9. Dezember 2000
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zu einem dritten Teilgebiet: die Physik der Wechselwirkung schwerer Atomkerne bei
kernphysikalisch relevanten Energien, also solchen oberhalb der Coulombbarriere.
Mit viel Enthusiasmus bereiteten wir ein großes, auf mehrere Jahre hinweg angelegtes
Experiment vor, schossen (hauptsächlich) Uran- auf Urankerne, lernten vieles über
Kollisionsdynamik, Drehimpuls-Ubertragung etc., einiges über Kernspaltung unter
solchen Extrembedingungen, aber die hochgesteckten Erwartungen, auf diese Weise in
wirkliches Neuland, z.B. in das Gebiet der prognostizierten „superschweren“ Ele-
mente vordringen zu können, erfüllten sich nicht, und die durchaus wichtigen und
systematischen übrigen Resultate schienen eigentlich nur die engere Fachwelt zu
interessieren.
So gab es 1983 eine Zäsur. Ich verbrachte ein Jahr am Europäischen Forschungs-
zentrum CERN in Genf, lernte Hochenergiephysik wie ein frischer Student und trug
meinen Teil dazu bei, in vielen Diskussionen mit Elementarteilchen- und Kernphysi-
kern und schließlich durch den Aufbau neuer großer Experimente ein qualitativ neues,
fast interdisziplinäres und bis heute aktuelles Arbeitsgebiet vorzubereiten: die Physik
der Quarkmaterie. Was ist Quarkmaterie? Nach unseren gegenwärtigen Vorstellungen
im Rahmen des Standardmodells ist alle Materie aus Strukturteilchen (Quarks und
Leptonen) aufgebaut, die durch den virtuellen Austausch von Bindeteilchen (Gluonen,
Photonen u. a.) zusammengehalten werden. Nach dem Urknall vor 10-20 Milliarden
Jahren bestand unser Universum nach sehr komplizierten Frühphasen schließlich aus
Quarkmaterie: einer global inhomogenen, aber lokal strukturlosen Ansammlung der
genannten Basisteilchen. Nach ca. 10 Millionstel Sekunden mit weiterer Abkühlung
und Expansion fand ein dramatischer Phasenübergang statt, in dem die Quarks in
Dreiereinheiten zu Nukleonen, also Protonen und Neutronen kondensierten - analog
zur Kondensation von Wassermolekülen in Wasser, nur mit einer (selbst auf einer rela-
tiven Skala) extrem viel höheren Energiefreisetzung. Gleichzeitig entstand erstmals
leerer Raum zwischen diesen Gebilden: das Vakuum im eigentlichen Sinne war gebo-
ren. Erst sehr viel später, im Bereich von Minuten und nach erneut weiterer Abküh-
lung und Expansion, fanden Nukleonen zu den ersten Atomkernen zusammen, noch
viel später Atomkerne und Elektronen zu den ersten Atomen, noch viel später Atome
(vorwiegend die leichtesten und häufigsten, Wasserstoff) zu den ersten Sternen.
Experimentell ist Quarkmaterie im Labor, jedenfalls im Prinzip, durch den Zusam-
menstoß von schweren Atomkernen bei extrem hohen Energien (äquivalent dem Viel-
fachen der Ruhemasse) erzeugbar. Der dabei entstehende Feuerball, der in seiner
heißesten Phase viele viele tausend Quarks und Gluonen enthält, benimmt sich dann
in seiner weiteren zeitlichen Evolution wie ein „Mini-Urknall im Labor“: mit Expan-
sion, Abkühlung und schließlich Phasenübergang in beobachtbare Teilchen (Hadro-
nen), und für all dies gibt es Observable. Im Jahre 1984 wurde ich Sprecher eines der
ersten großen Experimente (HELIOS, mit 150 Mitarbeitern aus 15 Ländern), welches
zunächst die globalen Eigenschaften der nuklearen Kollisionen untersuchte. Im Jahre
1989 folgte dann, erneut unter meiner Leitung, CERES, ein kleineres, aber wie wir
meinen, besonders feines Experiment, welches mit ungewöhnlichen Methoden die
direkt aus der primordialen Phase der Quarkmaterie emittierte elektromagnetische
Strahlung in Form von Elektron-Positron-Paaren zu beobachten gestattet. Seit
1994/95 gibt es aufregende Resultate und sehr viel theoretische Diskussion, und ein
Ende ist bisher kaum abzusehen. Haben wir Quarkmaterie gesehen? Wir denken ja,
und das CERN hat dies mit einer großen Pressekonferenz im Frühjahr 2000, in der die
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zu einem dritten Teilgebiet: die Physik der Wechselwirkung schwerer Atomkerne bei
kernphysikalisch relevanten Energien, also solchen oberhalb der Coulombbarriere.
