Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0245
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
14c. Kirchen- und Zuchtordnung 1555

14c. Kirchen- und Zuchtordnunga
1. Januar 1555
Erclerung der ordnung

Unser, graven Johansen , graven und hern zu Wal-
deck, wie es in etlichen eusserlichen stucken in sei-
ner gnaden gepiete gehaltenn sol werdenn zur ehren
Gottes, erbawung seiner christlichenn kirchenn und
sunst zu gemeiner wolfart der unnderthann bedacht
unnd ufgericht etc.
[Sonntagsheiligung]
Erstlich wollen wir, das alle sontage ganz durchaus
in unsernn stedtenn und dorfernn gefeiret werdenn
unnd die leuth uf dieselbenn kein leiblich arbeit
thun noch ander weltlich geschefft oder unnutze rei-
sen furnhemenn, auch kein kummerschafft2 oder
kauffmanschafft treibenn, sonder denn sontag nach
Gottes befel heilligenn3, das ist, mit Gottes wort zu-
bringen unnd zum gemeinem gebedt mit gleubiger
andacht erscheinen und darbei die gewontliche zeit
pleibenn sollenn.
Item und zum andern wollenn wir auch gehabt
habenn, das ein iglicher haußvatter und haußmutter
ire haußgesind und kindere darzue halten, das sie
zum gotlichenn wort, gemein gepet unnd sacramen-
ten auf solche sontage unnd feirtagen vleissig in die
kirchenn gehenn, ire knechten unnd megdenn auf
die zeitenn nit mit knechtischenn werckenn unnd
arbeit zuviel beschweren, sonder zum wort Gottes
treibenn unnd dieselbenn mit heilsamer lere unnder-
weisenn lassenn, auch die kindere unnd gesinde die-

a Textvorlage (Handschrift): StaatsA Marburg, Best.
115.7 Generalia Nr. 12. Abdruck: Curtze, Gesetzge-
bung, S. 56-60 (Nr. 24).
b Schrift stark verblasst, ergänzt nach Curtze, Gesetz-
gebung, S. 56.

1 Graf Johann I. war von 1539 bis 1567 Graf von Waldeck-
Landau, siehe oben, S. 166.
2 Handel, Grimm, DWb 11, Sp. 2609.

selbig zeit von leichtfertigenn spielen zum catechis-
mum4 anhaltenn unnd treibenn sollen.
Item, zum drittenn wollenn wir auch verbottenn
habenn, das kein brantewein, bier [oder wein]b | vor
oder unnder der predig unnd reichung der sacramen-
ten geschenckt oder gelassen werdenn bei straf eins
goltg[uldens], so offt das uberfarenn wirt.
Item, es sol auch niemandt uf die sontag und
feirtag uber felt ziehenn one verleubnus des pastors
des ortz, auch nit under der predig unnd reichung
der heiligen sacramenten auf dem kirchof spaciren
gehenn bey gleicher straf, die wir auch vonn denn
ubertretern mit ernst inzufordern gemeint.
Item, dieweil die menschenn in steten und dorf-
fern sich leider uf die sontage unnd feirtagenn mher
zue der fullereienn unnd unzucht begebenn dann uf
andere tage, so wollenn wir, das kein bierglach5, of-
fentlich oder heimlich, vor vesperzeit gehaltenn sol
werdenn bei straf eins goltg[uldens], wilche wir vonn
dem ubertreter mit allem ernst inzufordern bedacht
sein.
Item, so wollenn wir auch einem iden hausvatter
unnd haußmutter ernstlich gepottenn haben, das sie
ire sone unnd tochter unnd haußgesinde uf die son-
tage unnd feirtage zue der kinderpredig vleissig hal-
tenn unnd treibenn, unnd die diß verseumen und
verachtenn, sollenn ernstlich davor angesehenn
unnd zue denn sacramenten nicht gelassenn wer-
denn.

3 Ex 31,12-16; 35,1-3.
4 Die Visitation von 1556 ergab, dass in der Grafschaft
Waldeck Luthers Katechismus verwendet wurde, etwa
in Goddelsheim und Schweinsbühl, Schultze, Visita-
tionsberichte, S. 329-331. Auch in der Waldecker Kir-
chenordnung von 1556 wird Luthers Kleiner Katechis-
mus erwähnt, siehe unten, S. 232.
5 Trinkgelage.

225
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften