gar kleinen und die, so ubel bekleidet, in aller stille
dimittiret und hinaußgelassen werden.
5. Wann die knaben wieder auß der kirchen zu
S. Andr. kommen, sollen sie nicht, wenn sie auß der
kirchtuer gehen, voneinander laufen, sondern aus
der kirchtuer herab auf den kirchoff, damit andere
e 146/24: da in der ersten predigt aber auch
f 146/24: unart
12Vgl. oben S. 850 mit Anm. 21 u. 22.
13 Druckvorlage: danneicher. Text nach 146/24.

916
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften