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Orth, Christian; Aristophanes
Fragmenta comica (FrC) ; Kommentierung der Fragmente der griechischen Komödie (Band 10,3): Aristophanes, Aiolosikon - Babylonioi (fr. 1-100): Übersetzung und Kommentar — Heidelberg: Verlag Antike, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.53730#0084
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80

Aristophanes

ein Schauspiel betrachten (wie Kaibel ap. Kassel/Austin vermutet, vgl. Ar.
Ach. 262 θεώ μ’ άπό τού τέγους). Aber die überlieferte Form mit κάπΐ kann
hier - mit einer anderen inhaltlichen Deutung - gehalten werden (vgl. zur
Interpretation).
Interpretation Das Fragment könnte aus demselben Kontext stammen wie
das ebenfalls choriambische fr. 9,151 und ist somit vielleicht ebenfalls dem
Chor zuzuweisen.152 Besser als ein Bezug auf den Weg von Ehebrechern
ins Haus (Bergk ap. Meineke II.2 (1840) 948, und vgl. schon Jungermann
ap. Lederlin/Hemsterhuis 1706, 1171 und Grauert 1828, 501-2, mit Hinweis
auf Xenarch. fr. 4,11 μηδέ δι’ οπής κάτωθεν είσδΰναι στέγης)153 oder das
Betrachten eines Spektakels vom Haus aus (Kaibel ap. Kassel/Austin)154
passt auf den überlieferten Wortlaut mit έπί + Gen. vielleicht die Vermutung,
dass hier über Wege gesprochen wird, auf denen untreue Frauen mit einem
Ehebrecher kommunizieren: Sie können mit ihm ebenso durch eine Öffnung
in der Tür sprechen wie sich mit ihm (oder z. B. einem von ihm geschickten
Sklaven) auf dem Dach treffen.155 Damit würde das Fragment auch gut in
die Darstellung der δεινά έργα der Frauen in fr. 9 passen. Vgl. auch Ar. Pac.
979-85, Eccl. 924 (und vgl. auch Thesm. 797-9, Eccl. 884), wo jeweils von

151 So schon Dobree 1833, 249; vgl. auch Perusino 1989, 51, die beide Fragmente der
Parodos zuweist (vgl. dazu oben S. 34).
152 Vgl. z.B. Bertan 1984, 175-6, Perusino 1987, 64, Gil 1989, 51.
153 Grauert vermutet, dass hier beschrieben wird, wie Makareus in das Gemach seiner
Schwester gelangt (was schon deswegen unwahrscheinlich ist, weil sie im selben
Haus wohnen), nennt aber (was wichtiger ist) zum Vergleich Xenarch. fr. 4,11 μηδέ
δι’ οπής κάτωθεν είσδΰναι στέγης (wo von den Wegen der Ehebrecher die Rede
ist, auf denen sie in ein Haus gelangen können). Im Fragment aus dem Aiolosikön
deutet allerdings nichts darauf, dass hier von einem Loch im oder am Dach die Rede
ist (καί δι’ οπής κάπί τέγους spricht eher dagegen), und έπί τέγους passt weniger
gut, wenn hier davon die Rede ist, wie ein Ehebrecher vom Dach ins Haus kommt.
Vgl. auch Rogers 1907, xxvi, der vermutet, dass die Töchter des Aiolos bzw. Sikon
in dem Stück als Prostituierte dargestellt waren, und ihre Liebhaber „would come
swarming over the roof and through every opening“ (das würde allerdings eher
zu Ehebrechern passen als zu den Besuchern von Prostituierten).
154 Vgl. gegen beide Hypothesen schon Kassel/Austin ad l. Bezeichnend für die
Schwierigkeit ist die von Edmonds I (1957) 576 Anm. 1 (und vgl. 577 Anm. a)
vorgeschlagene Korrektur zu καπό τέγους.
155 Eine ähnliche Vermutung stellt jetzt auch Pellegrino 2015, 44 auf, der die Versuche
der streikenden Frauen, von der Akropolis zu den Männern zu kommen, bei Ar.
Lys. 717-25 (vgl. 720 τήν οπήν) vergleicht. Es wäre denkbar, dass schon die Passage
der Lysistrate typische (Komödien-)Vorstellungen, wie die Frauen versuchen, aus
ihren Häusern zu einem Ehebrecher zu gelangen, aufgreift.
 
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