Die Reichsstadt Frankfurt
erarbeitete neue Verteilung der Predigtgottesdienste.78 Dieses Regelwerk ist nicht im Original überliefert.
Bei Johann Balthasar Ritter findet sich jedoch eine Beschreibung, welche Gottesdienste 1543 in den ver-
schiedenen Frankfurter Kirchen gefeiert wurden (Nr. 6).
Gegenüber den früheren Ordnungen lässt die Neuregelung von 1543 erkennen, dass für die evangelischen
Gottesdienste inzwischen weitere Geistliche zur Verfügung standen. Waren 1533 vier Prediger tätig gewe-
sen, so hatte sich deren Anzahl zehn Jahre später verdoppelt.79
7. Agenden zu Taufe, Abendmahl und Krankenbesuch [1543]
Im August 1543 wurden für die Frankfurter Gottesdienste mehrere agendarische Formulare geschaffen, mit
denen die geübte Praxis fixiert werden sollte. Nur einer dieser Texte (Nr. 7a) ist in einer späteren Abschrift
erhalten; die übrigen beiden (Nr. 7b und 7c) sind verloren und lediglich im Abdruck bei Johann Balthasar
Ritter überliefert.80
7a. Übereinkunft der Prediger zu Taufe, Eheeinsegnung und Pfarrkonventen [7. August 1543] (Text S. 514)
Der Beitritt Frankfurts zum Schmalkaldischen Bund81 und die Unterzeichnung der Wittenberger Konkor-
die82 1536 waren zwar vorwiegend politisch motiviert, beide Schritte zogen jedoch Veränderungen der inner-
evangelischen Ausrichtung des Frankfurter Kirchenwesens nach sich. Um gegenüber den Bündnispartnern
Bekenntniskonformität zu demonstrieren und sich vom Verdacht des Zwinglianismus freizusprechen, hatte
der Rat in den ersten Jahren der Mitgliedschaft vorwiegend Prediger der Wittenberger Richtung angestellt.
Hierzu gehörte auch der Lutherschüler Peter Geltner, der seit 1536 in Frankfurter Diensten stand. Mit
dieser konfessionellen Positionierung der Frankfurter Religionspolitik war der dogmatische Konflikt ange-
legt, der im folgenden Jahrzehnt immer wieder unter den Geistlichen der Reichsstadt aufbrach. Bereits 1537
kam es bei der Abendmahls- und Bilderfrage zu einem massiven Zerwürfnis unter den Predigern, in dessen
Folge Peter Pfeiffer gen. Chomberg und Johann Bernhard gen. Algesheimer, die der Straßburger Theologie
anhingen, die Stadt verließen.83
1542/43 stritten die oberdeutschen Theologen Melchior Ambach, Johannes Lullius und Sebastian Liga-
rius mit den Lutheranhängern Matthias Limberger, Peter Geltner, Andreas Zöpfel und Eberhard Haber-
korn um die Inhalte des im Sommer 1541 vom Rat in Auftrag gegebenen Katechismus. Bei der Auseinan-
dersetzung um den Lehrtext, der nach einer aufreibenden Kontroverse unter den Geistlichen im Dezember
1542 gedruckt worden war,84 stand die Auffassung von Abendmahl und Kirchenschmuck im Mittelpunkt.
Auf Vermittlung Martin Bucers, der sich Ende 1542 in Frankfurt aufhielt, wurde am 9. Dezember schließ-
lich eine Konkordie über die strittigen Fragen ausgearbeitet, die von den Predigern in Anwesenheit der
78 IfSG Frankfurt, Ratsprotokolle 1543, fol. 24 (2. April);
Bürgermeisterbücher 1542 [!], fol. 112r (2. April).
79 Die Intensivierung der seelsorgerlichen Betreuung lässt
sich auch in der Reichsstadt Heilbronn feststellen, wo
die Anzahl der Gottesdienste erhöht wurde und der Rat
die Predigtzeiten neu regeln musste, Sehling, EKO
XVII/1, S. 303 (Entwurf Gottesdienstordnung 1532),
S. 317f. (Kirchenordnung 1543), S. 327f. (Kirchenord-
nung 1603), sowie die Heilbronner Kirchenordnung von
1627, Arend, Heilbronner Kirchenordnung, S. 175-178,
182f.
80 Vgl. Dienst, Gottesdienst, S. 161.
81 Siehe hierzu Jahns, Bund, S. 369-385; Haas, Refor-
mation, S. 11-13; Wolter, Konzil, S. 162-166.
82 Siehe hierzu Bauer, Bekenntnisstand (1923), S. 127-
138.
83 Johann, Kontrolle, S. 97f. Zum Prädikantenstreit von
1537 siehe Haas, Reformation, S. 48-54, 243-252; Mat-
thäus, Hamman, S. 404-414; Jahns, Frankfurt, S. 183.
84 „Ein clainer catechismus, in kurtze christliche fragstück
und antwort für die jugent zugericht, 1542“. Abdruck
bei Reu, Quellen II, 2, S. 1104-1114. Vgl. Dienst, Got-
tesdienst, S. 154. Dieser Katechismus war bis 1557 in
Geltung, als er „von einer lutherisch geprägten und ein-
gängigeren Version“ abgelöst wurde, Dienst, Gottes-
dienst, S. 200f.; Johann, Kontrolle, S. 138. Zur Frank-
furter Katechismuskontroverse von 1542 siehe Haas,
Reformation, S. 243-252; Telschow, Alte Frankfurter
Kirche, S. 10f.; Bauer, Bekenntnisstand (1923), S. 138-
145.
