15. Kirchenordnung 1556
legung von worten zu worten außwendig lernen und
auffsagen können. Wann solchs geschehen, sol der
Pfarrherr mit eynem deutschen gesange, dem articul
des Catechismi, so deßmals tractirt, gemeß, be-
schliessen, als die Zehen Gebot253, den Glau-
ben254, Vatter unser255, Von der Tauff: Christ, unser
herr, zum Jordan kam256, Jesus Christus, unser Hey-
landt237, Und bei der Absolution: Auß tieffer not,
etc.l258
dann wie derselbe durch weilandt den hocherleuchtten
mann D. Martin Luther sehligen in truck gegeben unnd
seinen tomis eingeleibt wordenn ist [WA 30, S. 243-263],
den daßelbe kleine buchlein gewißlich vor den hochstenn
schatz auf erden zuehalten ist, weil darinnen gar fein und
kurz zuesahmengebrachtt ist alles, was die hochste kunst
der ganzen bibel ist. Im selbigen findet man auch be-
richtt, wie man die leuthe vom gebeet, item von allerley
heiligen stenden soll unterweißen, in creuz unndt wie-
derwertigkeit trösten; summa: Wer denn catechismum
Lutheri verachttet, der gibt offendtlich damit zuverste-
henn, das er vonn Gottes wordt keinen rechtenn, grundt-
lichenn verstandt habe unnd ein verächter sey Gottes
unnd seines willens.
Zum andern soll der pfarherr nachmittag umb zwolff uh-
ren die kinder im gemelten catechismo vleißig unter-
richttenn also, daß sie denselbigen sampt der außlegung
vonn wordtten zue wordten außwendig lernen unnd auf-
sagenn können. Wan solches geschehen, soll der pfarrher
mitt einem deutschen gesange dem artickel des catechis-
mi, so desmals tractirt, gemeß, beschließenn, also die ze-
hen gebott, denn glauben, daß vatter unser, von der
tauff: Christus, unser herr, zum Jordan kam, vom h.
abendtmal: Jesus Christus, unser heylandt, unnd bey der
absolution: Auß tieffer not, etc. [siehe Anm. 256-258].
Zum drittenn sollen die pfarrer und kirchendiener sich
befleißigenn, das sie den catechismum stedtigs auf eine
form und weise tractiren unndt im lehren deßelbigen
nicht weitt davon außschweiffenn, ihre kunst unndt ge-
schicklichkeit zuebeweisen, sondern dem jungen volcken
denselben aufs allereinfeltigste furtragenn unnd also wie-
der von ihnen fordernn unnd examiniren unnd keine an-
dere beyfragenn, so darinnen nichtt begriffen, gebrau-
chenn, dann das arme, junge, ungeschickte volck irre ge-
machtt wird unndtt wenig behalttenn kann, so man gar
weitleuffig unnd mit ungleicher form und weise zue re-
denn denn catechismum handeltt. Darzue die pastores in
stedten unnd dorffern besonders das junge volck, die
kinder, knechte unndt megte fordern unnd die elternn,
herrn unndt frawen ernstlich vermahnen sollenn, das sie
mAm heyligen abent, Sontagen und Feiertagen,
wann keyne Communicanten da sein in den Stetten
Zun Vespern des Sonnabents, Sontags und heyligen-
tages sol der Pastor, Schulmeyster und Schuler das
Veni sancte259, Die Antiphon mit yhren Psalmen,
dero nicht uber drei sollen sein, Das Responsorium,
den Hymnum mit seinem Versicul, das Magnificat,
die Collecten unnd das Benedicamus260, alles nach
gelegenheyt der zeit, singen.
dieselbig vleißig zue solcher kinderlehr unnd außlegung
des catechismi schicken unnd bey ernstlicher straffe sol-
che nichtt verseumen, unnd da ihnen ein stuck des ca-
techismi vorgehaltten unnd außgelegtt worden, die el-
ternn, herrn oder frawen, sie daheim befragenn, was sie
darauß gelernet unndt behalttenn haben, dardurch sie
gleich vonn kindtheit an auffgemundtert unnd gewehnet
werden, vleißig auf die predigt zue merckenn.
