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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0267
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Grafschaft Oldenburg

volk teglich und imerdar einbilden und erkleren
sollen1.
Ist der heilige Geist auch warer
ewiger Gott?
Antwort:
Ja, denn also stehet geschrieben Genes. [2]: Der
Geist Gottes schwebet auf dem wasser. Item
Psal. 33 [6]: Alles heer des Herrn ist durch den
Geist seines mundes gemacht. Und Hiob spricht
cap. 33 [4]: Der Geist Gottes hat mich gemacht.
UndimNeuenTestament haben wir die offenbarung
Gottes, wie oben gesagt, das Gott der Vater, Gott der
Son und Gott der heilige Geist ein einiger warer Gott
sey, der sich in der tauf des Herrn Christi hat geoffen-
baret, daher denn das wort Iehova oder Herr, welches
in der heiligen schrift allein dem ewigen göttlichen
wesen wirt zugeeignet, auch dem heiligen Geist ge-
geben wirt, wie davon weitleuftiger und gnugsamer
bericht aus den obgemelten büchern zu nemen ist2.
Darumb auch die reine kirche je und allewege also
gesungen und gebetet hat und bis zu end der welt
beten wird: Veni, creator Spiritus, imple superna
gratia, quae tu creasti, pectora3. Kom, Gott
schöpfer, heiliger Geist, besuch das herz der men-
schen dein, mit gnaden sie füll, wie du weist, das
dein geschöpf vorhin sein4 Veni, sancte Spiritus5.
Kom, heiliger Geist, Herre Gott etc.6.
Gehet der heilige Geist sowol vom Son aus
als von dem Vater?
Antwort:
Ja, denn der Son Gottes sagt selbs: Ich wil euch
1 In diesem Abschnitt größtenteils wörtliche Anleh-
nung an Melanchthon, Der ordinanden examen
1552, MW VI, 179f.; Sehling V, 164.
2 Vgl. Loci 1543 etc. (tertia eorum aetas); CR 21,
629ff; MW II, 1, 204ff.; N. Selneccer, Inst.
Christ. Rel. I, 217ff. ,,De Spiritu sancto." 224:
,,Spiritui sancto tribuitur appellatio Iehova, quod
sit Dominus Deus."
3 Pfingsthymnus, als dessen Verfasser Hrabanus Mau-
rus († 856) gilt: ,,Veni, creator Spiritus, Mentes
tuorum visita, Imple superna gratia, Quae tu
creasti pectora..."; vgl. Wackernagel I, Nr. 104;
Kulp, Nr. 97.
4 Der lateinische Hymnus wurde schon im Mittelalter
ins Deutsche übersetzt (Handschriften aus dem 12.,
13., 15. Jh.). Während der Reformationszeit erfuhr

den tröster senden. Und Johan. 20 [22] blöst er
seine jünger an und gibt ihnen den heiligen Geist.
Darumb auch Paulus spricht, Roma. 8 [9]: Wer den
Geist Christi nicht hat, der ist nicht sein. Item
Galat. 4 [6]: Gott hat gesand den Geist seines Sons
in eure herzen, der schreiet: Abba, lieber Vater.
Solche fragen sollen die pastores ihren zuhörern
treulich und vleissig erkleren, das sie ihren Gott,
wie er in seinem wort sich geoffenbaret, recht er-
kennen lernen. Denn in demselben waren erkentnis
stehet das ewige leben, Johan. 17 [3]. Und die Gott
nach seinem wort nicht recht erkennen, die helt er
für heiden, uber welche er seinen zorn ausgiessen
wil. Es sollen auch die leut oft berichtet werden,
das sie sich gewenen sollen, nicht aüein so viel von
Gott zu wissen, zu gleuben und zu sagen: der ewig,
lebendig, allmechtig, gütig Gott, der alles geschaf-
fen hat etc., denn so viel können die heiden auch
wissen und sagen, sondern wenn sie gefragt werden,
wie sie ihren Gott erkennen oder wer unser Herr
Gott sey, das sie einfeltig antworten, es sey Gott
Vater, Son und heiüger Geist; denn auf den glauben
sind wir getauft, im namen des Vaters, des Sons und
des heiligen Geists. Und sollen die gebreuchlichen
reden, so der schrift gemess und die lere fein unter-
schiedenlich erkleren, behalten werden, nemlich,
das ein einiges ungetrennetes, göttliches wesen sey
und in demselben einigen wesen drey underschiedene
personen: Gott Vater, Son und heiliger Geist, eins
wesens, gleicher macht und herligkeit, und das
gleichwol der Vater nicht sey der Son, item der Son
sey eine andere person denn der heilige Geist, und
sollen die leute fein deutlich und bescheidentlich
er auch von Thomas Müntzer eine deutsche Über-
tragung; vgl. Deutsches Kirchenamt, in: Thomas
Müntzer, Schriften und Briefe (Quellen und For-
schungen zur Reformationsgeschichte 33), hrsg. von
G. Franz. 1968, 153f. Unser Text nach der deut-
schen Bearbeitung Luthers von 1524, zuerst er-
schienen im Wittenbergischen Sangbüchlein und in
den Erfurter Enchiridien. Vgl. Wackernagel III,
Nr. 20; WA 35, 5. 20. 40. 161 f. 446f. 508f.; Ev.
Kgb. u. Kulp, Nr. 97; G. Hahn, Martin Luther.
Die deutschen geistlichen Lieder. 1967, 35 ff. Im
Babstschen Gesangbuch (vgl. dazu oben S. 780,
Anm. 3) I, Nr. X.
5 Zur lateinischen Antiphon vgl. oben S. 869, Anm. 6.
6 Zum Lied Luthers vgl. oben S. 782, Anm. 15.

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