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erarbeitete neue Verteilung der Predigtgottesdienste.78 Dieses Regelwerk ist nicht im Original überliefert.
Bei Johann Balthasar Ritter findet sich jedoch eine Beschreibung, welche Gottesdienste 1543 in den ver-
schiedenen Frankfurter Kirchen gefeiert wurden (Nr. 6).
Gegenüber den früheren Ordnungen lässt die Neuregelung von 1543 erkennen, dass für die evangelischen
Gottesdienste inzwischen weitere Geistliche zur Verfügung standen. Waren 1533 vier Prediger tätig gewe-
sen, so hatte sich deren Anzahl zehn Jahre später verdoppelt.79
7. Agenden zu Taufe, Abendmahl und Krankenbesuch [1543]
Im August 1543 wurden für die Frankfurter Gottesdienste mehrere agendarische Formulare geschaffen, mit
denen die geübte Praxis fixiert werden sollte. Nur einer dieser Texte (Nr. 7a) ist in einer späteren Abschrift
erhalten; die übrigen beiden (Nr. 7b und 7c) sind verloren und lediglich im Abdruck bei Johann Balthasar
Ritter überliefert.80
7a. Übereinkunft der Prediger zu Taufe, Eheeinsegnung und Pfarrkonventen [7. August 1543] (Text S. 514)
Der Beitritt Frankfurts zum Schmalkaldischen Bund81 und die Unterzeichnung der Wittenberger Konkor-
die82 1536 waren zwar vorwiegend politisch motiviert, beide Schritte zogen jedoch Veränderungen der inner-
evangelischen Ausrichtung des Frankfurter Kirchenwesens nach sich. Um gegenüber den Bündnispartnern
Bekenntniskonformität zu demonstrieren und sich vom Verdacht des Zwinglianismus freizusprechen, hatte
der Rat in den ersten Jahren der Mitgliedschaft vorwiegend Prediger der Wittenberger Richtung angestellt.
Hierzu gehörte auch der Lutherschüler Peter Geltner, der seit 1536 in Frankfurter Diensten stand. Mit
dieser konfessionellen Positionierung der Frankfurter Religionspolitik war der dogmatische Konflikt ange-
legt, der im folgenden Jahrzehnt immer wieder unter den Geistlichen der Reichsstadt aufbrach. Bereits 1537
kam es bei der Abendmahls- und Bilderfrage zu einem massiven Zerwürfnis unter den Predigern, in dessen
Folge Peter Pfeiffer gen. Chomberg und Johann Bernhard gen. Algesheimer, die der Straßburger Theologie
anhingen, die Stadt verließen.83
1542/43 stritten die oberdeutschen Theologen Melchior Ambach, Johannes Lullius und Sebastian Liga-
rius mit den Lutheranhängern Matthias Limberger, Peter Geltner, Andreas Zöpfel und Eberhard Haber-
korn um die Inhalte des im Sommer 1541 vom Rat in Auftrag gegebenen Katechismus. Bei der Auseinan-
dersetzung um den Lehrtext, der nach einer aufreibenden Kontroverse unter den Geistlichen im Dezember
1542 gedruckt worden war,84 stand die Auffassung von Abendmahl und Kirchenschmuck im Mittelpunkt.
Auf Vermittlung Martin Bucers, der sich Ende 1542 in Frankfurt aufhielt, wurde am 9. Dezember schließ-
lich eine Konkordie über die strittigen Fragen ausgearbeitet, die von den Predigern in Anwesenheit der
78 IfSG Frankfurt, Ratsprotokolle 1543, fol. 24 (2. April);
Bürgermeisterbücher 1542 [!], fol. 112r (2. April).
79 Die Intensivierung der seelsorgerlichen Betreuung lässt
sich auch in der Reichsstadt Heilbronn feststellen, wo
die Anzahl der Gottesdienste erhöht wurde und der Rat
die Predigtzeiten neu regeln musste, Sehling, EKO
XVII/1, S. 303 (Entwurf Gottesdienstordnung 1532),
S. 317f. (Kirchenordnung 1543), S. 327f. (Kirchenord-
nung 1603), sowie die Heilbronner Kirchenordnung von
1627, Arend, Heilbronner Kirchenordnung, S. 175-178,
182f.
80 Vgl. Dienst, Gottesdienst, S. 161.
81 Siehe hierzu Jahns, Bund, S. 369-385; Haas, Refor-
mation, S. 11-13; Wolter, Konzil, S. 162-166.
82 Siehe hierzu Bauer, Bekenntnisstand (1923), S. 127-
138.
83 Johann, Kontrolle, S. 97f. Zum Prädikantenstreit von
1537 siehe Haas, Reformation, S. 48-54, 243-252; Mat-
thäus, Hamman, S. 404-414; Jahns, Frankfurt, S. 183.
84 „Ein clainer catechismus, in kurtze christliche fragstück
und antwort für die jugent zugericht, 1542“. Abdruck
bei Reu, Quellen II, 2, S. 1104-1114. Vgl. Dienst, Got-
tesdienst, S. 154. Dieser Katechismus war bis 1557 in
Geltung, als er „von einer lutherisch geprägten und ein-
gängigeren Version“ abgelöst wurde, Dienst, Gottes-
dienst, S. 200f.; Johann, Kontrolle, S. 138. Zur Frank-
furter Katechismuskontroverse von 1542 siehe Haas,
Reformation, S. 243-252; Telschow, Alte Frankfurter
Kirche, S. 10f.; Bauer, Bekenntnisstand (1923), S. 138-
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