Incertarum fabularum fragmenta (fr. 37)
181
Interpretation Der Sprechanlaß (wohl aus einem Dialog stammend) ist die
Verwunderung eines Sprechers (des Hausherrn?) über die lärmende Menge
sowie die Tatsache, daß diese Menge das (sein?) Haus umsteht. Das deik-
tische ήδε macht deutlich, daß die beschriebene Szene gerade auf der Bühne
stattfindet. Die tragica oratio ist im ganzen Satzbau sowie in der Wahl von
δόμων evident (nach der Formulierung von Kaibel in Kassel-Austin z.St.).
Neben dem emphatischen Fragesatz ist auch der Wortschatz recht eindeutig
konnotiert: das gilt insbes. für κραυγή und δόμων; von περίστασις sagt der
Zitatträger, es sei desgleichen ein Wort der Tragödie (wiewohl keine Belege
angeführt werden).
τίς - περίστασις; Der Fragesatz erinnert in Gänze an Eur. IT 1307-8
(τίς άμφί δώμα θεάς τόδ’ ϊστησιν βοήν / πύλας άράξας καί ψόφον πέμψας
εσω; ,wer setzt um dieses Haus der Göttin sein Geschrei, bestürmt die Tore
und wirft einen Tumult da rein?‘), die erzürnte Reaktion von König Thoas
auf den Boten, der schlechte Nachrichten angekündigt hat; in Ar. Ach. 1072
(τίς άμφί χαλκοφάλαρα δώματα κτυπεΐ; ,wer klopft um die erzgeschmückte
Behausung?“) gehört der gesamte Wortschatz gehobener Diktion an und klingt
paratragisch (van Leeuwen 1901, z.St. erkannte eine Folie in Eur. Bacch. 60-1
άμφί δώματ’ έλθούσαι τάδε / κτυπεΐτε Πενθέως; vgl. Rau 1967, 138; zu der
Acharner-Stelie bemerkt Olson 2002, z.St, wie άμφί „exceedingly common in
tragedy“, in der Komödie nur in lyrischen Partien belegt und somit dem geho-
benen Stil zuzurechnen ist, während der Rest des Verses „a bit of paratragic
bombast“ aufweist).
κραυγή Es handelt sich um ein Nomen actionis, das ein nicht (mehr)
vorhandenes Primär-Verb voraussetzt, welches ebenso onomatopoetisch war
wie das gleichbedeutende κράζειν (vgl. Frisk GEW, s.v. κραυγή). Auch diesem
Wort, wofür Euripides eine Vorliebe zeigt, dürfte eine tragische Nuance nicht
fremd sein: Eur. Or. 1510 (ούτι που κραυγήν εθηκας, Μενέλεων βοηδρομεΐν;),
1529 (τού δε μή στήσαί σε κραυγήν οϋνεκ’ έξήλθον δόμων), El. 694-5 (υμείς
δε μοι, γυναίκες, εύ πυρσεύετε / κραυγήν άγώνος τοϋδε), Andr. 1144 (κραυγή
δ’ έν εύφήμοισι δύσφημος δόμοις), Ion. 893 (κραυγάν Ώ μάτέρ μ’ αύδώσαν),
Hipp. 902 (κραυγής άκούσας σής άφικόμην, πάτερ, σπουδή), Hec. 1109
(κραυγής άκούσας ήλθον).
In der attischen Prosa erscheint es zumeist in bezug auf Menschenlärm
(auch auf dem Schlachtfeld). Besonders relevant für Telekleides’ Fragment
sind folgende Passagen: in Thuc. II 4,2 (καί τών γυναικών καί τών οίκετών
άμα άπό τών οικιών κραυγή τε καί όλολυγή χρωμένων) folgen auf das Getöse
(θόρυβος) der angreifenden Plataier das Geschrei und Gejammer der theba-
nischen Frauen und Sklaven, die die Feinde mit Steinen und Ziegeln von den
Hausdächern bewarfen; in Aeschin. 3,122 (κραυγή πολλή καί θόρυβος ήν
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Interpretation Der Sprechanlaß (wohl aus einem Dialog stammend) ist die
Verwunderung eines Sprechers (des Hausherrn?) über die lärmende Menge
sowie die Tatsache, daß diese Menge das (sein?) Haus umsteht. Das deik-
tische ήδε macht deutlich, daß die beschriebene Szene gerade auf der Bühne
stattfindet. Die tragica oratio ist im ganzen Satzbau sowie in der Wahl von
δόμων evident (nach der Formulierung von Kaibel in Kassel-Austin z.St.).
