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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0685
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Einleitung

1. Die Reichsstadt Wetzlar
Das Wetzlarer Marienstift bildete im 12. Jahrhundert den Mittelpunkt einer kleinen Siedlung,1 die in einer
Urkunde Friedrich Barbarossas von 1180 als königliche Stadt bezeichnet wurde und die bereits zu dieser
Zeit den Status einer Reichsstadt besaß. Der Kaiser ließ die Reichsburg Kalsmunt zum Schutz der Stadt
und des umliegenden Wetterauer Reichslandes ausbauen und setzte einen Vogt zur Verwaltung der städti-
schen Belange ein. Die Reichsvogtei Wetzlar war bis 1328 im Besitz der Merenberger, anschließend bis 1536
in der Hand der Grafen von Nassau-Weilburg und danach bis 1803 in der der Landgrafen von Hessen.2
Neben dem Vogt standen ein Schultheiß und ein zwölfköpfiges Schöffenkollegium an der Spitze der städ-
tischen Verwaltung.3Das Wetzlarer Marienstift besaß beträchtlichen Einfluss auf die Verfassung der Kom-
mune: Der Propst ernannte den Schultheiß und bezog den Marktzoll.4 Um 1260 lassen sich erstmals consules
in Wetzlar nachweisen, 1328 sind schließlich auch die beiden Bürgermeister erwähnt. Dieser Magistrat
schränkte die Kompetenzen von Vogt und Schultheiß in Wetzlar mehr und mehr ein.5
In der Reichsstadt Wetzlar und ihren vier Vorstädten Hausen, Silhofen, Neustadt und Langgasse lebten
Mitte des 14. Jahrhunderts rund 4000 Menschen.6 Zwischen 1150 und 1350 gelangte die Wetzlarer Wirt-
schaft vor allem durch Eisenbergbau und Textilgewerbe zur Blüte.7 Danach setzte jedoch ein rasanter
Verfall ein, der durch Brände, Auseinandersetzungen mit den umliegenden Territorialherren, die Pest, Ver-
legung der Handelsstraßen sowie Fehlentscheidungen des Rats verursacht war.8 Die Folge war eine städ-
tische Verarmung, die 1369 in der vollständigen Bankrotterklärung mündete. Mitte des 16. Jahrhunderts
war Wetzlar zwar immer noch eine freie Reichsstadt, die jedoch nur noch von rund 1600 Menschen bewohnt
und von baulichem Verfall gezeichnet war.9 Die Situation verbesserte sich erst wieder, als 1689 das Reichs-
kammergericht von Speyer nach Wetzlar verlegt wurde, wodurch umfassende Modernisierungsmaßnahmen
in Angriff genommen wurden.10
Während des gesamten Mittelalters war die Marienkirche die überragende kirchliche Institution in
Wetzlar.11 Sie war zum einen Stiftskirche für 15 Kanoniker und 50 Altaristen, zum anderen die einzige
Pfarrkirche der Reichsstadt. Bedingt durch diese Doppelfunktion feierten die Kanoniker ihre Messen im
Chor, während die Gemeinde das Langhaus nutzte. Dem Stiftskapitel oblag das Präsentationsrecht für den
Pfarrer.12 Nach anhaltenden Auseinandersetzungen zwischen Stift und Stadt wurde 1231 ein Vertrag bezüg-
lich der Präsentation des Pfarrers geschlossen, worin der Stadt ein Mitspracherecht verbrieft wurde: Je drei
Stiftskanoniker und drei Schöffen sollten gemeinsam den Pfarrer nominieren.13 Der hiermit begründete

1 Heitzenröder, Reichsstädte, S. 23.
2 Interthal, Reichsvogtei; Heitzenröder, Reichs-
städte, S. 26; Schindling/Schmidt, Frankfurt, S. 54.
3 Felschow, Wetzlar, S. 39-80; Schieber, Normdurch-
setzung, S. 57-82.
4 Heitzenröder, Reichsstädte, S. 23.
5 Felschow, Wetzlar, S. 15.
6 Press, Wetzlar, S. 58; Jung/Wiedl, Statutenbuch,
S. 2.
7 Heitzenröder, Reichsstädte, S. 25.
8 Die Grafen von Solms versuchten jahrzehntelang, Wetz-
lar in ihr Territorium einzugliedern, blieben jedoch

erfolglos, Press, Wetzlar, S. 60f. Vgl. Felschow, Wetz-
lar, S. 121-213; Hahn, Untersuchungen, S. 151-168;
Jung/Wiedl, Statutenbuch, S. 2f.
9 Jung/Wiedl, Statutenbuch, S. 3; Veltmann, Wetz-
lar, S. 72-158.
10 Press, Wetzlar, S. 80-85.
11 Marschall, Marienstift, S. 138f.; Hahn, Untersu-
chungen, S. 24-123. Zur Propstei des Marienstifts siehe
Schulten, Grafen von Solms, S. 43-56.
12 Schulten, Zwo religionen, S. 86.
13 Urkundenbuch Wetzlar I, Nr. 14; vgl. Heitzenröder,
Reichsstädte, S. 65-67; Felschow, Wetzlar, S. 35;

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