Mit viel Enthusiasmus bereiteten wir ein großes, auf mehrere Jahre hinweg angelegtes
Experiment vor, schossen (hauptsächlich) Uran- auf Urankerne, lernten vieles über
Kollisionsdynamik, Drehimpuls-Ubertragung etc., einiges über Kernspaltung unter
solchen Extrembedingungen, aber die hochgesteckten Erwartungen, auf diese Weise in
wirkliches Neuland, z.B. in das Gebiet der prognostizierten „superschweren“ Ele-
mente vordringen zu können, erfüllten sich nicht, und die durchaus wichtigen und
systematischen übrigen Resultate schienen eigentlich nur die engere Fachwelt zu
interessieren.
So gab es 1983 eine Zäsur. Ich verbrachte ein Jahr am Europäischen Forschungs-
zentrum CERN in Genf, lernte Hochenergiephysik wie ein frischer Student und trug
meinen Teil dazu bei, in vielen Diskussionen mit Elementarteilchen- und Kernphysi-
kern und schließlich durch den Aufbau neuer großer Experimente ein qualitativ neues,
fast interdisziplinäres und bis heute aktuelles Arbeitsgebiet vorzubereiten: die Physik
der Quarkmaterie. Was ist Quarkmaterie? Nach unseren gegenwärtigen Vorstellungen
im Rahmen des Standardmodells ist alle Materie aus Strukturteilchen (Quarks und
Leptonen) aufgebaut, die durch den virtuellen Austausch von Bindeteilchen (Gluonen,
Photonen u. a.) zusammengehalten werden. Nach dem Urknall vor 10-20 Milliarden
Jahren bestand unser Universum nach sehr komplizierten Frühphasen schließlich aus
Quarkmaterie: einer global inhomogenen, aber lokal strukturlosen Ansammlung der
genannten Basisteilchen. Nach ca. 10 Millionstel Sekunden mit weiterer Abkühlung
und Expansion fand ein dramatischer Phasenübergang statt, in dem die Quarks in
Dreiereinheiten zu Nukleonen, also Protonen und Neutronen kondensierten - analog
zur Kondensation von Wassermolekülen in Wasser, nur mit einer (selbst auf einer rela-
tiven Skala) extrem viel höheren Energiefreisetzung. Gleichzeitig entstand erstmals
leerer Raum zwischen diesen Gebilden: das Vakuum im eigentlichen Sinne war gebo-
ren. Erst sehr viel später, im Bereich von Minuten und nach erneut weiterer Abküh-
lung und Expansion, fanden Nukleonen zu den ersten Atomkernen zusammen, noch
viel später Atomkerne und Elektronen zu den ersten Atomen, noch viel später Atome
(vorwiegend die leichtesten und häufigsten, Wasserstoff) zu den ersten Sternen.
Experimentell ist Quarkmaterie im Labor, jedenfalls im Prinzip, durch den Zusam-
menstoß von schweren Atomkernen bei extrem hohen Energien (äquivalent dem Viel-
fachen der Ruhemasse) erzeugbar. Der dabei entstehende Feuerball, der in seiner
heißesten Phase viele viele tausend Quarks und Gluonen enthält, benimmt sich dann
in seiner weiteren zeitlichen Evolution wie ein „Mini-Urknall im Labor“: mit Expan-
sion, Abkühlung und schließlich Phasenübergang in beobachtbare Teilchen (Hadro-
nen), und für all dies gibt es Observable. Im Jahre 1984 wurde ich Sprecher eines der
ersten großen Experimente (HELIOS, mit 150 Mitarbeitern aus 15 Ländern), welches
zunächst die globalen Eigenschaften der nuklearen Kollisionen untersuchte. Im Jahre
1989 folgte dann, erneut unter meiner Leitung, CERES, ein kleineres, aber wie wir
meinen, besonders feines Experiment, welches mit ungewöhnlichen Methoden die
direkt aus der primordialen Phase der Quarkmaterie emittierte elektromagnetische
Strahlung in Form von Elektron-Positron-Paaren zu beobachten gestattet. Seit
1994/95 gibt es aufregende Resultate und sehr viel theoretische Diskussion, und ein
Ende ist bisher kaum abzusehen. Haben wir Quarkmaterie gesehen? Wir denken ja,
und das CERN hat dies mit einer großen Pressekonferenz im Frühjahr 2000, in der die