Metadaten

Bagordo, Andreas
Fragmenta comica (FrC) ; Kommentierung der Fragmente der griechischen Komödie (Band 1,1): Alkimenes - Kantharos: Einleitung, Übersetzung, Kommentar — Heidelberg: Verl. Antike, 2014

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47735#0041
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
40

Chionides

dar (vgl. hier unten, zu v. 2). Hier wird άτενώς bevorzugt: so emendierte bereits
Emperius 1847, 309; symptomatisch für das Unverständnis, auf das άτεχνώς
stieß, ist schon die an sich wenig wahrscheinliche Konjektur von Bentley 1708,
53 άλύχνους ,ohne Lampe“.
Interpretation Ein wohl älterer Mann beschwert sich über einen Jungen (sei-
nen Sohn?), der, statt sich militärisch zu engagieren wie viele Altersgenossen,
sich einem verwöhnten und lässigen Leben hingibt (vgl. Meineke II. 1 5:
„Sunt haec fortasse patris verba ad filium mollitiei deditum et belli aerumnas
detrectantem“; Kock I 4: „sunt verba admonentis adulescentem, ne mollitiae
et luxuriae se dedat“). Nicht unvorstellbar ist also die Präsenz des Motivs
eines Generationenkonfliktes zwischen Vater und Sohn, wie wir ihn v. a. aus
Aristophanes’ Wolken und Wespen kennen (vgl. Zimmermann 2007), und zwar
in einer Konstellation, in der die Väter vermutlich noch der Generation der
Perserkriege angehören, und den Mythos der alten Kampftugenden vor den
Jüngeren lebendig halten. Andererseits ist im Fragment von vielen Jünglingen
die Rede, die ein positives Pendant zum nichtsnutzigen angeredeten Jungen
darzustellen scheinen. Dieser wird also nicht direkt mit der älteren Generation
kontrastiert, sondern mit den Gleichaltrigen, was aber wiederum auch nur ein
rhetorisches Mittel sein könnte, um den Jungen in seiner Tatenlosigkeit zu
isolieren. Der parenthetische Ausdruck κού κατά σε ließe sich mit ,und nicht
deiner Art“ wiedergeben - vermutlich in bezug auf die Körperverfassung des
Jungen, der viel mehr leisten könnte (etwa im Krieg) als Gleichaltrige, die
vielleicht nicht so kräftig sind, dafür aber mutig, opferbereit oder patriotisch;
alternativ im Sinne von ,und nicht wie du, anders als du“ - und zwar konkreter
bezogen auf die militärischen Tätigkeiten, denen sich die zum Vorbild dienen-
den Jungen hingeben, der Angesprochene aber nicht. Andererseits könnte
im weniger wahrscheinlichen Fall, daß νεανίας als Prädikativum zu πολλούς
fungiert (, viele kenn’ ich, und nicht junge Leute wie dich“, d. h.,Leute, die älter
sind als du“), der Generationenkonflikt tatsächlich ältere Leute vs. jüngere
Leute betroffen haben.
Das Detail der ,Binsenmatte“ (v. 1) der anderen Jungen suggeriert, daß der
hier gerügte Junge ein ähnliches Verhalten haben dürfte wie etwa Pheidippides
zu Beginn von Aristophanes’ Wolken: in Ar. Nub. 8-10 (άλλ’ ούδ’ ό χρηστός
ούτοσί νεανίας / εγείρεται τής νυκτός, άλλα πέρδεται / έν πέντε σισύραις
έγκεκορδυλημένος) beschwert sich sein Vater Strepsiades darüber, daß ,dieser
brave Junge“ die ganze Nacht ununterbrochen schläft, und zwar gehüllt in
nicht weniger als fünf dicke Röcke aus Ziegenfell (zum zusammenhängenden
Thema der Körpertemperatur auf der attischen Bühne vgl. Geddes 1987, 319:
„People who believe that health consists of the right balance of humours
may well have found it easy to believe that overheating the body weakens it.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften