Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0222
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Goslar

Wie bereits in der Kirchenordnung von 1531 (Nr. 7, S. 249) wird auch in der Zuchtordnung die Erlaub-
nis zur Eheschließung vom Besitz des Bürgerrechts abhängig gemacht. Überhaupt spielt das Bürgerrecht
und die mit seinem Besitz verbundenen Pflichten (Leistung des Eides, Zahlung des Schoßes) in dieser
Ordnung eine ungewöhnlich große Rolle. War in der Kirchenordnung festgeschrieben worden, daß in Fällen
von Ehebruch oder einer seit langer Zeit bestehenden Trennung des Paares, der Rat eine Wiederverheira-
tung gestatten könne, ist hier nun ausdrücklich festgehalten, daß diese Genehmigung nur für den am
Zerwürfnis unschuldigen Partner gelte215.
14. Versorgungszusage für verarmte Söhne und Töchter früherer Stifter, 3. November 1539 (Text S. 273)
Im Jahr 1537 hatten der Rat, die Gilden und Gemeine in der sogenannten „Constitutio“ beschlossen, die
Erträge aus frommen Stiftungen in den Gemeinen Kasten fließen zu lassen und daraus die Geistlichen,
Lehrer und Armen zu versorgen. Entsprechend waren die Inhaber der Stiftungsbriefe aufgefordert worden,
alle Briefe, mit denen solche Stiftungen begründet worden waren, an den Rat auszuliefern. Bereits seinerzeit
war aber festgelegt worden, die Erträge aus solchen Stiftungen für die Nachfahren der Stifter zu verwenden,
wenn diese unverschuldet in Armut gerieten. Ihnen sollten dann die entsprechenden Zinse und Renten, de
zceit ires lebens ader so lange [,..]ßie [...] sollicher hulffe bedorfen, zur Verfügung stehen. Darüber hinaus sagte
man den Söhnen der Stifter Unterstützung zu, die ein Studium aufnehmen wollten, ebenso wie den Töch-
tern, die für ihre Heirat der Aussteuer bedurften.
In etwas veränderter Reihenfolge erscheint der genannte Personenkreis auch im Schreiben des Rates,
der Gilden und Gemeine vom November 1539. Die Nachkommen der Stifter hatten sich mit der Bitte an die
städtische Führung gewandt, ihnen eine schriftliche Bestätigung für die in der „Constitutio“ gemachten
Zusagen zu geben. Dieser Bitte kam der Goslarer Rat mit der „Verwilligung“ nach.
15. Ordnung für das Frauenkloster Frankenberg, 1542 (Text S. 275)
Nach der Hildesheimer Stiftsfehde war die Vogtei über die beiden Goslarer Frauenkonvente, das Zisterzi-
enserinnenkloster Neuwerk und das Magdalenerinnenkloster am Frankenberg, vom Bischof von Hildes-
heim an den Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel gefallen. In Herzog Heinrich d. J. fanden die beiden
Konvente einen mächtigen Beistand, der sie in ihrem Widerstand gegen die Reformation bestärkte216.
Wegen der Lage der Stadt herrschte beim Rat lange Zeit große Zurückhaltung gegenüber den Plänen des
Superintendenten Eberhard Widensee zur Aufhebung oder Umwandlung der Klöster. Besondere Vorsicht
war aber geboten, als am 25. Oktober 1540 das Reichskammergericht wegen des landfriedsbruchs an kloester
und kirchen im Jahr 1527 (s. oben S. 182) die Reichsacht über die Stadt verhängte217 und der Kaiser den
Herzog von Braunschweig mit der Vollstreckung der Acht beauftragte218.
Erst die politische Entwicklung der beiden folgenden Jahre eröffneten der Stadt dann genügend Frei-
räume, die Frage der Stifte und Klöster ohne den Druck des Herzogs anzugehen: Am 28. Januar 1541 hob
Karl V. die gegen Goslar verhängte Acht zunächst bis zum Reichstag in Regensburg auf; beim darauffol-
genden Reichstag in Speyer verlängerte König Ferdinand dann (in Abwesenheit des Kaisers) die Suspen-
dierung der Reichsacht auf unbestimmte Zeit219. Im Juli 1541 erklärte die Mehrheit der Mitglieder des
Schmalkaldischen Bundes den Streit der Stadt mit Herzog Heinrich auch endlich zur Religionsangelegen-
heit und sagte Goslar entsprechende Hilfe zu, nachdem diese bis dahin immer wieder abgelehnt worden

215 Zur Scheidung und Wiederverheiratung vgl. Titz-Ma
tuszak, Eherecht und Ehealltag, S. 155-158.
216 Vgl. Niedersächsisches Klosterbuch 2, S. 513.
217 StadtA Goslar, Urk. Stadt Goslar Nr. 1192b.

218 Vgl. Blume, Goslar und der Schmalkaldische Bund,
S. 75f.
219 Ebd., S. 85 und 100.

202
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften