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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2002 — 2003

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I. Das Geschäftsjahr 2002
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Antrittsreden
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Höffe, Otfried: Antrittsrede vom 14. Dezember 2002
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Otfried Höffe

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Antrittsrede von Herrn OTFRIED HÖFFE
an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften vom 14. Dezember 2002


Herr Präsident, meine Damen und Herren.
Schon bio-geographisch kann ich mich mit meinem
zweiten philosophischen Vorbild nicht messen. Kant
wurde am nordöstlichen Rand Deutschlands geboren,
arbeitete dort und starb daselbst. Mein Weg führte
durch fast alle deutschen Lande. Geboren im südöst-
lichen Zipfel, in Oberschlesien (12.09.1943), kam ich
nach einem Zwischenhalt in Thüringen im Alter von
eineinhalb Jahren nach Westfalen, verbrachte dort die
längste Zeit in Münster, legte aber das Abitur (1962) in

Dortmund ab. Das Studium begann wieder in Münster
(ab 1964) und führte über Tübingen nach Saarbrücken und München, im Anschluß
an die Promotion nach New York an die Columbia Universität (1970/71). Der erste
Ruf im Jahr 1976, nach der Habilitation im Jahr zuvor, schickte uns zurück ms
Ruhrgebiet, an die Universität Duisburg, der zweite dagegen an den südwestlichen
Zipfel deutscher Sprache, nach Freiburg im Uchtland. Zwischendurch liegen ein
höchst produktives Jahr am Berliner Wissenschaftskolleg (1985/86) und eine Gast-
professur in Klagenfurt. Seit einem Jahrzehnt nun lehre ich im nördlichen Teil der
Alemannen, in Tübingen.
Eine kleine Ähnlichkeit mit Kant gibt es nur in der Entwicklung meiner Inter-
essen: von der Physik zur Metaphysik, sprich Philosophie. Nach der Lektüre zwar
nicht von Newton, aber von Planck, Einstein und Heisenberg und nach einer Jah-
resarbeit zur Spektralanalyse hieß beim Abitur der Studienwunsch Physik. Auf Platz
2 nur rangierte die Philosophie, zu der mich ein heterogenes Trio motiviert hatte:
Platon, Nietzsche und die Vorsokratiker.
Zunächst ging ich aber zur Bundeswehr (1962—64), da ich es in der Zeit der
Ost-West-Auseinandersetzung für richtig hielt und weil ich meine Frau noch nicht
kannte, eine anarchistisch-bayrische Musikerin. Von der Offiziersausbildung nicht
ausgelastet, lernte ich während der Bundeswehrzeit nach, was in der Schule nicht
angeboten war: Griechisch. Und in jugendlicher Einschätzung hielt ich mittlerweile
die Quanten- und Relativitätstheorie in ihrer philosophischen Relevanz für aus-
diskutiert. Ich sehe aber mit Vergnügen, daß meine drei Kinder in ihren naturwis-
senschaftlichen Interessen, der Studienentscheidung für Physik, Medizin und Biolo-
gie, treu blieben. Ich selber wählte also Philosophie, eher konventionell mit
Geschichte und Theologie, später auch Soziologie kombiniert. Gegen den väter-
lichen Rat, doch eine berufsqualifizierende Fächer-Kombination zu wählen, rea-
gierte ich eher nach dem Pascal-Wort, freilich nicht so pathetisch prinzipiell: „Les
hommes sont si necessairement fou que ce serait etre fou par un autre tour de folie
de n’etre pas fou.“
 
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