Neben dem emphatischen Fragesatz ist auch der Wortschatz recht eindeutig
konnotiert: das gilt insbes. für κραυγή und δόμων; von περίστασις sagt der
Zitatträger, es sei desgleichen ein Wort der Tragödie (wiewohl keine Belege
angeführt werden).
τίς - περίστασις; Der Fragesatz erinnert in Gänze an Eur. IT 1307-8
(τίς άμφί δώμα θεάς τόδ’ ϊστησιν βοήν / πύλας άράξας καί ψόφον πέμψας
εσω; ,wer setzt um dieses Haus der Göttin sein Geschrei, bestürmt die Tore
und wirft einen Tumult da rein?‘), die erzürnte Reaktion von König Thoas
auf den Boten, der schlechte Nachrichten angekündigt hat; in Ar. Ach. 1072
(τίς άμφί χαλκοφάλαρα δώματα κτυπεΐ; ,wer klopft um die erzgeschmückte
Behausung?“) gehört der gesamte Wortschatz gehobener Diktion an und klingt
paratragisch (van Leeuwen 1901, z.St. erkannte eine Folie in Eur. Bacch. 60-1
άμφί δώματ’ έλθούσαι τάδε / κτυπεΐτε Πενθέως; vgl. Rau 1967, 138; zu der
Acharner-Stelie bemerkt Olson 2002, z.St, wie άμφί „exceedingly common in
tragedy“, in der Komödie nur in lyrischen Partien belegt und somit dem geho-
benen Stil zuzurechnen ist, während der Rest des Verses „a bit of paratragic
bombast“ aufweist).
κραυγή Es handelt sich um ein Nomen actionis, das ein nicht (mehr)
vorhandenes Primär-Verb voraussetzt, welches ebenso onomatopoetisch war
wie das gleichbedeutende κράζειν (vgl. Frisk GEW, s.v. κραυγή). Auch diesem
Wort, wofür Euripides eine Vorliebe zeigt, dürfte eine tragische Nuance nicht
fremd sein: Eur. Or. 1510 (ούτι που κραυγήν εθηκας, Μενέλεων βοηδρομεΐν;),
1529 (τού δε μή στήσαί σε κραυγήν οϋνεκ’ έξήλθον δόμων), El. 694-5 (υμείς
δε μοι, γυναίκες, εύ πυρσεύετε / κραυγήν άγώνος τοϋδε), Andr. 1144 (κραυγή
δ’ έν εύφήμοισι δύσφημος δόμοις), Ion. 893 (κραυγάν Ώ μάτέρ μ’ αύδώσαν),
Hipp. 902 (κραυγής άκούσας σής άφικόμην, πάτερ, σπουδή), Hec. 1109
(κραυγής άκούσας ήλθον).
In der attischen Prosa erscheint es zumeist in bezug auf Menschenlärm
(auch auf dem Schlachtfeld). Besonders relevant für Telekleides’ Fragment
sind folgende Passagen: in Thuc. II 4,2 (καί τών γυναικών καί τών οίκετών
άμα άπό τών οικιών κραυγή τε καί όλολυγή χρωμένων) folgen auf das Getöse
(θόρυβος) der angreifenden Plataier das Geschrei und Gejammer der theba-
nischen Frauen und Sklaven, die die Feinde mit Steinen und Ziegeln von den
Hausdächern bewarfen; in Aeschin. 3,122 (κραυγή πολλή καί θόρυβος ήν