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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2003 — 2004

DOI Kapitel:
III. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses: Das WIN-Kolleg
DOI Kapitel:
2. Forschungsschwerpunt "Kulturelle Grundlagen der Europäischen Einigung"
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https://doi.org/10.11588/diglit.67592#0283
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Das WIN-Kolleg

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Unsere diesbezügliche Forschungsarbeit ist einerseits in unterschiedliche Schwer-
punktstudien aufgeteilt, andererseits lebt sie in allen bearbeiteten Fragestellungen
durchweg vom interdisziplinären Dialog: alles wird von allen vertretenen Fachdiszi-
plinen regelmäßig gemeinsam diskutiert. Bundesverfassungsrichter a.D. Prof. Dr. Paul
Kirchhof stand uns dabei als Mentor zur Seite.
Mehrere entsprechende Arbeitstreffen fanden bislang in Konstanz, Heidelberg
und Tübingen statt. Weitere Workshops (eventuell auch mit externer Beteiligung)
sind geplant. Die thematische Gliederung unserer bisherigen Arbeit stellt sich in
einer Übersicht wie folgt dar:
— Finanz- und Steuerhoheit: Dr. Georg Jochum Qura; Uni Konstanz), Mitarbeit:
Ohletz
— Mehrheitsbegriff und seine Bedeutung für die Legitimation: Dr. Georg Jochum
(Jura; Uni Konstanz), Mitarbeit: Ohletz
— Historische Beispiele für Mehrebenenverfassungen: Dr. Niels Petersson
(Geschichte; Uni Konstanz), Mitarbeit: Kretschmer
— Legitimationsbegriff: Dr. Wolfgang Schröder (Philosophie; Um Tübingen)
— Kooperative Gesetzgebung zwischen EU und mitgliedstaatlichen Parlamenten:
Dr. Wolfgang Schröder (Philosophie; Um Tübingen)
— Demokratisches Defizit der EZB: Dr. Katrin Ullrich (Wirtschaftswissenschaften;
ZEW Mannheim), Dr. Niels Petersson (Geschichte; Um Konstanz)
Alle Kollegiaten haben erste größere Ausarbeitungen zu ihren Themenbereichen
vorgelegt. Behandelt wurden historische Beispiele für unabhängige Zentralbanken,
der europapolitische Legitimationsbegriff, die Idee der Mischlegitimation als
Lösungskonzept der europäischen Legitimationsfrage sowie Themen des europä-
ischen Steuerrechts. Entsprechende Texte sind auf unserer Hompage www.uni-
konstanz.de/eu-verfassung einsehbar oder bei den einzelnen Kollegiaten zu erhal-
ten.
Auf interdisziplinärer Ebene am weitesten vorangeschritten sind unsere Über-
legungen zu den vorrangigen Legitimitätskriterien einer europäischen Verfassung.
Allgemein bestimmen sie sich zunächst entlang den Leitfragen jeder politischen
Legitimitätstheorie: Welches sind die empirischen und normativen Voraussetzungen
der Anerkennung von Herrschaft und politischer Ordnung? Unter welchen Bedin-
gungen kann in einer Gesellschaft politische Gerechtigkeit geschaffen und erhalten
werden?
Aus staatstheoretischer und juristischer Sicht sind diese Legitimationsfragen
Fragen nach Begründung und Begründbarkeit von Herrschaft und Herrschaftsord-
nung. Aus philosophischer Sicht bündeln sie sich in der Frage nach dem normativen
Legitimitätsziel des Regierens, d.h. nach Staatszielen, die als konstitutive Merkmale
moralisch gerechtfertigten politischen Steuerungshandelns akzeptiert werden kön-
nen. Was die Legitimität politischer Herrschaft bedeutet, wird demnach geklärt
durch die Bestimmung eines, nach Begriffen praktischer Vernunft geurteilt, idealen
Herrschaftszwecks, der als normatives Legitimitätsziel des Regierens zu verstehen ist.
Grundrechtsschutz und demokratische Selbstbestimmung zusammengenommen
sind ein solcher Zweck.
 
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