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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0389
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Einleitung

der zwischen dem Erzbischof und der Stadt strittigen Rechte und in sieben Privilegien sogar eine Erwei-
terung bisheriger Ansprüche (u.a. Münzrecht, Stapelrecht für Wein, Bier, und Getreide, Anerkennung der
Ratsverfassung und der Ratsherrschaft über die vier Gohen)153.
3a. Vereinbarung zwischen Erzbischof Christoph und der Stadt Bremen, 23. September 1533 (Text S. 409) /
3b. Vertrag zwischen Erzbischof Christoph und der Stadt Bremen, 22. September 1534 (Text S. 412)
Die Macht Erzbischof Christophs als Landesherr war zu schwach, um entschieden gegen die Reformation in
Bremen und später dann auch in anderen Teilen des Erzstifts vorgehen zu können. Aufgrund der hohen
Verschuldung des Erzstifts war Christoph gegenüber den Landständen immer wieder zu bedeutenden Zuge-
ständnissen gezwungen, um von diesen die erforderlichen Steuerbewilligungen zu erhalten154. Letztlich lie-
fen die Zugeständnisse auf eine Mitregierung der Landstände hinaus155. Unter den Geldgebern des Erzbi-
schofs nahm die Stadt Bremen einen bedeutenden Platz ein. So dürfte der für die Stadt günstige Vertrag
vom 22. September 1534 wohl auch mit einem großzügigen Erlaß eines Teils der Schulden des Erzbischofs
einhergegangen sein156.
Die am 23. September 1533 in Basdahl geschlossene Vereinbarung (Nr. 3a) mit dem Verzicht auf ein
thätliches Fürnehmen und die Einrichtung einer von beiden Seiten mit je zwei Vertretern zu beschickenden
Schiedskommission im Fall zukünftiger Streitigkeiten bildete den Abschluß einer Phase heftiger Auseinan-
dersetzungen zwischen Stadt und Erzbischof, nachdem ein Vermittlungsversuch von Ratsgesandten aus
Hamburg, Lübeck und Lüneburg sowie von Vertretern der zum Erzstift gehörenden Städte Buxtehude und
Stade und Herzog Heinrichs d. J. von Braunschweig-Wolfenbüttel im Jahr 1525 gescheitert war. Die Ver-
handlungen hatten Anfang Oktober 1525 in der „Glocke“ stattgefunden, einem südlich vom Dom gelegenen
Gebäude, in welchem sich üblicherweise das Domkapitel zu seinen Beratungen traf. Das Protokoll ist noch
erhalten und von Iken veröffentlicht worden157. Bremen ließ sich bei den Verhandlungen durch den Wit-
tenberger Rechtsprofessor Hieronymus Schurff158 vertreten, der Luther 1521 zum Wormser Reichstag
begleitet hatte.
Nach dem Scheitern der Verhandlungen hatte sich der Erzbischof an den Kaiser gewandt. In dem oben
bereits erwähnten Mandat Karls V. vom 9. April 1526, in welchem der Kaiser der Stadt mit der Eröffnung
eines Prozesses wegen Landfriedensbruchs drohte, sind die erzbischöflichen Klagen, insbesondere die Aus-
weisung der Geistlichen und die Änderung in Religionssachen, aufgenommen159. Aber auch die Stadt Bre-
men suchte Unterstützung beim Kaiser, als Landsknechte, die Erzbischof Christoph für den Kampf gegen
die Wurster angeworben hatte, in das Bremer Gebiet eindrangen160. Am 27. November 1526 veröffentlichte
Christoph einen Erlaß, in welchem er den Amtsleuten, Vögten und Richtern seines Stifts befahl, alle Under-
tanen [...], die sick undermathen, den vordampten leren und kettherien Martini Luthers anthohangende und den
lovelicken gebruken na der veder unde hilligen christlicken kercken insettunghe tho vorandernde, in Gefangen-
schaft zu nehmen und an ihn zu überstellen161.
Im Juni 1529 erwirkte der Erzbischof beim Reichskammergericht ein Pönalmandat162, in welchem die
Wiedererrichtung des Paulusklosters, die Restituierung der alten Prediger und der vertriebenen Domini-

153 Vgl. Schwarzwälder, Geschichte 1, S. 220f.
154 Vgl. Sehling, EKO VII,2,1, S. 7.
155 Vgl. Gatz, Bischöfe, S. 102.
156 Vgl. Schwarzwälder, Geschichte 1, S. 207.
157 Als Anhang zu Iken, Erste Epoche, S. 85-107. Einen
Überblick über die Verhandlungen ebd., S. 72-75.
158 Zu ihm vgl. NDB 23, S. 760; Friedensburg, Geschichte
der Universität Wittenberg, passim (s. das Personenregi-
ster S. 642).

159 Quellen zur Reformationsgeschichte (Urkunden), Nr. 15,
S. 62f.
160 Vgl. Iken, Erste Epoche, S. 76. Der Erzbischof wurde sei-
nerseits zur Einhaltung des Landfriedens gemahnt
161 Quellen zur Reformationsgeschichte (Urkunden), Nr. 17,
S. 65f.
162 Zum Begriff vgl. DRW 10, Sp. 1144 (mit dem Pönalman-
dat wurde in schriftlicher Form eine Strafe angedroht).

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