Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0077
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4a. Visitationsbericht des Superintendenten Christian Zindel 1600

4a. Visitationsbericht des Superintendenten Christian Zindela
12. Februar 1600
L[andgraf] Moritzen1
M[agistri] Zundelii2 relation, was er in kirchensachen seiner inspection verrichtet. bVisitation der
Niedergrafschaftb 1600 | lv leer, 2r |

Durleuchtiger, hochgeborner furst, e[uren] f[ürst-
lichen] g[naden] seind mein demutiges gebet unnd
pflichtwillige dienste iderzeitt zuvor, g. furst unnd
herr.
Demnach ich mich schuldig erkenne, daß von
Gott unnd e. f. g. aufferlegtes ampt ich mir mit al-
lem ernst angelegen sein lasse, dieselbige von diß
orts anbefohlner unnd vertrauwter kirchen zustandt
iderzeit unterthenig berichte, nechst Gott unnd dem
gebet zue e. f. g. mein zuflucht neme unnd in diesem
hohen werck dero rats, hulffe unnd beistandts mich
gebrauche, alß habe ich nicht umbgehen sollenn, e.
f. g. hirmit unterthenig zu vermeldenn, waß ich biß
anhero durch Gottes gnade verrichtet, waß noch
meines einfältigen bedenckens zu verrichten were
unnd dan letzlichen die gravamina seien, e. f. g.
gantz unterthenigk unnd umb der kirchenn unnd
ehren Gottes wolfahrt willenn vielfleissig bittende,
dieselbe wolle diß mein propositum anderß nicht
dan in allen gnaden verstehenn, g. erwegenn unnd,
so es e. f. g. gnediglich geliept, solches ex principali
auctoritate ratificiren unnd dadurch mir ad maiores
Dei auxilio progressus faciendos quasi calcar et in-
citamentum gebenn, etc.
Ob nun woll, g. furst unnd herr, die sachen in diesen
kirchenn hin unnd wider noch etwas schwächlich
unnd deromassen nicht, wie wol zu wuntschenn, ste-
henn unnd gemeiniglich anfangs etwas beschwerlich

a Textvorlage (Handschrift): StaatsA Marburg, Best. 4c
Rotenburg Nr. 789, fol. 1r-11v.
b-b Von anderer Hand.
1 Landgraf Moritz von Hessen-Kassel (reg. 1592-1627),
siehe oben, S. 34.
2 Magister Christian Zindel, Superintendent in St. Goar
(1598-1612), siehe oben, S. 34 Anm. 68.

unnd langsam pflegen naher3 zu gehenn unndt, | 2v |
wie man sagt, wo Got der herr ein kirche bauwett,
der leidige satan alßbald dargegenn auch eine auff-
zurichtenn4 unnd allerlei verhinderungenn unnd ein-
strauwungenn5 derselben zuthun unterstehet, auch
ich mich zuerinnern weiß, daß man vor ein erstes
mit den schwachenn unnd unerbauwetenn gemäch-
lich unnd leiß umbgehenn, ein zeitlang gedult ha-
benn unnd diselbige neben fleissiger unterweissung,
so mit predigen, catechisiren alß auch mit privatis
colloquiis unnd sonsten andern christlichenn mit-
telnn mit bescheidenheit, beharlicher zeit, weill
unnd gutter gelegenheit, so viel muglichenn, zu ge-
winnen sich befleissenn muß, so halt ichs doch in
meiner einfalt darvor, dieweil in der kirchen Gottes
sich allerlei leut unnd so wol böse alß gutte, wol-
unnd ubelgesintte, starcke unnd schwache, getroste
unnd blöde6, heuchler unnd refractarii befindenn,
der einfältige mann vonn unverstendigenn, ubelbe-
richteten7 oder friedthessigenn8 durch die vielfeltige
calumnias unnd seltzame redenn, so leider itziger
zeit nur zuviel gemein seindt, offtmalß sehr irr ge-
macht unnd lang zuruck- unnd auffgehalten wirdt,
daß man, sag ich, dessen unerachtet keine occasio-
nes, so zur besserung unnd fortsetzung solches
wercks dienen unnd fuglichen vor die hand genom-
men werdenn mögenn, zu versaumen unnd den gut-
hertzigenn einen grossen trost unnd sterckungk,
hergegen aber den ubelgesinten allerlei nachdenck-

3 Voran.
4 Sprichwort: Wo Gott eine Kirche baut, da baut der Teu-
fel eine Schenke daneben, Thesaurus proverbiorum me-
dii aevi 13, S. 127f.
5 Verdächtigungen, Grimm, DWb 3, Sp. 316.
6 Schüchterne, furchtsame.
7 Unkundigen, Falschinformierten.
8 Feindseligen.

57
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften