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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0285
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Grafschaft Oldenburg

angst lernet man, was dieses gesetz ist, und sonst
kan man es mit worten nicht ausreden.
Darumb ist auch allzeit dieses ewig gesetz, lex
moralis, und urteil wider die sünde in Gottes kirchen
von Adams zeiten gepredigt und hat es der Herr
Christus selbs oft erholet und spricht Paulus [Rm 3,
20]: Durchs gesetz ist erkentnüs der sünden, und
ist ganz gewis, das Gottes wille und ernstlicher be-
fehl ist, das man dieses ewige gesetze in seiner kir-
chen predige aus diesen beiden ursachen, das wir
dadurch wissen, wie der gehorsam, den wir Gott
schültig sind, sein solt und also unsere sündige un-
reinigkeit und ubertrettung erkennen und fur Gottes
zorn erschrecken, und das die bekerten Gottes wort
haben, daraus sie gewis sind, welche werke die rech-
ten gottesdienste sind8.
Von diesen dreyen teilen im gesetz Mosi ist hoch
nötig, das alle verstendige christliche menschen
davon ein zimlichen bericht9 haben und sonderlich
darneben bedenken, wie und warumb Gott das
regiment Israel also mit weltlicher regierung an
einem gewissen ort und auf bestimpte zeit geordnet
hat. Und ist dis die fürnemste ursach10 :
Gottes allergnedigster wille ist, das wir seinen Sohn
Jhesum Christum erkennen, und umb dieses willen
samlet er ihm für und für eine kirche im mensch-
lichem geschlecht.
Damit nun gewis were, wo der Herr Jhesus
Christus solte geboren werden und predigen, leiden,
aus dem tode widerumb in das leben auferstehen
und mirakel tun zu zeugnis der lere, hat Gott das
volk Israel von allen heiden abgesondert und diesem
volk ein eigen weltlich regiment gestellet und einen
stam darin ernennet, aus welchem der heiland,

8 Hier ist der dritte usus legis, der usus didacticus an-
gesprochen. Vgl. dazu FC, Epitome und Solida
declaratio VI, Bek. Schr., 793ff. 962ff. - Die beiden
letzten Absätze unseres Textes in wörtlicher Über-
einstimmung mit Melanchthon, Der ordinanden
examen 1552, MW VI, 185; Sehling V, 166.
9 Melanchthon, Der ordinanden examen 1552, MW VI,
232; Sehling V, 184: verstand.
10 Der Absatz in enger, teils wörtlicher Anlehnung an
Melanchthon, Der ordinanden examen 1552, MW
VI, 232; Sehling V, 184. Melanchthon läßt dort ein
neues Kapitel beginnen unter der Überschrift: ,,Von
den dreien teilen im gesetze Mose". Kapitelanfang:

messias solt geboren werden, und hat ihnen ein
platz eingeben, der wol bekand gewesen, zwischen
den bekanten und grössesten königreichen, Assyria,
Chaldea, Egypto, schier auf dem mittel der erden.
Und hat Gott grosse mirakel für und für in diesem
volk offentlich getan, das man gewislich wüste, das
diese einige lehre recht were, welche in diesem volk
durch seine propheten gepredigt ist, und das in
diesem volk der Son Gottes erscheinen würde und
sein gros wunderbarlich werk ausrichten11.
Darzu hat Gott also diesem volk ein eusserlich
regiment gefasset, das vom auszug aus Egypto bis
zum leiden und zur auferstehung Christi 1543 jar
gestanden ist12.
Und ist auch ein besondere woltat Gottes ge-
wesen, das er also ein gewisse schul aufgerichtet
und so lange zeit erhalten hat, darvon man gewis-
lich gewust hat, das darin göttliche warheit und
etliche rechte lerer für und für zu finden waren.
Wo nun weltliche regiment sind, da müssen bür-
gerliche gesetz sein von gerichten und straffen der
groben lastern, von erbschaften, von keufen und
verkeufen etc.13
Und damit dieses volk mit offentlichen klaren
unterscheiden von den heiden abgesondert were,
sind dabey viel ceremonien von unterscheid der
speise, von festen und opfern geordnet. Und dieweil
der messias hat in diesem volk erscheinen sollen,
sind die ceremonien zugleich bilder und erinnerung
gewesen von messia, als das osterlamb etc.14 Und
ist in summa ein sehr schön, zierlich regiment ge-
wesen, desgleichen sonst auf erden kein königreich
gesehen ist.
Neben diesen zweyen teilen der gesetz, die man

,,Es ist hoch nötig, das alle verstendige christliche
menschen..
11 Die beiden letzten Absätze wörtlich nach Melan-
chthon, Der ordinanden examen 1552, MW VI,
232; Sehling V, 184.
12 Nach der Berechnung des Philo; vgl. Melan-
chthon, Chronicon Carionis latine expositum et
auctum..., CR 12, 720f.
13 Die drei letzten Absätze wörtlich nach Melan-
chthon, Der ordinanden examen 1552, MW VI,
232; Sehling V, 184.
14 Melanchthon denkt an Allegorien, Figuren, Typen.
Loci 1521: ,,Nec allegoricam interpretationem

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