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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0200
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9. Ratschlag uber alle kastenhern.
[1583]1

haben, daß hinfolgents einer jeden armen personen
nicht mer alß in einer oder zweien kirchen etwas mit-
geteilt werde. So hette auch hiebevor ein erbar rat
ernstlig geschloßen, daß die glocken in der stadt Uhr
nach S.Andreae4glocken eindrechliglich einstem-
men solten. Und welche glocke zu lanksam oder zu
frue nach laut der glocken S.Andreae schlagen
wurde, daß alßdan dem kuster, so oft solches ge-
scheige5, sein wochenbesoldung aufgezogen. Auch
da ehs oftmals geschehen und der diener ahn der
geringen straffe nicht warnen laßen wolte, ehr
daruhmb seines dienstes entsetzt werden solte, alß
wolte man den kastenhern auch bevolen haben,
darob ernstlig zu halten, ihre kosters darob zu vor-
warschauen6, auch nach befindunge sie ernstlich zu
straffen. Was aber die kastenhem S.Andreae son-
derlig betreffen tette, denen wolte ein erbar rat auf-
erlegt haben, daß sie jerliches 30, 40, 50 mer und
nicht weniger fuder haustucke in vorrat in den Haustucke
neuen turm furen laßen sollen, deren man kunftig-
lig zu gebrauchen haben muchte. Und weil auch
ein schon gewelbe fur der kleinen kirchtor nach
dem markte zu gebauet und zu einer kammern,
darinnen die schoßelen und topfe, welche man zu
den wirtschaften7 vorheuret8,vorwaret werden,
gemacht, so soll daßselbige furderligst wideruhmb
eroffnet und ihn den neuen turm, woferne daselbst
nicht albereit eines vorhanden, ein ander, so zu dero

Demnach die kastenhern alle der stadt Hildeß-
heim kirchen, alter gewonheit zufolge, Dingstages
nach Letare rechnung getan, welche vom erbarn
rate zur genuge angenomen wurden, die ehrledigte
stete der personen widerumb ersetzet, und alle
sembtlig in die raitsstuben wideruhmb ingefurdert,
alß hat der her burgemeister Henni Arneken2ihnen
sembtlig angezeigt, daß ein erbar rat ahn der be-
schehenen summarischen rechnung ein vollich ge-
fallen truge, tette sich auch kegen sie sambt- und
sonderlig gehabter muhe und angewantes fleißes
bedanken, wolte einen jeden in seine par wideruhmb
zum kastenhern bestettigt und daneben auferlegt
haben, daß sie sich hinfuro gleichmeßig, wie bishero
geschehen, der kirchen annemen und deren bestes
zu jeder zeit getreulig angelegen sein laßen solten.
Und wolte ein erbar rat hinfolgens ernstlig gehalten
haben, daß, wen die kastenhern wideruhmb rechen-
schaft tun wurden, daß sie alßdan auß einer jeden
par den pleibenden rest in einem beutel bei die rech-
nung nidersetzen und jederzeit ihren vorat ahn
gelde in einer sunderbaren clausur, darzu sie sembt-
lig einen schlußel haben, in der kirchen, wo ehs am
allerfugligsten geschehen konte, in einem gewelbe
oder der gerkamern3, vorwarlig stehend haben sol-
len. Und weil auch befunden wirdet, daß etzligen
armen personen in meren kirchen die prove zuge-
wendet, so sollen die kastenhern vleißige aufachtung

1 Druckvorlage: Stadt-A. Hildesheim, Hs. Alt-
stadt 154, Bd. I, fol. 23—24b. Kanzleireinschrift.
2 Zu Bürgermeister Henni Arneken s. Einleitung, oben
S. 825. Joachim Brandis berichtet in seinem Dia-
rium, 196: ,,Den 7. Januarii [1583] to gewointlicher
tyt wort upgehalet für einen nien bürgermeister
Henni Arneken in stidde Wolter Knoken, so für-
storven was...". Ebd. 500: ,,Im abgelaufenen 1601.
jahr den 18. Novembris ist b. Henni Arneken den
avend umme 10 slegen hastigen und erschrecklichen
krank geworden... Den 10. Julii [1602], war Sunn-
avend vor den 6. Sondag na Trinitatis, middag
umme 1 slag, ist er hastigen gestorben... Mondag,
den 12. Julii word he namiddag in de kirchen zu S.
Andreas begraven." Vgl. auch F. Arnecke, 197.
212. 225. Henni Arneke war Bürgermeister 1583—

1587; 1589-1590; 1595-1600 (jeweils ein Jahr regie-
render, ein Jahr Nachbürgermeister).
3 = Sakristei; vgl. Schiller und Lübben II, 69;
Lasch und Borchling II, 79.
4 Zur Andreaskirche s. Einleitung, oben S. 794. Voll-
schlagglocke mit der Inschrift: ,,Anno dni m. ccccc
xxx v. II. jhesus. maria. anna. sancte. andree. brant.
helmes. me. fecit." Vgl. Kunstdenkmäler der Pro-
vinz Hannover II, 4, 164; auch H. W. H. Mithoff
III, 153.
5 = geschähe; vgl. Schiller und Lübben II, 76;
Lasch und Borchling II, 83.
6 = warnen; vgl. Schiller und Lübben V, 498;
Lasch und Borchling I, 965.
7 = Festlichkeiten, bes. Hochzeiten; vgl. Schiller
und Lübben V, 690.
8 = vermietet; vgl. Schiller und Lübben V, 373.

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