Es sollen auch die pfarherr die haußvatter unndt die
haußmutter von der canzel vermahnen, das sie ihre kin-
der unndt gesinde mitt freundtlicheit zue solchem ex-
amen weißen unndt halten, auch zue gutem exempel
unndt anreizung der jugendt selbst unbeschwerlich
unndt willig zue der verhöer sich einstellenn woltenn. Da
aber in den dorffern zum examine des catechismi, beson-
ders in den filialen oder da sonsten so viel volckes in ein
pfar gewidmet, daß es dem pfarhern alles zue unterricht-
ten unmuglich, solches den custern oder kirchenern zu-
haltenn befehlenn (welches doch anders nichtt gesche-
henn soll, den da sie zuvor durch ein ernstlich vorge-
hendt examen, bei dem synodo gehaltenn, hierzue tuch-
tig erkandtt) unndt soll ihnen gleichergestaldt ernstlich
eingebunden werden, das sie den catechismum fleißig
treiben unndt in befragung unndtt verhorung der ju-
gendt gleichmeßige bescheidenheit gebrauchen auf form
und weise, wie oben vermeldet.
m B: Das 11. capitel.
253 Luther, Dies sind die heilgen Zehn Gebot, AWA 4, Nr. 1.
254 Luther, Wir glauben all an einen Gott, AWA 4, Nr. 24.
255 Luther, Vater unser im Himmelreich, AWA 4, Nr. 35.
256 Luther, Christ, unser Herr, zum Jordan kam, AWA 4,
Nr. 36.
257 Luther, Jesus Christus, unser Heiland, AWA 4, Nr. 6.
258 Luther, Aus tiefer Not schrei ich zu dir, AWA 4, Nr. 11.
259 Veni Sancte Spiritus, Wackernagel, Kirchenlied I,
S. 177.
260 Das Benedicamus Domino stammt aus dem Schluss-
wechselgesang der Stundengebete. Es ist der in Messen
ohne Gloria übliche Entlassruf, Jungmann, Missarum
275
legung von worten zu worten außwendig lernen und
auffsagen können. Wann solchs geschehen, sol der
Pfarrherr mit eynem deutschen gesange, dem articul
des Catechismi, so deßmals tractirt, gemeß, be-
schliessen, als die Zehen Gebot253, den Glau-
ben254, Vatter unser255, Von der Tauff: Christ, unser
herr, zum Jordan kam256, Jesus Christus, unser Hey-
landt237, Und bei der Absolution: Auß tieffer not,
etc.l258
dann wie derselbe durch weilandt den hocherleuchtten
mann D. Martin Luther sehligen in truck gegeben unnd
seinen tomis eingeleibt wordenn ist [WA 30, S. 243-263],
den daßelbe kleine buchlein gewißlich vor den hochstenn
schatz auf erden zuehalten ist, weil darinnen gar fein und
kurz zuesahmengebrachtt ist alles, was die hochste kunst
der ganzen bibel ist. Im selbigen findet man auch be-
richtt, wie man die leuthe vom gebeet, item von allerley
heiligen stenden soll unterweißen, in creuz unndt wie-
derwertigkeit trösten; summa: Wer denn catechismum
Lutheri verachttet, der gibt offendtlich damit zuverste-
henn, das er vonn Gottes wordt keinen rechtenn, grundt-
lichenn verstandt habe unnd ein verächter sey Gottes
unnd seines willens.
Zum andern soll der pfarherr nachmittag umb zwolff uh-
ren die kinder im gemelten catechismo vleißig unter-
richttenn also, daß sie denselbigen sampt der außlegung
vonn wordtten zue wordten außwendig lernen unnd auf-
sagenn können. Wan solches geschehen, soll der pfarrher
mitt einem deutschen gesange dem artickel des catechis-
mi, so desmals tractirt, gemeß, beschließenn, also die ze-
hen gebott, denn glauben, daß vatter unser, von der
tauff: Christus, unser herr, zum Jordan kam, vom h.
abendtmal: Jesus Christus, unser heylandt, unnd bey der
absolution: Auß tieffer not, etc. [siehe Anm. 256-258].
