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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0271
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Grafschaft Oldenburg

er gemacht hatte, und sihe, es war sehr gut. Sollen
auch anzeigen, das die welt nicht von ewigkeit ge-
wesen sey, und das sie nicht ewiglich also bleiben
sol, sondern werden in kürz ein ende nemen, da der
Son Gottes alle dinge wird verneuren und richten
die lebendigen und die toden, item, das nur ein
einige welt sey und sonst keine, und das alle welt,
engel und menschen zur erkentnus, dienst, lob und
preis Gottes erschaffen sind.
Item, das bey der erschaffung die erhaltung der
creaturn auch sol verstanden werden. Denn Gott
ist nicht von seinem werk weggangen, wie ein
zimmerman vom schiff, das er gebauet hat, weg-
gehet und lest es darnach andere regieren und
flicken, sondern er bleibt bey seinen creaturn, bey
himel und erden, engel und menschen, und machet
die erden jerlich fruchtbar, gibt allen gewechsen,
tieren und menschen kraft und leben, wie in Actis
[17, 28] geschrieben ist: In ihm haben wir leben,
regung und wesen3.
Und ist dieses auch sehr nötig zu merken: Gott
erhelt seine ordnungen in creaturn, doch unge-
zwungen und freywillig, vorhindert oft und segnet
nicht die erden und lest die menschen sterben umb
grosser sünden willen. Dagegen segnet er oft die
erden, gibt er gesundheit, sterkt die natur und gibet
sonst glück und allerley grosse gaben, seiner kirchen
zugut, die ihn anrufft, wie er spricht Deut. 30 [20]:
Gott ist dein leben und die lenge deiner tage. Dieses
sol man im gebet betrachten, das man wisse, das
Gott die creaturn und unser leben in seiner hand
hat und kan und wil helfen, auch uber die natürliche
gemeine weise4
Von dem fall des menschen5.
Ob der mensch im anfang gut,
gerecht und from von Gott erschaffen sey?
ewige Vater sampt dem ewigen Son und heiligen
Geist alle andere ding, himel und erden, engel und
menschen und alle andere creaturn ungezwungen,
freiwillig aus nichts erschaffen."
3 Dieser Absatz lehnt sich eng, weithin wörtlich an
Melanchthon, Der ordinanden examen 1552, an,
MW VI, 180f.; Sehling V, 164.
4 Der ganze Absatz wörtlich nach Melanchthon,

Ob er in derselben gute und
gerechtigkeit bestanden sey?
Denn dieses ist ganz gewis und festiglich zu halten,
das Gott alle creaturn gut erschaffen hat, wie im
ersten buch Mose im 1.cap. [31] klar ausgedrucket
ist, und ist gewislich war, das der mensch darzu
erschaffen ist, das Gott in ihm wonen und ihm Gott
seine weisheit und gütigkeit mitteilen wolt. Hat ihn
darumb erstlich also erschaffen, das er ihn begabet
hat mit den höchsten gütern, die in Gott sind, nem-
lich mit weisheit, gerechtigkeit und freiem willen,
das er ein rein ebenbild Gottes were. Und haben die
ersten menschen, Adam und Eva, diese güter sollen
uff die nachkomen erben, so sie im gehorsam be-
stendig blieben weren, und hette Gott seine wonung
und freude in den menschen gehabt. Aber Adam
und Eva sind durch des teufels anreizung und ihren
freien willen dem göttlichen gebot ungehorsam
worden und sind also in ungnad, sünd und todt
gefallen und sind von dem mörder verwundet und
beraubt worden, wie solches Luce im 10.cap. [25ff.]
angezeigt ist. Beraubt sind sie der gnaden, das sie
nicht mehr Gott gefellig gewesen sind und haben
darzu verloren die hohen gaben, das schöne liecht
von Gott im verstand und den gehorsam im herzen,
item das leben. Uber dis sind sie verwundet, das
der verstand vol zweifels und irrtumbs ist und das
herz vol unordentlicher neigung, flucht und töd-
lichen schreckens in allerley betrübnis. Und hetten
also die menschen im leiblichen und ewigen tode
bleiben müssen, so nicht der Son Gottes fürbitter
und mittler worden were.
Und ist nötig, hie zu erinnern, das gewislich war
ist und festiglich zu gleuben, das Gott nicht ursach
ist der sünden. Er wirket sie nicht, hilft nicht darzu,
wil sie nicht, sondern zürnet grausamlich wider sie.
Aber der teufel und menschen wille selbs ist ursach
der sünden6.
Der ordinanden examen 1552, MW VI, 181; Sehling
V, 164.
5 Melanchthon, Der ordinanden examen 1552, MW
VI, 181; Sehling V, 164: ,,Vom fall der ersten
menschen."
6 Die beiden letzten Absätze im allgemeinen wörtlich
nach Melanchthon, Der ordinanden examen 1552,
MW VI, 181f.; Sehling V, 164f. Benutzt scheint die
2. Wittenberger Ausgabe; vgl. MW aaO. Anm. 24.

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