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Orth, Christian; Aristophanes
Fragmenta comica (FrC) ; Kommentierung der Fragmente der griechischen Komödie (Band 10,3): Aristophanes, Aiolosikon - Babylonioi (fr. 1-100): Übersetzung und Kommentar — Heidelberg: Verlag Antike, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.53730#0228
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224

Aristophanes

Ήρωες (Chionides, Krates, Aristophanes, Timokles, Philemon) und Ήρως
(Menander, Diphilos).
2. Ein Anhaltspunkt, dass es in dem Stück nicht nur um den Heros /Daimon
Anagyros ging, sondern auch die zu diesem überlieferte Legende aufgegriffen
wurde, lässt sich aus der Parodie von Eur. Hipp. 219-22 in fr. 53 gewinnen.22
Denn die Handlung des euripideischen Hippolytos hat insgesamt auffällige
Ähnlichkeit mit der Anagyroslegende:23 Aus Zorn darüber, dass Theseus’ Sohn
Hippolytos sie nicht verehrt, sorgt Aphrodite dafür, dass sich seine Stiefmutter
Phaidra in ihn verliebt. Phaidra versucht ihre Leidenschaft für sich zu behalten
und sich zu Tode zu hungern, doch ihre Amme eröffnet Hippolytos Phaidras
Liebe, die dieser zurückweist. Aus Furcht, Hippolytos könnte sie verraten,
begeht Phaidra Selbstmord und verleumdet zugleich Hippolytos vor Theseus
in einem Brief mit der Behauptung, dieser habe sie vergewaltigt. Theseus ver-
flucht seinen Sohn und bittet seinen Vater Poseidon, Hippolytos zu töten, was
dieser tut, indem er durch einen riesigen aus dem Meer kommenden Stier die
Pferde des Hippolytos scheu macht; diese ziehen in Panik den Wagen auf ein
felsiges Gelände, wo der Wagen umstürzt und Hippolytos tödlich verwundet
wird. Bevor er stirbt, erfährt Theseus von Artemis die Wahrheit, und es kommt
zu einer letzten Begegnung von Vater und Sohn. Gemeinsamkeiten mit der
Anagyros-Legende bestehen in der von einer Gottheit als Strafe geschickten
Liebe einer Stiefmutter zu dem Stiefsohn mit folgender Verleumdung, die zur
Katastrophe, nämlich der Tötung des Sohns durch den Vater, führt.
3. Ein Vergleich von fr. 53 mit der tragischen Vorlage gibt interessante
Einblicke in die Parodietechnik an dieser Stelle: Bei Eur. Hipp. 219-22 äußert
die in ihren Stiefsohn Hippolytos verliebte Phaidra (in einem Wechselgesang
mit ihrer Amme in anapästischen Dimetern) den Wunsch, auf die Jagd gehen.
In fr. 53 ist zwar ebenfalls von der Jagd die Rede, jedoch wird dieses Motiv
dort lächerlich verkleinert und zu einer Jagd auf Zikaden und ähnliche kleine
Tiere mit einer Leimrute abgewandelt. Auch die Intention der Sprecherin
scheint eine andere zu sein als im euripideischen Vorbild, und es scheint ihr
nicht so sehr um die Teilnahme an der Jagd zu gehen als um den folgenden

22 Vgl. besonders Bergk ap. Meineke II.2 (1840) 959-60, Bothe 1844b, 20, Muhl 1881,
48-9 (der überhaupt die Parodie des Hippolytos für das eigentliche Thema des Stücks
hält; contra: Brandes 1886, 29-31), Herzog 1931, 127-8, Kaibel ap. Kassel/Austin,
PCG III.2 (1984) 52, Sommerstein 2001, 220, Henderson 2007, 129, Halliwell 2015,
237. - Skeptisch Hiller 1879, 93-4 (der darauf hinweist, dass der Hippolytos von
Aristophanes auch sonst öfter zitiert wird).
23 Vgl. den (etwas ausführlicheren) Überblick über die Handlung des Stücks von
Kovacs 1995, 117-8.
 
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