Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0663
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Einleitung

1. Eheordnung 1566 (Text S. 645)
Wie andere Magistrate evangelischer Reichsstädte und Territorialherren erkannte auch der Gelnhäuser Rat
die für Eherechtsfragen bisher zuständig gewesene geistliche Gerichtsbarkeit der Mainzer Erzbischöfe nicht
mehr an, sondern nahm die Neuordnung des Eherechts selbst in die Hand. 1566 erließ er eine Eheordnung,
die zum einen heimliche Ehen ohne Einwilligung der Eltern, zum anderen Eheschließungen unter nahen
Verwandten verbot. Der Text weist große inhaltliche und formale Übereinstimmungen mit der Hanau-
Lichtenberger Eheordnung vom 2. April 1565 auf.17 Ein Exemplar dieses Textes könnte über die Grafen von
Hanau-Münzenberg, einen der Gelnhäuser Pfandherren, in die Reichsstadt gelangt sein.
2. Kirchenordnung [1568] (Text S. 652)
Johannes Nicenius, der von 1556 bis 1558 Hofprediger der Isenburger Grafen in Birstein gewesen war, hatte
für die Grafschaft Isenburg-Birstein 1557 bereits eine Kirchenzuchtordnung verfasst, die auf die mecklen-
burgische Kirchenordnung von 1552 zurückging.18 Auch in Gelnhausen wurde Nicenius mit der Erarbeitung
einer Ordnung betraut. Zusammen mit Johannes Strupp entwarf er einen Text, der in neun kurzen Artikeln
Regelungen für Feiertage, Sonntags- und Wochengottesdienste, Abendmahl, Taufe, Katechismusunterricht
und Krankenbesuche enthielt. Das Schriftstück ist nicht datiert. Junghans vermutete, dass Strupp und
Nicenius die Ordnung unmittelbar nach ihrem gemeinsamen Amtsantritt 1567 geschaffen haben, so dass sie
spätestens 1568 vorgelegen haben könnte.
3. Stadt-, Polizei- und Kirchenzuchtordnung [1599] (Text S. 655)
Bis Ende des 16. Jahrhunderts hatte der Gelnhäuser Rat mehrere Mandate erlassen, die das Zusammen-
leben der städtischen Bevölkerung und insbesondere ihr moralisches Verhalten regelten.19 Gegen Ende des
16. Jahrhunderts wurden sämtliche Einzelmaßnahmen zu einer umfangreichen Stadt-, Polizei- und Kir-
chenzuchtordnung zusammengefügt, die den Zünften zwei Mal im Jahr verlesen werden sollte.20 Das Regel-
werk, das sich auf die Confessio Augustana berief, verbot Fluchen und Schwören, gebot die Sonntagshei-
ligung und behandelte Eherechtsfragen. Daneben führte die Ordnung zahlreiche Regelungen zu Spielsucht,
Kleiderluxus, Maß und Gewicht, Kauf und Verkauf, Ehrerhaltung der Bürger, Verhalten der Dienstboten
sowie Gebäudeinstandhaltung aus.
Das Original der Ordnung konnte nicht aufgefunden werden, so dass unsere Edition dem mitunter den
Inhalt nur referierenden Abdruck bei Junghans folgen muss, wobei die Abschnitte, die keine kirchlichen
Belange betreffen, ausgelassen wurden. Die Anmerkungen im textkritischen Apparat der Edition sind -
wenn nicht anders angegeben - aus dem Druck bei Junghans übernommen.
Aus Gelnhausen haben sich zwei Hochzeitsordnungen im Original erhalten, die auf den 26. August 1563
und den 15. November 1565 datiert sind. Hierbei handelt es sich um Vorläufer der entsprechenden
Abschnitte in der Stadt-, Polizei- und Kirchenzuchtordnung. Beide Ordnungen sind im textkritischen
Apparat unserer Edition abgedruckt.

17 Siehe das Exemplar im FSBA Braunfels, A.61.1 III
556b. Die Hanau-Lichtenberger Ordnung wird abge-
druckt in Sehling, EKO XX/2.
18 Haupt, 450 Jahre, S. 11. Die Isenburger Zuchtordnung
ist als Handschrift überliefert im FYAB Büdingen, Fasz.
15/86, Abdruck in Sehling, EKO X. Vgl. Hufnagel,

Verhältnisse, S. 81; Meyer, Geschichte, S. 109; Koeh-
ler, Geschichte, S. 66; Michaelis, Grafschaft, S. 196.
19 Verschiedene Einzelregelungen aus den Jahren 1555 bis
1561 sind angeführt bei Junghans, Versuch, S. 238-246.
20 Ebd., S. 238, 249.

643
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften