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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0517
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1. Predigt- und Abendmahlsordnung 1530

tionr für die communicantens, auf daß alles fein,
richtig und ordentlich geschehe12, damit allerley
mißbrauch des sacraments verhütet werde und nit
auch unter uns, wie Paulus [von]tseinen Corin-
thern13 sagt, viel kran[cke] und ungesunde und ein
gut theil schlaffend, das ist, sterbend, gefunden wer-
de, dann wir handlen hier nicht schlecht14 brot und
wein, sondern Christus [!] fleisch und blut.
Nach dieser exhortation soll man beten für alle
stände umit einem angehefftem gebet, wie folget:
Erhebet euer hertzen zu Gott15, mit mir | 64v | zu
beten das vatter unser16, wie uns Christus gelehret
und erhörung tröstlich zugesaget hat, vdaß Got, un-
ser vater im himmel, uns, seine elende kinder auf
erden, barmhertziglich ansehen wolle und gnad ver-
leyhen, daß sein heiliger nahme unter uns und in
aller welt geheiligt werde durch reine, rechtschaffe-
ne lehr seines worts und durch brünstige lieb unsers
lebens, wolle genediglich abwenden alle falsche lehr
und böses leben, darinn sein werther nahm gelestert
und geschendet wird, daß auch sein reich zu komen
und gemehrt werde, alle sünder, verblendete und
vom teuffel [in se]in reich gefangen zur erkentnüß
des rechten glaubens an Jesum Christ, seinen sohn,
bringen und die zahl der christen groß machen, daß
wir auch mit seinem geist gesterckt seyn werden,
seinen willen zu thun und zu leiden, beyde, im leben
und sterben, im guten und bösen, allezeit unsern
willen brechen, opffern und tödten.
Wolt uns auch unser teglich brodt geben, | 65r |
für geitz und sorg des bauchs behüten, sonder uns
alles guts genug zu im versehen laßen. Woll uns auch
unser schuld vergeben, wie wir denn unsern schul-
digern vergeben, daß unser hertz ein sicher, frölich
gewißen für ihm habe und für keiner sünde uns nim-
mer fürchten noch erschrecken. Wolle uns nit ein-
füren in anfechtung, sondern helffen uns, durch sei-
r Entwurf: vermanung.
s Entwurf: so zum tisch des herrn gehn wollen.
t Ergänzt aus Entwurf.
u-u Entwurf: nemlich das vatter unser soll verstentlich und
klar gebettet werden, darein in einer feinen kurtzen sum-
ma Christus, der herr, gefasset hat unser aller gemeine
not und anligen.
v-v Aus Luthers Deutscher Messe, WA 19, S. 95f.

nen geist das fleisch zwingen, die welt mit ihrem
wesen verachten und den teuffel mit allen seinen
tücken überwinden, und zuletzt uns wolle erlösen
von allem übel beyde, leiblich und geistlich, zeitlich
und ewiglichv.
Wer das alles mit ernst begehrt und sein sünde
bekennet, der ist zu diesem nachtmahl zugelaßen.
Über den ungläubigen aber bleibt der zorn Gottesu.
Gleich darauf soll man mit claren, hellen wortten
aufs verstäntlichst gegen dem volck verlesen die
wortte Christi aus den evangelisten und S. Paulo,
dareinw diß sacrament gefaßet ist, und nit aus einem
evangelisten allein, sondern aus | 65v | allen zusam-
men gezogen, auf daß nit leichtfertige geister ursach
suchen, unsern text und wort Christi zu calumni-
iren, Dann den text muß man gewiß haben, damit
das gewißen daruff, als das genotigst hauptstück des
sacraments, gewißlich fußen möge, nehmlich auff
die meinung:
So schreiben die heiligen evangelisten Matheus,
Marcus, Lucas und S. Paulus17: Unser herr Jesus
Christus, in der nacht, da er verrathen ward, nahm
er das brodt, danckt und brachs und gabs seinen
jüngern und sprach: Nehmet hin, eßet; das ist mein
leib, der für euch gegeben wird. Solches thut zu mei-
nem gedechtnüß. Deßelben gleichen nahm er auch
den kelch nach dem abend[ma]hl, danckt und gab
ihn den und sprach: Nehmet hin und trincket alle
daraus; dieser kelch ist das new testament in mei-
nem blut, das für euch vergoßen wird zur vergebung
der sünden. Solches thut, so offt ihr trinckt, zu mei-
nem gedechtnüß.
Alßdann sollen die communicanten ordentlich hin-
zugehen, erstlich die menner, die sich zur rechten
seiten zusammen thun sollen, darnach die weiber
w Entwurf: in welche.
12 Vgl. 1Kor 14,40.
13 1Kor 11,27-30.
14 Schlicht, einfach.
15 Klgl 3,41.
16 Mt 6,9-13.
17 Mt 26,26-28; Mk 14,22-24; Lk 22,19-20; 1Kor 11,23-25.

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