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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0419
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10. Kirchenzuchtordnung für Solms-Laubach 1603

denen hiebevor aufgerichteten Christlichen und
nützlichen ordnungen und halten denen zuentgegen
kein Ziehl und Maaß der überflißigen Zehrungen auf
Hochzeit und Kindthauff und derglei- j 134 chen,
dahero dann solche gottlose Leuth nicht allein für
ihre Persohn mit ihren Kind in Armuth und ahn
Bettelstab gerathen, sondern sie erregen und brin-
gen auch Gottes gerechten Zorn, Ungnad und Straff
uff ein gantzes Landt, wie dann der Allmächtige uns
eine lange Zeit her mit allerley Plagen, alß ge-
schwinder, theuerer Zeit, unerhörten Krankheiten
und dergleichen, härtiglich angegriffen und ge-
strafft.
Wann dan unserstheils solche vielfältige straffen
Gottes und derselben obahngezogene uhrsachen bil-
lig uns höchstlich beweget und zu gemüthe gegan-
gen, und damit nochmahls an uns und so viel unser
ambt erfordert, kein mangel gespürt würde, als ha-
ben wir nachfolgende Ortnung publiciret und auß-
gehen laßen und ist unser Gemüth, Will, Meynung
und ernster Befehlich, daß alle unsere Unterthanen
solcher unser Ordtnung bei Vermeydung derer da-
rinnen specificirten Straffen unweygerlich sollen fol-
ge und Gehorsam leisten. Wir wollen und gebiehten
auch hiermit unseren Räthen und Befehlshabern,
daß sie derentwegen fleißiges und scharffes aufsehen
haben lassen, auch die Bußfälligen jederzeith zur
gebührlichen Straaff mit ernst anhalten.
1. Demnach und zum ersten, dieweil wir täglich im
Werk befinden, daß über die des H. Reichs algemei-
ne Ordnungen und austrückliche Constitution6 die
alte vor viel Jahren verdambte und verbotene Seckt
des Wiedertauffs je länger, je mehr und beschwehr-
licher überhand nimbt und einbricht, und wir uns in
Krafft unsers von Gott befohlenes Ambt schuldig
und pflichtig erkennen, die nothdürftige Vorsehung
zu thun, damit solchem übel bey Zeit gesteuert und
gewehret werde, So gebieten wir hiermit ernstlich
allen und jeden unsern Unterthanen und wöllen, daß
sich ein jeder hinfürter dieser verdambten wieder-
taufferischen Secten und deren irrigen verführeri-
6 Siehe oben, S. 324 Anm. 17.
7 Nachfolgend.

schen Opinionen gäntzlich enthalte, derselbigen kei-
neswegs anhengig oder nachfällig7 mache. Wir sta-
tuiren, ordtnen und setzen auch hiermit mit son-
derm Ernst, daß keiner auß unseren unterthanen
einigen Wiedertauffer, der seye auch, wer er wolle,
wissentlich beherbergen, haußen, ätzen8, tränken
oder gedulten soll, sondern sollen alle und jede un-
sere Unterthanen schuldig und pflichtig seyn, da sie
in Erfahrung brächten, daß einer in unserer Herr-
schafft anzutreffen, unsern Ambts- und Befehlichts-
leuthen ohnverzüglich solchen anzuzeigen, diese
[ihn] dann in Gefängnüß einziehen und nach Gestalt
der überfahrung vermög der Rechten dermaßen mit
Ernst straffen sollen, damit männiglich darob ein
ernstlich Exempel und billig Abscheuen tragen und
empfangen möge. Würde aber einer oder mehr auß
unsern Unterthanen an oberzehlten Puncten einem
oder dem andern ohngehorsam und brüchig gefun-
den, den- oder dieselben, sie seyen, wer sie wollen,
von weib oder mann, jungen oder alten, gedenken
wir in unser Herrschafft oder gebieth keineswegs zu
leiden oder zu dulten, sondern von der gemeinen
Versammlung abzuscheiden und des Landes zu ver-
weisen. Es möchte auch einer oder mehr sich so hoch
vergreiffen, wir würden verursachet, ihn vermög ge-
meiner Rechten und 135 | des Reichshoffgerichten
Constitutionen an Leib und Leben nit ungestrafft
zulassen. Danach wisse sich männiglich zu richten
etc.
2. Vors ander. Nachdem auch die Gotteslästerungen
und das fluchen in göttlichen, geistlichen und welt-
lichen Rechten bey hohen poenen und Straffen ver-
botten und durch solch beschwehrlich übel Gott der
Allmächtige nicht allein gegen den Gottlästerer,
sondern auch der Obrigkeit, die solchen zu wehren
schuldig seyn, doch gedulten, zu gerechtem Zorn
und erschröcklicher zeitlicher und ewiger Straff be-
weget wird, So wollen wir hiermit alle und jede uns-
rer Unterthanen mit sonderlichem Ernst verwarnet
haben, daß sie alle Gotteslästerung und fluchen
gäntzlich vermeiden und sich desselben enthalten.
Dann würde einer oder der ander, er seye auch, wer
8 Atzen, verköstigen.

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