Zum drittenn sollen die pfarrer und kirchendiener sich
befleißigenn, das sie den catechismum stedtigs auf eine
form und weise tractiren unndt im lehren deßelbigen
nicht weitt davon außschweiffenn, ihre kunst unndt ge-
schicklichkeit zuebeweisen, sondern dem jungen volcken
denselben aufs allereinfeltigste furtragenn unnd also wie-
der von ihnen fordernn unnd examiniren unnd keine an-
dere beyfragenn, so darinnen nichtt begriffen, gebrau-
chenn, dann das arme, junge, ungeschickte volck irre ge-
machtt wird unndtt wenig behalttenn kann, so man gar
weitleuffig unnd mit ungleicher form und weise zue re-
denn denn catechismum handeltt. Darzue die pastores in
stedten unnd dorffern besonders das junge volck, die
kinder, knechte unndt megte fordern unnd die elternn,
herrn unndt frawen ernstlich vermahnen sollenn, das sie
mAm heyligen abent, Sontagen und Feiertagen,
wann keyne Communicanten da sein in den Stetten
Zun Vespern des Sonnabents, Sontags und heyligen-
tages sol der Pastor, Schulmeyster und Schuler das
Veni sancte259, Die Antiphon mit yhren Psalmen,
dero nicht uber drei sollen sein, Das Responsorium,
den Hymnum mit seinem Versicul, das Magnificat,
die Collecten unnd das Benedicamus260, alles nach
gelegenheyt der zeit, singen.
dieselbig vleißig zue solcher kinderlehr unnd außlegung
des catechismi schicken unnd bey ernstlicher straffe sol-
che nichtt verseumen, unnd da ihnen ein stuck des ca-
techismi vorgehaltten unnd außgelegtt worden, die el-
ternn, herrn oder frawen, sie daheim befragenn, was sie
darauß gelernet unndt behalttenn haben, dardurch sie
gleich vonn kindtheit an auffgemundtert unnd gewehnet
werden, vleißig auf die predigt zue merckenn.
Es sollen auch die pfarherr die haußvatter unndt die
haußmutter von der canzel vermahnen, das sie ihre kin-
der unndt gesinde mitt freundtlicheit zue solchem ex-
amen weißen unndt halten, auch zue gutem exempel
unndt anreizung der jugendt selbst unbeschwerlich
unndt willig zue der verhöer sich einstellenn woltenn. Da
aber in den dorffern zum examine des catechismi, beson-
ders in den filialen oder da sonsten so viel volckes in ein
pfar gewidmet, daß es dem pfarhern alles zue unterricht-
ten unmuglich, solches den custern oder kirchenern zu-
haltenn befehlenn (welches doch anders nichtt gesche-
henn soll, den da sie zuvor durch ein ernstlich vorge-
hendt examen, bei dem synodo gehaltenn, hierzue tuch-
tig erkandtt) unndt soll ihnen gleichergestaldt ernstlich
eingebunden werden, das sie den catechismum fleißig
treiben unndt in befragung unndtt verhorung der ju-
gendt gleichmeßige bescheidenheit gebrauchen auf form
und weise, wie oben vermeldet.
m B: Das 11. capitel.
253 Luther, Dies sind die heilgen Zehn Gebot, AWA 4, Nr. 1.
254 Luther, Wir glauben all an einen Gott, AWA 4, Nr. 24.
255 Luther, Vater unser im Himmelreich, AWA 4, Nr. 35.
256 Luther, Christ, unser Herr, zum Jordan kam, AWA 4,
Nr. 36.
257 Luther, Jesus Christus, unser Heiland, AWA 4, Nr. 6.
258 Luther, Aus tiefer Not schrei ich zu dir, AWA 4, Nr. 11.
259 Veni Sancte Spiritus, Wackernagel, Kirchenlied I,
S. 177.
260 Das Benedicamus Domino stammt aus dem Schluss-
wechselgesang der Stundengebete. Es ist der in Messen
ohne Gloria übliche Entlassruf, Jungmann, Missarum
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