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Orth, Christian; Aristophanes
Fragmenta comica (FrC) ; Kommentierung der Fragmente der griechischen Komödie (Band 10,3): Aristophanes, Aiolosikon - Babylonioi (fr. 1-100): Übersetzung und Kommentar — Heidelberg: Verlag Antike, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.53730#0389
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Βαβυλώνιοι (test, iv)

385

gegen Aristophanes (oder Kallistratos) vermutete;91 andererseits ist aber eine
Verspottung des Kleon in den Babylönioi auch insofern plausibel, als er schon
427 v. Chr. in der Mytilenedebatte im Mittelpunkt stand und eine gegenüber
den Mytilenern besonders harte Haltung vertrat (vgl. oben S. 371-2). Unklar
bleibt aber in jedem Fall, ob es sich dabei um eine nur punktuelle Verspottung
handelte oder Kleon tatsächlich schon diesem Stück eine wichtige Rolle spielte
(vgl. oben S. 364-5).
Bei der Interpretation der Nachricht ergeben sich komplizierte Probleme,
die einerseits das genaue Verständnis des Wortlauts, andererseits aber auch die
Ermittlung der genauen Quellen, und letztlich besonders die Frage betreffen,
wie die inhaltlichen Elemente der Babylönioi ausgesehen haben können, auf
die hier Bezug genommen wird:
Unklar ist zunächst schon, ob unter άρχαί Ämter (so die wörtliche Be-
deutung, vgl. Aeschin. 1,112 άλλα περί μέν τάς κληρωτάς άρχάς έστι τοιοΰτος,
περί δέ τάς χειροτονητάς βελτίων) oder Beamte zu verstehen sind. Sicherlich
ist eine Verspottung besonders effektiv, wenn sie sich gegen einzelne Personen
richtete, doch selbst dann bleibt unklar, ob diese eher als (dann vielleicht auch
namentlich benannte) Individuen oder als Vertreter der von ihnen bekleideten
Ämter angegriffen wurden (etwa wenn in einer Szene ein anonym bleiben-
der Stratege oder Prytane auftrat). Meist wird angenommen, dass sich die
Verspottung hier gegen einzelne Personen richtete (vgl. im vorausgehenden
Text έν οίς πολλούς κακώς είπεν), doch vermutet ζ. Β. Fois 1998, 117, dass
sich der Spott auch gegen die Institutionen der athenischen Demokratie selbst
richtete. Fragen kann man sich zudem, ob Kleon hier neben diesen Beamten
oder als einer von ihnen (vielleicht als Mitglied der Boule92) genannt wird.93
Die Quelle dieser Nachricht ist höchstwahrscheinlich der Text der
Babylönioi selbst.94 Allerdings kann auch nicht ausgeschlossen werden,

91 Carawan 1990, 141 mit Anm. 13 vergleicht den Text der Aristophanesvita (= test,
v) und vermutet, dass die Erwähnung der Verspottung des Kleon „an added in-
ference of the scholiast“ ist. Allerdings fehlen in der Aristophanesvita auch die
gewählten Beamten, und eine einfachere Erklärung des Unterschieds ist, dass die
Aristophanesvita eine stärker epitomierte Fassung desselben Materials bietet.
92 Vgl. Starkie 1909, 248 und Bauman 1990, 55. Zu der Frage, wann genau Kleon
βουλευτής war, vgl. unten S. 398.
93 Einen (allerdings ganz unsicheren) Hinweis darauf könnte man vielleicht in der
Verbindung mit τε ... καί sehen (wenn diese die gewählten und erlösten Beamten
einerseits und Kleon andererseits enger miteinander verknüpft).
94 Vgl. MacDowell 1995, 31, und besonders Sommerstein 2004, 148, der in Anm. 13
als Alternative Kleons Rede gegen Aristophanes als Quelle nennt (die Möglichkeit,
dass von Kleon eine solche Rede erhalten blieb, aber als ganz unwahrscheinlich
 
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