20. Mai 2000
59
wandschaftsgrad mit diesen Primaten. Die früher so provokative These „Der Mensch
stammt vom Affen ab“ verliert rasch ihren provokativen Charakter, wenn wir erken-
nen, daß auch unsere Stammformen über viele hundert Millionen Jahre sich aus den
ursprünglich primitivsten Lebensformen entwickelt haben. Dies unbeschadet der Tat-
sache, daß vor 10-20 Millionen Jahren unsere Vorfahren sich kaum von anderen baum-
bewohnenden höheren Primaten unterschieden, nach heute gültiger Nomenklatur
auch sicherlich als solche klassifiziert würden. Sie waren gleichzeitig die Stammformen
der Schimpansen und der uns besonders nahe verwandten Zwergschimpansen (Bono-
bos).
Die Plastizität des Erbguts und die sich ändernden Umweltbedingungen bestimm-
ten einen Zickzackkurs, den das heben in seiner vermutlich 3 Milliarden Jahre währen-
den Geschichte nahm. Es gab Umweltkatastrophen vor etwa 240 und dann erneut vor
60 Millionen Jahren - wohl hervorgerufen durch schwere Meteoriteneinschläge, die
fast zur Vernichtung allen Lebens auf der Erde führten. Sie haben jeweils eine drasti-
sche Reduktion der Artenvielfalt mit sich gebracht und dadurch die Evolution in eine
neue Richtung getrieben. Klimatische Änderungen, etwa im Verlauf der wiederholten
Eiszeiten, modifizierten tiefgreifend die Lebensräume, das Auftreten großer Seuchen-
züge führte entweder zur Ausrottung bestimmter Arten oder zum Überleben relativ
resistenter Individuen. Auch das Überhandnehmen räuberischer Lebensformen hat
immer wieder zum Aussterben vieler Arten geführt - wie wir es fortgesetzt jetzt durch
die vom Menschen bedingten Umweltveränderungen erleben. „Der Kampf ums
Dasein“ - wie von Darwin postuliert - beinhaltet das Bemühen, unter veränderten
Umweltbedingungen zu überleben, und führt zur Selektion der am besten angepaßten
Arten an die sich ständig wandelnde Umwelt. „Adapt or Perish“ - Pass Dich an oder
stirb - könnte man verkürzend und vereinfachend die auf die Erbanlagen gemünzte
Lebensformel prägen.
Die Spezies Mensch - und hier muß man differenzierend die Spezies Homo sapiens
sagen - hat es bisher am besten verstanden, sich den unterschiedlichsten Bedingungen
dieser Erde anzupassen, potentielle tierische Feinde erfolgreich zu vernichten und aus-
zurotten, inzwischen auch mikrobielle Erreger zu einem guten Teil auszuschalten und
durch Ackerbau und Viehzucht, mzwischend zunehmend auch durch Industrieanla-
gen, einen großen Teil der Erdoberfläche entscheidend - in ihrer Interpretation zu
ihren Gunsten - zu verändern. Es gibt gute Gründe für die Annahme, daß durch sie
nicht nur tierische Feinde ausgerottet wurden, sondern darüber hinaus auch wenig-
stens eine andere Menschenart.
Vermutlich mehrere einhunderttausend Jahre bevor die Vorfahren der heute leben-
den Menschen aus Afrika nach Europa und Asien auswanderten, waren weite Teile
dieser beiden Kontinente von einer anderen Menschenart, den Neanderthalern, besie-
delt.
Über fast 100.000 Jahre haben sie den gleichen Lebensraum mit unseren Vorfahren
geteilt, wobei der Begriff des „Teilens“ wahrscheinlich falsch ist. Die Spuren der
Neandertaler verlieren sich vor etwa 20-30 Tausend Jahren - sie sind ausgestorben.
Dennoch ließen sich heute aus dem ersten Schädelfund im Neanderthal bei Düsseldorf
und aus einer Neandertaler Rippe aus dem Kaukasus noch Bruchstücke mitochon-
drialer DNS gewinnen, deren Sequenzen eine hohe Übereinstimmung zwischen dem
Düsseldorfer Fundort und dem im Kaukasus aufweisen, während sie sich sehr deut-
lich von den entsprechenden Sequenzen aller heute lebenden Menschen unterscheiden.
