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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0159
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12. Polizeiordnung [1574]

12. Polizeiordnunga
[1574]
Landsordnung der oberngraveschafft Catzenelnpogenn

Wir, George1, von Gottes genaden landtgrave zu
Hessen, graven zu Catzenelnbogen, Dietz, Ziegen-
hain unnd Nidda etc., entbieten allen unßern obern-
und underamptleuten, kelnern, centhgraven,
schulttheißen, burgermeistern, gerichten und ge-
meinden unßer gnad und fuegen euch hirmit gene-
diglich zu wiessen.
Nachdem wir biß dahero in viell wege nicht ohn
ungenedigs mißfallens gespurt, das bei dem mehrer-
theiln unßerer underthanen die heilsame lehr gott-
lichs worts wenig in achtung genommen, sondern
beinahe vor gar geringschetzig gehalten wirdt, da-
hero dan die greuwliche laster, als abfall von Gott,
zauberey, aberglauben, gotteslesterung, ehebruch,
hurerey und andere hochsträffliche sunde aus ge-
rechtem zorn und verhengnuß Gottes teglich mit
hauffen einreißen und je lenger, je mehr zunehmen,
wir wollen geschweigen der vielfeltigen leich[t]fertig-
keitten und ubermaß, so mit freßen, sauffen und al-
ler uppigkeitten bei weinkauffen, hochzeiten, kir-
meßen und gastereyen nuehmehr schier bräuchlich
sein, dardurch sich mancher selbst in verderben des
leibs und der nahrung muthwilliglichen setzt, neben
deme fast in allen dingen kein ordnung, sondern ein

jeder wider die erbar- und billicheitt, seinem negsten
zu schaden, sein vortheil sucht | und aber wir uns
darunter unßers von Gott anbevohlenen tragenden
hohen ampts erinnert und bedacht, das uns mitnich-
ten geburen wolle, solchem unchristlichem, rohem
leben, mißbrauchen und unordnung lenger zuzuse-
hen, sondern dießelbige abzuschaffen und, soviel uns
muglich, in einen christlichen und burgerlichen wol-
stand zu pringen, so haben wir auß vätterlicher
trewhertzigkeitt, damit wir dan den unßern gene-
diglich gewogen, dieße unßere landtsordnung zu be-
forderung der forchtt Gottes, christlicher zucht und
erbarkeitt, auch zu stifftung und erhaltung gleich-
meßigenn handels und wandels menniglich zu gutem
verfaßen und publicirn lassen, hirmit ernstlich ge-
bietende, das sich ein jeder derßelbigen gemeß unnd
bey vermeidung der darin allenthalben verleibten
straff gehorsamlich verhalte, wie wir dan obgedach-
tenn unßern beampten, sampt und sonders darauff
mit allem trewen vleiß zu sehen, genediglich einge-
bunden haben wollen, das dem allem also ohn einige
wiedersetzung oder unerhebliche außrede von un-
ßern underthanen gelebtt und volge gethan werde.

Das erste theill: Christliche policeyordnung

[1.] Und erstlich von vleissiger besuchung der
predigten und wie die muthwilligen verseumer
sollen gestraft werden
Es wirdt sich ohne zweivel menniglichen zu berich-
ten wissen, waßergestaltt wir, die gebruder, fursten

a Textvorlage (Handschrift): StaatsA Darmstadt, Best.
E9 Nr. 340. Abdruck: Steiner, Georg I., S. 66-80
(ohne Vorrede). Abdruck der Vorrede und des Kapitels
„Und erstlich: Von vleissiger besuchung der predig-
ten ...“ in: Selchow, Magazin, S. 477-481.

zu Hessen, hiebevor in anno 1572 ein ordnung und
reformation2 etzlicher nottwendiger puncten halber,
alß die lehr, leben und wandel der predicanten,
ubung des catechismi, abschaffung aberglaubens,
beforderung zucht und erbarkeitt und straffung der
unzucht und ehebruchs belangendt etc., publicirn

1 Georg I. von Hessen-Darmstadt (reg. 1567-1596), siehe
oben, S. 43 Anm. 136.
2 Die Reformationsordnung von 1572 war von Wil-
helm IV. von Hessen-Kassel, Ludwig IV. von Hessen-
Marburg, Philipp II. von Hessen-Rheinfels und Georg I.
von Hessen-Darmstadt erlassen worden. Abdruck in

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