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Orth, Christian; Aristophanes
Fragmenta comica (FrC) ; Kommentierung der Fragmente der griechischen Komödie (Band 10,3): Aristophanes, Aiolosikon - Babylonioi (fr. 1-100): Übersetzung und Kommentar — Heidelberg: Verlag Antike, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.53730#0016
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Aristophanes

Vgl. auch Schol. Ar. Nub. 1372a und Tzetz. ad 1371a (= Eur. Αίολος test, iva
Kn.).
Der weitere Verlauf der Handlung ist nicht in allen Details klar und kann
nur aus weiteren Quellen rekonstruiert werden, deren Bezug auf Euripides
wahrscheinlich, aber gerade in einzelnen Details nicht sicher ist: Bei oder
nach der Geburt entdeckt Aiolos die Verfehlung der Kanake, befiehlt, das Kind
auszusetzen,3 schickt Kanake ein Schwert, mit dem sie Selbstmord begehen
soll, und wird dann von Makareus angefleht, sie zu begnadigen (vgl. Sostratos
FGrHist 23 F 3 ap. Stob. 4,20,72 Μακαρεύς δέ τον γεννήσαντα προεξιλεωσά-
μενος εδραμεν εις τον θάλαμον). Eine um 410 ν. Chr. entstandene protoluka-
nische Hydria (Bari 1535, LIMC Aiolos 1 = LIMC Kanake 1, Eur. Αίολος test,
vi Kn.) zeigt Kanake mit dem Schwert in der Hand auf ihrem Bett liegend und
daneben, wie Aiolos zu dem gefesselten Makareus spricht und zugleich mit
seinem Stock auf ihn weist, während vielleicht Makareus’ Fesseln schon gelöst
werden (vgl. Kannicht 2004, 160). Makareus könnte also im letzten Moment
Aiolos überzeugt haben, Kanake zu begnadigen; aber als er dann zu ihrem
Gemach rennt, findet er sie bereits tot vor und begeht mit demselben Schwert
Selbstmord, mit dem sich auch Kanake getötet hat (Sostratos FGrHist 23 F 3 ap.
Stob. 4,20,72).4 Wie das Stück endete, ist unbekannt: Vielleicht trat am Ende ein
Gott auf, der z.B. die Ehen der Geschwister für diesen einen Fall anerkannt,
ansonsten aber eine Aitiologie für die attische Rechtslage geliefert und/oder
die Zukunft von Triopas, dem Sohn von Makareus und Kanake,5 verkündet
haben könnte (vgl. mit weiterer Literatur Mülke 1996, 52-3).
Die Fragmente von Euripides’ Stück liefern noch einige weitere Hinweise:
Der erhaltene erste Vers ή δεινά καί δύσγνωστα βουλεύει θεός (fr. 13a Kn.)
zeigt, dass zu Beginn kein Gott sprach; als Prologsprecher, der über die nöti-
gen Vorkenntnisse verfügte, kommt besonders Kanakes Amme in Frage (vgl.
Webster 1967,158). fr. 19-22 Kn. stammen wahrscheinlich aus der Szene, in der
Makareus Aiolos davon überzeugt, seine Kinder untereinander zu verheiraten.

3 Vgl. Ov. Her. 11,83-90.
4 Das Verhalten des Aiolos könnte die Athener dabei durchaus an die Mytilene-
Episode 427 v. Chr. erinnert haben. Zu weiteren möglichen zeitgeschichtlichen
Bezügen des Aiolos vgl. Mülke 1996, 54-5.
5 Ob dieser in Euripides’ Version tatsächlich überlebte, lässt sich nicht sicher sagen.
Triopas ist sonst (als Sohn von Kanake und Poseidon) mit Aiolos dem Sohn des
Hellen verbunden (Gantz 1993, 169), aber da Euripides beide Figuren miteinander
verband (vgl. oben S. 10-1), wäre das kein Grund gegen die Annahme, dass bei
Euripides der Sohn von Makareus und Kanake Triopas hieß und überlebte. Am
Ende des erhaltenen Teils der Hypothesis könnte davon die Rede sein, wie die
Amme das Kind in Sicherheit bringt (vgl. Kannicht 2004, 159).
 
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