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Orth, Christian; Aristophanes
Fragmenta comica (FrC) ; Kommentierung der Fragmente der griechischen Komödie (Band 10,3): Aristophanes, Aiolosikon - Babylonioi (fr. 1-100): Übersetzung und Kommentar — Heidelberg: Verlag Antike, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.53730#0267
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Άνάγυρος (fr. 47)

263

Interpretation In dem Vers werden zwei getrennte Aussagen, das Sprichwort
όδοΰ παρούσης την άτραπόν ζητείς (s.o. zum Zitatkontext, und vgl. auch
Thphr. Char. 13,6 καί άτραπόν ήγήσασθαι, εϊτα μη δύνασθαι εύρεΐν οΐ
πορεύεται mit Diggle 2004, 329) und (wie Kassel/Austin ad l. zeigen) der
Gedanke vom Sturz ins Wasser an der Anlegestelle, d. h. in dem Moment, an
dem man eigentlich gerettet sein sollte (όρμου παρόντος ... κατερρύην), zu
einer Einheit verschmolzen119 (möglich wird diese Verbindung durch das dem
Sprichwort und der neuen Aussage gemeinsame Partizip von παρεΐναι und
den ähnlichen Klang von όδοΰ und όρμου), κατερρύην wirkt dabei zugleich
wie ein Aprosdoketon,120 das allerdings durch όρμου am Versanfang bereits
vorbereitet wird. Zu der syntaktischen Struktur des Verses vgl. auch Eup. fr.
355 οίνου παρόντος όζος ήράσθη πιεΐν.
Das Motiv vom Ertrinken im Hafen taucht mehrfach in hellenistischen
Epigrammen auf (vgl. Antipater AP 7,639 = GPh 391-6 und AP 9,82 = GPh
151-6, Leonidas AP 7,625 = GPh 251-6), und vgl. auch die Vorstellung vom
Schiffbruch im Hafen (zuerst Prop. 2,25,24 cum saepe in portu fracta carina
natat, und vgl. mit weiteren Beispielen Tosi 194-5 §424). Vgl. besonders auch
(mit ähnlicher Formulierung wie bei Aristophanes) Ps.-Ioann. Chrysost. In
mediam pentecosten MPG vol. 61p. 742,53-54 τού λιμένος παρόντος έναυά-
γουν οί δεινοί.
Die übertragene Aussage ist hier vielleicht: „obwohl es eine offensicht-
liche/einfache Lösung/Rettung gab, entschied ich mich für einen schweren
Weg - und ging dabei ins Unglück (oder auch wörtlich: „stürzte dabei ab“).121
όρμου Als όρμος (eig. „Kette“) wird der Ankerplatz eines Schiffs (meist
in einem Hafen) bezeichnet (LSJ s.v. II.1, vgl. Hom. II. 1,435, Od. 13,101.
15,497, Minyas fr. 1,2 vol. I p. 137 Bernabe, Aesch. Ag. 665 [in Bezug auf einen
Ankerplatz außerhalb eines Hafens], Hdt. 7,188,3. 8,18,1, Soph. OT 196, Phil.
218. 302, Eur. Hec. 450, IA 1321. 1496, Thuc. 4,26,3. 6,44,2. 7,41,1).
την άτραπόν Das Wort bezeichnet einen Pfad (oft auf einem Hügel
oder Berg); zur Gegenüberstellung von ατραπός und οδός („Straße“) (wie im

119 Zu einem einfacheren Beispiel für eine ähnliche (an sich unlogische) Verschmelzung
vgl. Cephisod. fr. 1 (mit Orth 2014a (FrC 9.2) 314, und mit weiteren Beispielen ebd.
208-9 zu Diocl. fr. 6).
120 So Crusius 1910, 53 Anm. 4.
121 Ähnlich schon (allerdings verbunden mit weiteren ganz unsicheren Spekulationen)
Bothe 1844b, 23. Ganz unsicher sind auch die Versuche einer genaueren Kontextua-
lisierung von Schmid 1946, 199 Anm. 2 (der das Fragment - zusammen mit ande-
ren - mit einer Flucht in Verbindung bringt) und Edmonds I (1957) 585 Anm. g (der
an den Sturz von einem Pferd denkt).
 
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