59
wandschaftsgrad mit diesen Primaten. Die früher so provokative These „Der Mensch
stammt vom Affen ab“ verliert rasch ihren provokativen Charakter, wenn wir erken-
nen, daß auch unsere Stammformen über viele hundert Millionen Jahre sich aus den
ursprünglich primitivsten Lebensformen entwickelt haben. Dies unbeschadet der Tat-
sache, daß vor 10-20 Millionen Jahren unsere Vorfahren sich kaum von anderen baum-
bewohnenden höheren Primaten unterschieden, nach heute gültiger Nomenklatur
auch sicherlich als solche klassifiziert würden. Sie waren gleichzeitig die Stammformen
der Schimpansen und der uns besonders nahe verwandten Zwergschimpansen (Bono-
bos).
Die Plastizität des Erbguts und die sich ändernden Umweltbedingungen bestimm-
ten einen Zickzackkurs, den das heben in seiner vermutlich 3 Milliarden Jahre währen-
den Geschichte nahm. Es gab Umweltkatastrophen vor etwa 240 und dann erneut vor
60 Millionen Jahren - wohl hervorgerufen durch schwere Meteoriteneinschläge, die
fast zur Vernichtung allen Lebens auf der Erde führten. Sie haben jeweils eine drasti-
sche Reduktion der Artenvielfalt mit sich gebracht und dadurch die Evolution in eine
neue Richtung getrieben. Klimatische Änderungen, etwa im Verlauf der wiederholten
Eiszeiten, modifizierten tiefgreifend die Lebensräume, das Auftreten großer Seuchen-
züge führte entweder zur Ausrottung bestimmter Arten oder zum Überleben relativ
resistenter Individuen. Auch das Überhandnehmen räuberischer Lebensformen hat
immer wieder zum Aussterben vieler Arten geführt - wie wir es fortgesetzt jetzt durch
die vom Menschen bedingten Umweltveränderungen erleben. „Der Kampf ums
Dasein“ - wie von Darwin postuliert - beinhaltet das Bemühen, unter veränderten
Umweltbedingungen zu überleben, und führt zur Selektion der am besten angepaßten
Arten an die sich ständig wandelnde Umwelt. „Adapt or Perish“ - Pass Dich an oder
stirb - könnte man verkürzend und vereinfachend die auf die Erbanlagen gemünzte
Lebensformel prägen.
Die Spezies Mensch - und hier muß man differenzierend die Spezies Homo sapiens
sagen - hat es bisher am besten verstanden, sich den unterschiedlichsten Bedingungen
dieser Erde anzupassen, potentielle tierische Feinde erfolgreich zu vernichten und aus-
zurotten, inzwischen auch mikrobielle Erreger zu einem guten Teil auszuschalten und
durch Ackerbau und Viehzucht, mzwischend zunehmend auch durch Industrieanla-
gen, einen großen Teil der Erdoberfläche entscheidend - in ihrer Interpretation zu
ihren Gunsten - zu verändern. Es gibt gute Gründe für die Annahme, daß durch sie
nicht nur tierische Feinde ausgerottet wurden, sondern darüber hinaus auch wenig-
stens eine andere Menschenart.
Vermutlich mehrere einhunderttausend Jahre bevor die Vorfahren der heute leben-
den Menschen aus Afrika nach Europa und Asien auswanderten, waren weite Teile
dieser beiden Kontinente von einer anderen Menschenart, den Neanderthalern, besie-
delt.
Über fast 100.000 Jahre haben sie den gleichen Lebensraum mit unseren Vorfahren
geteilt, wobei der Begriff des „Teilens“ wahrscheinlich falsch ist. Die Spuren der
Neandertaler verlieren sich vor etwa 20-30 Tausend Jahren - sie sind ausgestorben.
Dennoch ließen sich heute aus dem ersten Schädelfund im Neanderthal bei Düsseldorf
und aus einer Neandertaler Rippe aus dem Kaukasus noch Bruchstücke mitochon-
drialer DNS gewinnen, deren Sequenzen eine hohe Übereinstimmung zwischen dem
Düsseldorfer Fundort und dem im Kaukasus aufweisen, während sie sich sehr deut-
lich von den entsprechenden Sequenzen aller heute lebenden Menschen unterscheiden.