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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0260
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Waldeck

wLieben Schwester in Christo. xYhr sollets mit ernst
bedencken, wie leydt Gott, unserm hymlischen vat-
ter, an der ubertrettung seines Göttlichen gebots ge-
schehen ist, das er so eyn strenge straaff unnd stren-
ge vermaledeiung auff alle natürliche kinder mütter
getrieben hat, das sie die früchte ires leibes mit gros-
sen ängstlichen sorgen und mit tödtlichen schmer-
tzen zur welt müssen bringen65, wie ir dann selbs mit
der that erfaren ha[b]t und noch an derselbigen har-
ten züchtigung ungefertigt66, sondern auch vor aller
wellt offenbar gemacht hat, das beyde, mutter und
kindt, vor seinen augen unreyn sein, nachdem er sie
auß der gemeynschafft des Tempels und alles volcks
verstossen und so lange verbannet, biß sie nach be-
stimpter zeit irer reynigung sich beyde mit dem opf-
fer unnd gebet hat widerumb versünen lassen67.
Widerumb solt ir aber auch im rechten glauben
erkennen unnd bedencken die gnade unnd gunst
desselbigen unsers hymlischen vatters, der ime68 die
unbefleckten und allerheyligsten Frucht des Jung-
frewlichen leibes, den wahren, gebenedeiten samen
Abrahams, zum opffer erwelet und inn den Tempel

w-w Dieser Abschnitt stammt aus Hefentregers Agende,
fol. 36v-37v.
x-x: B: Dieweil ir alhie andechtiglich erscheinet, Gott, dem
einigen getreuwen notthelffer, fur die leibsfrucht und
fröliche endtbindung in kindesnöten und todtlichen
schmerzen, das auch das kindtlein dem hern Christo
durch die h. tauff eingeleibt, zum himelreich angenom-
men unnd ein gliedmas der wahren kirchen worden, ir
auch, die sechswocherin, zur leibsgesundtheit, stercke
und crafften gerathen, von herzen in aller demuth zue
dancken und ferner zue bitten (nachdem die kinder ein
gabe des herrn sindt und leibsfruchtt ein geschencke ist,
Ps 127 [3]), daß Gott der allmechtige wolle hinfurtter
ihme [=sich] diß kindt unnd die mutter laßen bevohlen
sein, damidt die jungen kindlein von tag zue tag durch
den h. geist in wahrem glauben, furcht Gottes unndt
rechter erkentnus seines lieben sohns Jesu Christi auf-
wachsen unnd zuenehmen, zue allem gutem gesterckt
unnd erzogen, fur allem ungeluck beide, des leibs unnd
der seelenn, auß vätterlicher gutigkeit beschuzet unndt
beschirmet werden, derwegen laßet uns von herzen und
mit wahrem glauben dancken undt betten wie volgtt:
Wir dancken dir, herr Gott, himlischer vatter, das du
den segen deines gottlichen wordts an dieser deiner die-
nerinn gnediglich erfullet und sie fur mancherley fährlig-
keit [=Gefahr] trewlich bewaret hast, daß sie ein fröliche

hat | C4v | stellen lassen69, das inn ime die recht-
schaffene erfüllung des gesetzes und die volkomene
reynigung allen gleubigen kindsgebererin solt gege-
ben werden, das nun der alte fluch, umb der uber-
trettung willen uber Evam gesprochen, bei den
Gottseligen unnd gleubigen müttern der Segen Got-
tes genennet wirt. Unnd da jene muste hören: Ich
will dir viel kummer schaffen, wenn du schwanger
wirst, und solt deine kinder mit schmertzen geberen
und also ir ellend mit scham und schaden erken-
nen70, Dargegen wirt die gleubige mutter tröstlich
erinnert, das sie durch das kinderzeugen selig wer-
den soll, So sie bleibt im glauben, inn der liebe und
heyligung mit zucht71, Welches dann alles auß dem
glauben an Christum kompt. Dann derselbige ma-
chets, das den glaubigen alle ding reyne sein, Das
also das weib, welches etwan eyn werckzeug des
bösen geystes unnd dem Man eyn ergernus zum un-
gehorsam worden ist, Nun eyn miterbe der gnaden
unnd lebens unnd eyn werckgezeug Gottes, eynen
ungleubigen Man durch iren züchtigen wandel zuge-
winnen und an Christum zubekeren, geheyssen soll

mutter uber dießem ihrem kindlein worden ist. Auch
dancken wir dir, lieber vatter, daß du ihr das angeborne
creuz ohn all ihren verdienst in freude und ihre angst
unnd tödtlichen schmerzen in lebenn unnd gesundtheit
gewandelt hast, insonderheitt sagen wir dir ewig lob und
danck, das du dieße frucht ihres leibes durch das gna-
denreiche sacrament der h. tauffe in die gemeine deiner
lieben kinder angenommen hast.
Wir bitten dich, du wollest dir forthan diß kindlein be-
fohlen sein laßenn, daß ihm der boeße geist an seinem
leib und seele kein ungemach zuefuge. Gib ihme deinen
h. geist, das es täglich durch den rechtten glauben new
gebornn und gesterckt werde unnd verleihe dießer mut-
ter ein gottseliges herz, daß sie es dir, unserm himlischen
vatter, wie eine fromme, christliche mutter zum gehor-
sam deines gottlichen wordts auferziehen möege, durch
Jesum Christum, deinen liebenn sohn, unsern herrn,
Amen. Darnach das vatterunser und den segenn.

65 Vgl. Gen 3,16.
66 Nicht zuende gekommen seid.
67 Lev 12.
68 Sich.
69 Vgl. Lk 2,22-24.
70 Gen 3,16.
71 1Tim 2,15.

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